Roland Brauchli (Name geändert) aus Weisslingen ZH hatte ein Monatsabo des Zürcher Verkehrsverbunds (ZVV) für 165 Franken. Er wurde jeweils per E-Mail erinnert, dass das Abo abläuft. Über einen Link in der Nachricht konnte er es verlängern. Brauchli machte das zuletzt im Juni. Die Rechnung erhielt er jeweils von der Byjuno AG. Doch im Juli schickte ihm die Firma keine Rechnung, sondern direkt eine Mahnung. Sie forderte zudem Gebühren für zwei Zahlungserinnerungen von 15 und 25 Franken – total 205 Franken.
Brauchli reklamierte beim Kundendienst von Byjuno. Dort hiess es, man habe je eine Rechnung per E-Mail und per Post verschickt. Brauchli widerspricht: «Ich schaue auch die E-Mails im Spamordner regelmässig durch. Da war nichts.» Schliesslich bezahlte er die 205 Franken trotzdem. Das Geld ging am 5. September bei Byjuno ein.
Am 19. September folgte eine weitere Mahnung – dieses Mal vom Inkassobüro Intrum. Das ist die Muttergesellschaft von Byjuno. Intrum forderte nach Abzug der bereits bezahlten 205 Franken einen Verzugszins von Fr. 1.55 und eine Bearbeitungsgebühr von 145 Franken. Diese Gebühr ist gemäss Kleingedrucktem von Byjuno geschuldet, wenn die Forderung an das Inkassobüro übergeht. Die Firma spricht von Mahngebühren von 15 bis 25 Franken, 11,9 Prozent Verzugszinsen – und erwähnt neu auch eine «Bearbeitungsgebühr». Sie hängt von der Höhe der jeweiligen Forderung ab. In Brauchlis Fall waren das die 145 Franken.
Brauchli weigerte sich, die Inkassorechnung zu zahlen. Schliesslich verzichtete Intrum auf die Restforderung.
«Diese Gebühr ist unzulässig»
Rechtsanwalt Mario Roncoroni, Schuldenberater in Bern, kritisiert die hohe Inkassogebühr: «Ein Konsument muss nicht mit einer solch hohen Bearbeitungsgebühr rechnen.» Angesichts der hohen Zinsen, die knapp unter dem gesetzlichen Maximum liegen, sei sie ohnehin nicht haltbar. Denn die Zinsen deckten einen Schaden durch spätere Zahlung in der Regel bereits ab. Konsumenten müssten die Gebühr also nicht zahlen.
Auch Corinne Widmer Lüchinger, Rechtsprofessorin an der Uni Basel, kommt zum Schluss: «Die Gebühr ist unzulässig.» Die Inkassogebühr benachteilige die Konsumenten einseitig. Der Vorteil des Kaufs auf Rechnung sei, dass der Kunde nicht sofort zahlen müsse. «Die Kosten beim Zahlungsverzug sind für den Käufer wesentlich nachteiliger als beim Kauf mit einer Kreditkarte, wo er ebenfalls einen vergleichbaren Zahlungsaufschub erhält.» Je höher die Gebühr, desto ausgeprägter sei das Missverhältnis zum Nachteil des Kunden. Widmer: «Inkassogebühren von 145 Franken zuzüglich Mahngebühren von 40 Franken stehen in keinem Verhältnis zu einem Forderungsbetrag von 165 Franken.»
Intrum-Sprecherin Daniela Brunner verweist darauf, dass die Gebühren in den Vertragsbedingungen «klar ersichtlich» seien. Sie würden die Mehrkosten aufgrund der verspäteten Zahlung decken.
Übrigens: Wer mit der Handy-App der SBB ein Billett auf Rechnung kauft, landet ebenfalls bei Byjuno. Laut SBB-App beträgt die Bearbeitungsgebühr bei der Übergabe an die Inkassofirma Intrum 40 Franken.
Inkassofirmen: Das sind Ihre Rechte
Wer Post von einer Inkassofirma erhält, sollte die geforderten Beträge genau prüfen und nur das zahlen, was tatsächlich geschuldet ist. Die wichtigsten Tipps:
Fordern Sie vom Inkassobüro eine Kopie aller Dokumente – auch der ersten Rechnung.
Inkassobüros verlangen häufig illegale Zuschläge. Zahlen Sie nur den geschuldeten Betrag plus Verzugszinsen von 5 Prozent, wenn im Vertrag keine höheren Zinsen verabredet wurden. Auch Mahnspesen sind nur dort geschuldet, wo sie vertraglich abgemacht und nicht unüblich hoch sind.
Sogenannte «Verzugsschäden» oder «Rechtsberaterkosten» und Ähnliches sind nicht geschuldet.