Auf der Fahrt von St. Gallen nach Genf schenken die SBB im Speisewagen und in der Minibar zweier Züge nur noch Starbucks-Kaffee aus. Im Fahrplan sind sie mit dem Kürzel «SC» vermerkt: Es steht für Starbucks Coffee.
Dünner Kaffee mit viel Milchschaum, Rahm, Caramelsirup und Moccasauce ist jedoch nicht jedermanns Geschmack. Das wissen auch die SBB: Sie wollen nach eigenen Angaben «primär die Bedürfnisse der jungen Reisenden befriedigen».
Tatsächlich befriedigen die SBB damit aber vor allem ein eigenes Bedürfnis – das nach höheren Einnahmen. Die Kaffeepreise schlagen nämlich kräftig auf. Konkret bedeutet dies für das Minibar-Wägeli:
Cappuccino: Neu kostet er mindestens Fr. 5.90, statt wie bis anhin Fr. 4.40
Café Crème: Fr. 4.50 statt Fr. 4.30
Espresso: Fr. 4.40 statt Fr. 4.30
Tee: Fr. 4.90 statt Fr. 4.20
Heisse Schokolade: Fr. 6.90 statt Fr. 4.40
Auch im Speisewagen – künftig Starbucks Coffeehouses genannt – wird das Kaffeetrinken teilweise teurer: Zwar sind Café Crème und Espresso dort neu 10 beziehungsweise 20 Rappen günstiger. Bei den milchigen Kaffeevarianten jedoch müssen die Passagiere künftig etwas tiefer in die Tasche greifen: Cappuccino und Caffè Latte kosten neu
Fr. 5.90 statt Fr. 5.40.
Das ist die zweite Erhöhung innert weniger Monate: Bereits im Sommer schlugen Getränke in den Speisewagen der SBB massiv auf – um 70 Rappen auf alle Kaffees mit Milch.
«Auch Lizenzen muss man ausschreiben»
Doch wieso haben sich die SBB überhaupt für Starbucks mit seinem vergleichsweise teuren Kaffeesortiment entschieden? Der K-Tipp stellte beiden Unternehmen Fragen zum Vertrag und zur finanziellen Abgeltung, bekam aber keine Antworten. Bekannt ist zumindest: Sollte der Testlauf erfolgreich verlaufen, werden laut SBB weitere Züge auf Starbucks umgerüstet.
Fakt ist auch: Die Kaffee-Konkurrenz wurde ausgebootet. Denn der Auftrag wurde nicht öffentlich ausgeschrieben. SBB-Sprecherin Franziska Frey rechtfertigt die Bevorzugung von Starbucks so: Bei dieser Zusammenarbeit handle es sich um eine Lizenzierung. Aus diesem Grund sei eine öffentliche Ausschreibung nicht Pflicht.
Martin Beyeler, Rechtsanwalt und Experte für öffentliches Vergaberecht, sieht dies anders: «Auch Lizenzen sind grundsätzlich ausschreibungspflichtig.»
Reiseberatung: Kalter Kaffee!
Nicht nur auf den Schienen, sondern auch an den Bahnhöfen zeigen die SBB eine Vorliebe für Starbucks: In Bern verlegten sie ihren Wartesaal und vermieteten die frei gewordene Fläche an den Kaffeeriesen.
Ähnlich in Winterthur: Hier suchte Starbucks jahrelang vergeblich nach einem Standort für eine erste Filiale. Nun verkleinern die SBB im Bahnhof das eigene Reisebüro, um Platz für Starbucks zu schaffen. Es ist offensichtlich: Kompetente Beratung für Bahnkunden ist weniger lukrativ als Kaffee mit Caramelsirup.
Kommentare zu diesem Artikel
Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar hinzuzufügen
Sind Sie bereits Abonnent, dann melden Sie sich bitte an.
Nichtabonnenten können sich kostenlos registrieren.
Besten Dank für Ihre Registration
Sie erhalten eine E-Mail mit einem Link zur Bestätigung Ihrer Registration.
Klarheit vor allem was mit unserem Geld geschieht!
Sollen wir nun alles von den SBB gefallen lassen?