Busfahren nach Noten
Bus, Bahn und Tram müssen Gas geben, wenn sie im Rennen gegen den Privatverkehr bestehen wollen. Doch in einzelnen Orten ist beim ÖV bereits um 19 Uhr Feierabend.
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K-Tipp 3/2004
11.02.2004
Georges Müller - gmueller@ktipp.ch
Wir haben sehr grosse Unterschiede festgestellt, von sehr gut bis miserabel», sagt Christian Harb, Präsident der Organisation «Umverkehr», zu einer von ihm durchgeführten Vergleichsstudie der öffentlichen Verkehrsangebote in 44 Regionen der Schweiz. «Umverkehr» hatte die Initiative zur Verkehrshalbierung lanciert, die im März 2000 vom Schweizer Volk verworfen worden war.
Insgesamt ist das Ergebnis ernüchternd. «Die Verkehrsbetriebe Schaffhausen sind zwar in keinem Testp...
Wir haben sehr grosse Unterschiede festgestellt, von sehr gut bis miserabel», sagt Christian Harb, Präsident der Organisation «Umverkehr», zu einer von ihm durchgeführten Vergleichsstudie der öffentlichen Verkehrsangebote in 44 Regionen der Schweiz. «Umverkehr» hatte die Initiative zur Verkehrshalbierung lanciert, die im März 2000 vom Schweizer Volk verworfen worden war.
Insgesamt ist das Ergebnis ernüchternd. «Die Verkehrsbetriebe Schaffhausen sind zwar in keinem Testpunkt absolute Spitze, aber sie erhalten für die meisten Kriterien gute Noten», heisst es im Schlussbericht. Vor allem dank einem dichten Fahrplan und kurzen Distanzen zwischen den Haltestellen reichte es der Munot-Stadt bereits zum Testsieger.
Auf dem zweiten bis fünften Platz ebenfalls mit der Wertung «sehr gut» folgen Zürich, Basel, Luzern und Chur, hauptsächlich dank hohen Taktfolgen und günstigen Fahrpreisen.
Am anderen Ende der Tabelle steht Sion mit der Note «sehr schlecht». «Der Bus muss in Sion neu erfunden werden», lautet das vernichtende Urteil über die Walliser Hauptstadt. Mit einem «schlecht» kamen Burgdorf sowie Zofingen-Wiggertal ins Ziel, weil die Busbetriebe dieser Ortschaften bereits um 19 Uhr (Burgdorf) und 20 Uhr ihren Betrieb einstellen und Taktfolgen von bis zu 60 Minuten anbieten.
«Generell lässt sich sagen, dass die Angebote der deutschen Schweiz besser sind als jene der Westschweiz und des Tessins», fasst Verfasser Harb zusammen. Zudem seien die Preise für Abos und Einzelbillette verschiedentlich zu teuer (vor allem in Bern), wenn man diese mit den Kosten für die Benützung des Autos (Parkgebühren) vergleiche.
ÖV-Studie bestärkt Verkehrsplaner
Der im Oktober vergangenen Jahres abgeschlossene Bericht hat laut Harb vorerst nur wenig bewirkt. «Dort, wo wir gute Noten verteilten, gab es ein positives Echo; viele aber reagierten nicht», sagt er.
Immerhin nimmt Rapperswil-Jona, das auf dem achtletzten Platz gelandet war, den Bericht zum Anlass, sein bereits laufendes Konzept zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs zu beschleunigen. «Es geht vor allem um die Verbesserung der Netzplanung, um einen dichteren Taktfahrplan und um bessere Anschlüsse an die S-Bahn», sagt Stadtschreiber Hans Wigger.
Ähnlich auch in Burgdorf, wo die Anschlüsse am Bahnhof laut Studie «eine Zumutung» sind und wo am Sonntag überhaupt keine Busse fahren. «Unser Ziel eines durchgehenden 15-Minuten-Takts haben wir schon länger beschlossen, und wir fühlen uns durch die Studie darin bestärkt», verspricht Michael Ritter, Präsident der Kommission Öffentlicher Verkehr des Emmentaler Städtchens.
Einen starken Schub soll der öffentliche Verkehr in Bern und Umgebung ab Ende 2004 erhalten: Ein umfassender Tarifverbund fasst alle Bahn-, Bus- und Tramangebote in ein einziges System zusammen, vergleichbar mit dem Zürcher Verkehrsverbund. Dieser hat von der Einführung im Jahr 1990 bis 2003 die Fahrgastzahlen auf der S-Bahn um über 80 Prozent von 160000 auf 290000 Passagiere täglich gesteigert und die Strassen vom Autoverkehr entlastet.