Handyhersteller Samsung wirbt mit dem Slogan «Telefon und PC in einem» für ein kleines Kästchen namens Dex. Besitzer eines Samsung Galaxy S8, S9, Note 8 oder Note 9 sollen damit angeblich keinen Computer mehr benötigen. Das klingt praktisch und günstig. Während Dex rund 70 Franken kostet, zahlt man für einen normalen Computer mehrere Hundert Franken.
Zum Loslegen mit Dex braucht man einen Bildschirm, eine Tastatur und eine Maus, die man mit Dex verbindet. Die Inbetriebnahme ist einfach: Zuerst das Kästchen mit dem mitgelieferten Netzteil an den Strom anschliessen. An der Oberseite steckt man das Handy ein. An der Rückseite gibts einen HDMI-Anschluss für einen Bildschirm, zwei USB-Anschlüsse für Tastatur, Maus, USB-Stick und externe Festplatten sowie einen RJ45-Anschluss fürs Internetkabel.
Sobald alles angeschlossen ist, wechselt das Handy automatisch in den Dex-Modus. Und der externe Bildschirm schaltet sich ein. Im Dex-Modus funktioniert das Samsung-Handy ähnlich wie ein normaler Windows-Computer. Nur die Symbole sehen zum Teil etwas anders aus. Zu den Programmen gelangt man beispielsweise nicht über das Windows-Symbol, sondern über ein rundes Symbol mit neun Punkten. Dieses befindet sich am gleichen Ort wie bei Windows – am unteren linken Bildschirmrand.
Arbeiten mit mehreren Fenstern ist möglich
Auch die Bedienung ist fast gleich wie beim Computer. Per Doppelklick öffnet man Programme, mit den üblichen Tastenkombinationen kopiert man Text und fügt ihn wieder ein. Auf dem Schreibtisch kann man die wichtigsten Dokumente sowie Programme ablegen, und am unteren Bildschirmrand werden die offenen Programme angezeigt. Ein Klick darauf öffnet das entsprechende Programmfenster.
Insgesamt ist das Arbeiten dank grossem Bildschirm sehr komfortabel: Wie beim Computer kann man problemlos mit mehreren Programmfenstern nebeneinander arbeiten. In einem Fenster schreibt man im Word, im anderen surft man im Internet, und im dritten behält man die E-Mails im Blick.
Die kompatiblen Handys sind teuer
Einmal eingesteckt, dient das Handy als Touchpad. Damit kann man den Mauszeiger direkt mit dem Finger auf dem Handybildschirm steuern. Sogar Gestensteuerung ist möglich: Durchs Auseinanderziehen von Daumen und Zeigefinger werden etwa Bilder oder Websites vergrössert. Für viele ist das Navigieren aber einfacher mit der Maus.
Wer eine grosse Foto- oder Musiksammlung hat, kann sie problemlos aufs Handy zügeln. Moderne Handys haben mehrere Dutzend Gigabytes an Speicherplatz. Das reicht zum Sichern von Zehntausenden Fotos und Dokumenten. Wird der Platz doch einmal knapp, so kann man die Daten auch auf einem USB-Stick oder externen Festplatten abspeichern.
Grosser Nachteil von Dex sind die vergleichsweise hohen Preise der kompatiblen Handys: So kosten auch ältere Modelle wie das Samsung Galaxy S8 immer noch um die 500 Franken. Für das graue Galaxy S9+ mit 256 Gigabyte Speicher muss man sogar 1000 Franken zahlen.
Ausserdem funktionieren nicht alle Programme auf dem grossen Bildschirm: So verweigert etwa der Internetbrowser Firefox den Dienst. Andere Programme werden nur in einem kleinen Fenster dargestellt – auch funktionieren Maus und Tastatur dann nicht richtig. Das ist besonders bei Spielen störend. So muss man beim Rennspiel «Need for Speed» wild mit der Maus im kleinen Fenster herumklicken, um den Rennwagen zu lenken. Und beim Spiel «PUBG» funktioniert nur die halbe Tastatur. Einfache Spiele wie Jassen und Solitär laufen dagegen problemlos. Kunden wissen also nicht, welche Programme mit Dex funktionieren und welche nicht. Immerhin: Ein Hinweis gibt die Website Samsung.com/ch/apps/samsung-dex. Dort sind einige kompatible Programme aufgeführt. Etwa Büroprogramme von Microsoft und Apps von Google wie Youtube und Gmail. Störend: Spezialprogramme wie zum Ausfüllen der Steuererklärung, Buchhaltung oder Projektplanung gibts weder für Dex noch fürs Handy oder Tablet.
Bis man abnimmt, ist der Anrufer weg
Weiteres Problem: Je nach Tastatur kann es Probleme mit der Sprache geben. So war im Praxistest die Tastatursprache nicht «Schweizerdeutsch», sondern «Deutsch». Einzelne Tasten funktionierten deshalb nicht richtig.
Und klingelt das Handy, während es im Kästchen steckt, kann man nicht abnehmen. Man muss es zuerst ausstecken und dann einige Dutzend Sekunden warten, bis es umgeschaltet hat. Im Praxistest hatten die meisten Anrufer dann schon aufgelegt. Noch dazu werden beim Umschalten alle Programme geschlossen. Nicht Gespeichertes kann so verschwinden.
Das Ausdrucken klappte nur bei kabellosen Druckern via Bluetooth und WLAN.