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K-Tipp 3/2004
11.02.2004
Sie haben gewonnen» - Briefe mit solch froher Botschaft flattern landauf, landab immer wieder in tausende von Briefkästen. Deren Absender - sie tragen oft so klingende Namen wie «Promotion Team», «St. Mikado» und «Swiss Marketing» - bitten in der Regel grosszügig zur Preisübergabe in ein Restaurant oder auf einen Tagesausflug. Dabei wollen sie faktisch nur eines: Möglichst viel Publikum an ihre Verkaufsveranstaltungen für Staubsauger, Matratzenauflagen und Pfannensets locken.
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Sie haben gewonnen» - Briefe mit solch froher Botschaft flattern landauf, landab immer wieder in tausende von Briefkästen. Deren Absender - sie tragen oft so klingende Namen wie «Promotion Team», «St. Mikado» und «Swiss Marketing» - bitten in der Regel grosszügig zur Preisübergabe in ein Restaurant oder auf einen Tagesausflug. Dabei wollen sie faktisch nur eines: Möglichst viel Publikum an ihre Verkaufsveranstaltungen für Staubsauger, Matratzenauflagen und Pfannensets locken.
Verführen liess sich auch Lukas Seitz (Name geändert). Die IGT GmbH aus Glattbrugg ZH hatte ihn Anfang Dezember zum Neujahrsempfang vom 8. Januar «in die wunderschöne Region Grüne Strasse im Hegau» eingeladen. Doch Seitz erlebte die Bus- als Frustreise. Dies nicht nur wegen der unvermeidlichen, gut vierstündigen Verkaufsshow. Sondern auch, weil all seine Erwartungen, die IGT mit der Einladung gezielt geschürt hatte, enttäuscht wurden. Der K-Tipp dokumentiert Auszüge einer typischen «Einladung».
So stand es im Einladungsschreiben der IGT:
«Mit diesem persönlichen Anschreiben möchten wir Sie, Herr Seitz, zu unserem diesjährigen Neujahrsempfang in die wunderschöne Region Grüne Strasse im Hegau einladen. Dieses Ereignis möchten wir mit ganz besonderen Menschen, zu denen auch Sie zählen, in gemütlicher Runde erleben. Feiern Sie mit uns als Ehrengast dieses Jahresereignis. Nehmen Sie Platz an unserer geschmückten Tafel und geniessen Sie mit uns ein landestypisches Mittagessen, Kaffee & Kuchen (kostenlos), zu dem wir alle unsere Gäste recht herzlich einladen.»
«Für Sie, Herr Seitz, haben wir aber noch etwas ganz Besonderes. Auf diesem Neujahrsempfang erhalten nur Sie, Herr Seitz, - und jetzt halten Sie sich erst einmal fest, denn wir glauben, das hat es auf einem Neujahrsempfang noch nicht gegeben - einen Anrechtsschein für Ihre Treue zum Reiseclub über eine Mikrowelle-Deluxe ohne Wenn und Aber als Geschenk garantiert und gratis. Hier würden wir Ihnen schon raten, für den Transport den einen oder anderen Gast mehr mitzubringen.»
«Diesen grossen Neujahrsempfang haben wir in diesem Jahr unter dem Motto "Fest der Freude und der Geschenke" gestellt. Deshalb freut sich unsere Leiterin Touristik jetzt schon, das diesjährige Neujahrspaket an Sie und natürlich auch an jeden Ihrer mitgebrachten Gäste persönlich überreichen zu dürfen.
Ein Neujahrspaket für jeden Gast kostenlos zum sofort Mitnehmen:
1. Einen Schwarzwälder Rauchschinken, Gewicht ca. 2 Pfund, vakuum verpackt.
2. Eine Flugente, Gewicht ca. 2,5-3 Pfund, bratfertig, gut durchgekühlt und vakuum verpackt.
3. Eine grosse landestypische Delikatessenzusammenstellung. (Gesamtgewicht ca. 6 Pfund)»
So hat Lukas Seitz es erlebt:
«Leider merkte ich erst im Verlaufe der Veranstaltung, dass es sich bei der Einladung von A bis Z um einen ausgewachsenen Lockvogel handelte. Schon bei der Begrüssung wurde uns eröffnet, dass entgegen der allgemeinen Erwartung das Mittagessen zu unseren Lasten gehe. Es stehe deutlich in der Einladung, dass der heutige Tagessponsor nur für Kaffee und Kuchen aufkomme, hiess es. Ich denke, es hätte dafür klarere Formulierungen gegeben.»
«Die grosse Ernüchterung folgte bei der Mikrowelle. Statt des in den höchsten Tönen ohne Wenn und Aber zugesicherten Geräts gab es einen praktisch wertlosen Anrechtsschein. Unter den über 60 Anwesenden wurde eine einzige Mikrowelle verlost. Ich habe einen der Veranstalter unmissverständlich wissen lassen, dass ich mit diesem Vorgehen nicht einverstanden sei - ein Achselzucken war die einzige Antwort.»
«Der letzte Tiefschlag erfolgte bei den Neujahrspaketen. Man hatte nicht etwa die Wahlmöglichkeit zwischen den drei Paketen. Und es gab auch nicht alles, wie viele das erwartet hatten. Abgegeben wurde lediglich das Paket mit der Ente, einer Flasche rotem Tafelwein, einem Glas Rotkraut und einer Tafel Milchschokolade. Der versprochene Schwarzwälder Schinken und die grosse landestypische Delikatessenzusammenstellung hatten sich in Rauch aufgelöst.»
P. S. Lukas Seitz hatte sich nach der Rückkehr schriftlich bei der IGT GmbH beschwert, sogar zweimal. Das Erste, was er daraufhin von der IGT erhielt, war eine weitere Einladung zum Neujahrsempfang, diesmal für den 14. Februar. Seitz protestierte erneut und bekam doch noch eine Art Entschuldigungsschreiben inklusive einer «kleinen Aufmerksamkeit» - eine Uhr, die er umgehend retournierte.
Konfrontiert mit Seitz' Vorwürfen gibt die IGT GmbH zu Protokoll, das Einladungsschreiben müsse halt «genau durchgelesen werden». Zudem seien Fahrt und Geschenke ja gratis; «wir verstehen deshalb nicht so richtig, warum der K-Tipp auf uns zukommt».
(gs)