Schweizerinnen und Schweizer werden im Vergleich zu Konsumenten in den Nachbarländern und im übrigen Europa kräftig zur Kasse gebeten. Dass die Schweiz eine Hochpreisinsel ist, verdeutlicht der K-Tipp seit zwei Jahren in jeder Ausgabe mit vielen Beispielen, die ihm aus der Leserschaft zugetragen werden.
Der Schweiz-Zuschlag hat nichts mit dem Schweizer Lohnniveau zu tun. Der frühere Preisüberwacher Rudolf Strahm stellt in einer vom «Tages-Anzeiger» veröffentlichten Analyse klar: «Die Hochpreissituation entsteht zu 80 Prozent dadurch, dass ausländische Konzerne die Schweiz über ihre Filialen oder Alleinimporteure teurer beliefern und dabei gleichzeitig verhindern, dass die Schweizer Detailhandelsfirmen im Ausland direkt einkaufen können.»
Genau da hakt ein neuer Artikel im Kartellgesetz ein. Er gibt Händlern aus der Schweiz das Recht, Produkte im Ausland zu gleichen Preisen wie die dortigen Unternehmen zu beschaffen. Gegen ausländische Hersteller und Lieferanten, die das verweigern oder verunmöglichen wollen, könnte die schweizerische Wettbewerbskommission Sanktionen einleiten.
Markenartikelanbieter und Händler profitieren
Im März befasst sich der Nationalrat mit dem Kartellgesetz. Bei der Mehrheit der vorberatenden Kommission ist die neue Regelung auf Granit gestossen. Umso nötiger wäre ein entschlossenes Engagement des Detailhandels. Doch daraus wird wohl nichts.
Grund: Die Interessengemeinschaft (IG) Detailhandel Schweiz hat eine Kehrtwende gemacht. Der IG gehören Coop, Manor, Migros, Denner, Valora und Charles Vögele an. Noch vor zwei Jahren unterstützte sie einen Vorstoss von SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo, der Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz. Dieser hatte praktisch die gleiche Stossrichtung wie der neue Artikel – und wurde von der IG sinngemäss als wegweisend bezeichnet.
Tempi passati. Nur noch die Migros und ihre Tochter Denner vertreten diese Position, wie die Migros sagt. Gerne hätte der K-Tipp von Coop, Manor, Valora und Charles Vögele erfahren, was sie zur Kehrtwende veranlasst hat. Antworten gab es keine.
Das nährt den Verdacht, dass sich die meisten Detailhändler dank hoher Gewinnmargen mit der Hochpreisinsel Schweiz bestens arrangiert haben. Preisüberwacher Stefan Meierhans hat schon vor eineinhalb Jahren festgehalten: «Solange es die Wettbewerbssituation erlaubt, leben sowohl Detailhandel als auch Markenartikelanbieter relativ gut mit Preisen, die die Zahlungsbereitschaft der Kunden abschöpfen: Beide profitieren – die Kunden bezahlen.»