Zwei Schweizer Zirkus-Unternehmen zeigen in ihrem aktuellen Programm eine Raubkatzennummer: Der Circus Gasser-Olympia präsentiert zum ersten Mal überhaupt Löwen in der Manege – fünf Tiere sind dabei. Der Circus Royal nimmt erstmals seit 2003 wieder sieben Löwen mit auf Tournee.
Für die Tierschutzorganisation Vier Pfoten Schweiz ist das ein Rückschlag. Sprecherin Lucia Oeschger: «Die Wildtiere können im Zirkus kein artgemässes Leben führen. Enge Transportwagen, ständige Standortwechsel und eine lärmige Umgebung sind nur einige der Faktoren, die das Leben auf Tournee für diese Tiere inakzeptabel machen.»
Tierarzt-Vereinigung will generelles Verbot
Die Vereinigung der europäischen Tierärzte hält fest: «Die Bedürfnisse von Raubtieren können von einem Zirkus nicht befriedigt werden. Auch Tiere, die nicht in freier Wildbahn geboren sind, verlieren ihre Instinkte und Bedürfnisse nicht.» Die Vereinigung fordert deshalb ein generelles Verbot für Wildtiere im Zirkus.
19 Länder kennen bereits ein solches Verbot – oder zumindest Beschränkungen für Tiere wie Bären, Löwen, Affen und Elefanten.
Anders in der Schweiz: Seit dem letzten Frühjahr sieht die Verordnung über die Haltung von Wildtieren neu vor: Innen- und Aussengehege dürfen die Mindestmasse, wie sie die Tierschutzverordnung auflistet, um 30 Prozent unterschreiten. Das erleichtert die Haltung von Wildtieren im Zirkus. Die kleineren Gehege sind dann erlaubt, wenn die Tiere häufig und regelmässig in der Manege ausgebildet, trainiert oder vorgeführt werden.
Wer hat diese Änderung verlangt? Stefan Kunfermann vom Bundesamt für Veterinärwesen schreibt dem K-Tipp: «Die Mindestgrössen basieren auf Vorschlägen von Experten und auf Erkenntnissen aus der Forschung.» Und weiter: «Die definierten Werte entsprechen dem Minimum der tolerierbaren Werte, die sich an den realen Bedürfnissen der Tiere in freier Wildbahn orientieren.»
Nationalrätin Isabelle Chevalley (GLP/VD) ist anderer Meinung. Sie fordert ein teilweises Verbot von Wildtieren im Zirkus, darunter auch für Raubkatzen.
Der Bundesrat lehnt das ab: «Es bestehen keine objektiven Kriterien für ein Verbot einzelner Wildtierarten – und jede Haltung muss immer das Wohl der Tiere berücksichtigen.» Gleichzeitig gibt die Regierung zu: «In der Tat ist es fast unmöglich, Tiere wie grosse Raubkatzen auf Tournee so zu halten, dass die Tierschutzvorschriften erfüllt sind.»