Coop will Herkunftsangabe verwässern
Coop-Kunden sollen nicht mehr erfahren, aus welchem Land Importprodukte kommen. «Hergestellt in der EU» genüge, sagt Verwaltungsratspräsident Hansueli Loosli.
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K-Tipp 03/2012
04.02.2012
Letzte Aktualisierung:
07.02.2012
Daniel Jaggi
Grösstmögliche Transparenz»: Dies verspricht Coop in ihrem «Dossier Ernährung und Gesundheit». Und auch im Geschäftsbericht 2010 der Coop-Gruppe wurde auf die Anstrengungen von Coop für eine «transparente Deklaration» verwiesen.
Ganz anders tönt es heute bei Coop-Verwaltungsratspräsident Hansueli Loosli. Gegenüber dem landwirtschaftlichen Informationsdienst sagte er kürzlich: «Die Deklaratio...
Grösstmögliche Transparenz»: Dies verspricht Coop in ihrem «Dossier Ernährung und Gesundheit». Und auch im Geschäftsbericht 2010 der Coop-Gruppe wurde auf die Anstrengungen von Coop für eine «transparente Deklaration» verwiesen.
Ganz anders tönt es heute bei Coop-Verwaltungsratspräsident Hansueli Loosli. Gegenüber dem landwirtschaftlichen Informationsdienst sagte er kürzlich: «Die Deklarationspflicht der Herkunftsländer ist für uns unbefriedigend. In der EU reicht es, wenn auf einem Produkt ‹hergestellt in der EU› steht. Wir hingegen müssen das Land, in dem es produziert wurde, auf der Verpackung erwähnen.»
Auf Nachfrage des K-Tipp ergänzt Coop-Sprecherin Denise Stadler: «Wir haben bei den Behörden mehrfach darauf hingewiesen, dass die Angabe des Produktionslandes eines der grössten Hindernisse beim Import von Produkten aus dem EU-Raum ist.»
Warum will Coop bei Importprodukten – mit Ausnahme von Früchten, Gemüse und Fleisch, die ohnehin meist aus der Schweiz stammen – plötzlich nichts mehr von «grösstmöglicher Transparenz» wissen?
Der Grossverteiler begründet dies mit zusätzlichen Kosten. Der ausländische Hersteller müsse Produkte wie Pizzas, Guetsli und Reis für Coop separat verpacken. Dies, weil das Schweizer Lebensmittelgesetz die Deklaration des Produktionslandes verlangt (siehe auch Kasten). «Hergestellt in der EU» genügt also nicht. Dazu Denise Stadler: «Wegen des Umetikettierens machen die Generalimporteure höhere Preise geltend.» Allerdings: Um wie viel teurer die betroffenen Produkte effektiv werden, erfährt man von Coop nicht. Antwort: «Nicht bezifferbar.»
Herkunftsangabe ist den Kunden wichtig
Für Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz, sind die Mehrkosten aber nur ein «vorgeschobenes Argument», um die Abschaffung der Deklaration zu rechtfertigen. Ein Verzicht auf die Länderdeklaration kommt für sie nicht in Frage. «Dieser Hinweis ist für den Konsumenten der wichtigste Hinweis auf einem Lebensmittel», sagt sie. Dies bestätigt auch die Fleischvermarktungsorganisation Proviande, die soeben eine Umfrage abgeschlossen hat: «Drei Viertel der 807 befragten Personen schauen, ob das Nahrungsmittel aus der Schweiz stammt», erklärt Sprecher Marcel Portmann.
Wie wichtig die Herkunftsangaben sind, hat man inzwischen auch in der EU erkannt. Bislang galt die Pflicht zur Angabe des Herkunftslandes nur für Obst, Gemüse, Honig, Olivenöl und Rindfleischprodukte. Ab 2015 fallen auch Schweine-, Schaf- und Geflügelfeisch darunter.
Deklaration in Gefahr
Zurzeit ist offen, ob das Herkunftsland bei Lebensmitteln wie Cervelats, Pizzas, Guetsli und Reis künftig noch aufgedruckt werden muss. Grund: Das «Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände» ist in Überarbeitung.
Die Nahrungsmittelindustrie verlangte in der Vernehmlassung die Streichung des entsprechenden Paragrafen. Im Entwurf des Bundesamtes für Gesundheit ist die Angabe des Produktionslandes zwar noch enthalten. Zurzeit beraten aber die Kommissionen von National- und Ständerat den Entwurf durch.
Voraussichtlich im Herbst wird das Parlament das Gesetz behandeln und entscheiden, wieweit an der Pflicht zur Herkunftsdeklaration festgehalten werden soll.
Bereits heute gibts eine Ausnahme: So genügt die Angabe «EU», wenn ein Lebensmittel – zum Beispiel ein gemischter Salat – keinem bestimmten Produktionsland zugeordnet werden kann.
