Comparis: Vergleiche auf Schleuderkurs
Comparis verspricht für seine Vergleiche «das beste Preis-Leistungs-Verhältnis». Bei der Autoversicherung bleibt dieses Ziel unerreicht.
Inhalt
K-Tipp 11/2010
29.05.2010
Letzte Aktualisierung:
01.06.2010
Christian Birmele
Jetzt profitieren», heisst es auf der Webseite von Comparis. Die Firma bezeichnet sich selber als «führenden Internet-Vergleichsdienst der Schweiz». Und: «Dank der Comparis-Vergleiche und -Bewertungen können Konsumenten direkt zum Anbieter mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis wechseln.»
Bei der Autoversicherung kann comparis.ch diesen Anspruch nicht einlösen. Das zeigt die Tabelle im pdf-Artikel: Die Comparis-Angaben weichen te...
Jetzt profitieren», heisst es auf der Webseite von Comparis. Die Firma bezeichnet sich selber als «führenden Internet-Vergleichsdienst der Schweiz». Und: «Dank der Comparis-Vergleiche und -Bewertungen können Konsumenten direkt zum Anbieter mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis wechseln.»
Bei der Autoversicherung kann comparis.ch diesen Anspruch nicht einlösen. Das zeigt die Tabelle im pdf-Artikel: Die Comparis-Angaben weichen teils stark von der effektiven Jahresprämie ab – um bis zu 300 Franken. Für diesen Vergleich hat der K-Tipp auf www.comparis.ch die Prämien für einen definierten Fahrer mit einem ganz bestimmten Auto rechnen lassen (siehe unten). Die Comparis-Resultate sind in der mittleren Spalte der Tabelle im pdf-Artikel dargestellt.
Die rechte Spalte («Effektive Prämie») zeigt die Prämie, die sich aus einer Anfrage direkt bei der jeweiligen Gesellschaft ergab – für das gleiche Versicherungsprofil. Die Angaben stammen entweder vom firmeneigenen Prämienrechner oder von der Gesellschaft direkt.
Individuelle Wünsche erschweren Vergleich
Dabei zeigt sich, dass die Prämien nicht nur stark abweichen. Auch die von Comparis gelieferte Rangliste ist falsch. Der Grund liegt darin, dass die Autoversicherung stark nach dem Baukastensystem aufgebaut ist und viele Zusatzdeckungen bietet – und das alles jeweils noch mit unterschiedlichen Selbstbehalten.
Und genau damit ist der Comparis-Prämienrechner überfordert. Seine Eingabemaske ist nicht in der Lage, präzis auf die individuellen Versicherungswünsche der Internet-User einzugehen. Auf den jeweiligen Onlinerechnern der Gesellschaften hingegen ist das in der Regel kein Problem.
Beispiel Grobfahrlässigkeitsschutz: Dank dieser Zusatzdeckung zahlt die Versicherung auch dann voll, wenn der Fahrer einen Unfall grobfahrlässig verursacht hat (zum Beispiel ein Rotlicht überfahren). Auf comparis.ch fehlt diese Wahloption.
Dasselbe Problem gibt es beim Zeitwertzusatz: Mit dieser Option erhalten zum Beispiel Diebstahlopfer eine höhere Entschädigung für ihr gestohlenes Fahrzeug. Comparis kennt diesen Sonderwunsch nicht. Das Gleiche gilt für die Zusatzdeckungen für das Zerkratzen des Autolacks oder für Steinschlagschäden an Scheinwerfern.
Folge: Wer diese (durchaus vernünftigen) Sonderwünsche versichern will, erfährt die wahren Kosten seiner Versicherung erst, wenn er bei der Versicherung direkt nachfragt. Umgekehrt heisst das: Weil der Comparis-Rechner diese Zusatzdeckungen ausblendet, waren in der Stichprobe die angegebene Tarife zu tief, die Rangliste falsch. Dementsprechend gingen auch die via Comparis bestellten Offerten an den Wünschen des konkreten Versicherungsprofils vorbei.
Comparis-Sprecherin An-ne Schmidt sieht darin einen Vorteil: Angebote mit anderen als den gewünsch-ten Deckungen seien ein «Mehrwert». Schmidt muss aber den Mangel am Rechner einräumen: «Die Versicherungsprodukte der verschiedenen Anbieter sind nur schwer miteinander vergleichbar. Wir haben uns für einen möglichst einfachen Vergleich entschieden.»
«Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen»
Auch Pascal Hollenstein von der Axa-Winterthur ist mit den Vergleichen unzufrieden: «Unserer Meinung nach müssen Leistungsdifferenzen klarer ausgewiesen werden, damit Kunden nicht verwirrt und Äpfel nicht mit Birnen verglichen werden.»
Ein weiterer Mangel: Auf den Comparis-Vergleichen fehlen etliche Versicherer, so zum Beispiel die marktmächtigen Zürich und Mobiliar. Übrigens: Comparis weist in den Vergleichen nur Nettopreise ohne gesetzliche Abgaben aus. Erst auf den Offerten der Versicherer werden die Preise dann korrekt ausgewiesen. Kundenfreundlich ist das nicht.
Bei den Offerten operiert Comparis gleich wie auf dem Gebiet der Krankenkassen. Wer auf Comparis den Eingabepunkt «Offerte anfordern» antippt, erhält eine Offerte von der jeweiligen Gesellschaft geliefert. Für jede der so vermittelten Offerten lässt sich Comparis von den Versicherungen 30 bis 45 Franken zahlen (das ist geschätzt; diesbezügliche Fragen des K-Tipp wurden nicht beantwortet).
Noch eine Kritik: Als Auswahlmöglichkeit präsentiert der Internet-Vergleichsdienst die meist überflüssige Insassen-Unfallversicherung. Diese bringt nur den Versiche-rern etwas – nämlich mehr Prämieneinnahmen.
Profil für den Prämienvergleich
Auto: 6-jähriger, 3-türiger Audi A3 3.2 Ambition, als Occasion gekauft. Das Auto wird privat und geschäftlich benutzt (10‘000 km pro Jahr) und in einer Tiefgarage abgestellt. Ursprünglicher Katalogpreis: rund 50‘000 Franken. Lenker: 30-jähriger Journalist, wohnhaft in Winterthur; er hat den Fahrausweis seit 2000 und besass bis anhin kein Auto.
Verlangte Versicherungsdeckung: Haftpflicht-, Vollkasko- und Parkschadendeckung, mit Bonusschutz, inklusive Schutz gegen Kürzungen bei Grobfahrlässigkeit, Zeitwertzusatz bei Diebstahl und Kollisionsschäden. Selbstbehalt bei Kollisionskasko 1000 Franken, bei Diebstahl, Feuer, Elementar- und Tierschäden 0 Franken.
Auch die teuren Xenon-Scheinwerfer sollten versichert werden – ohne Selbstbehalt. Ebenso das Zerkratzen des Lacks.