Zwischen Ende Januar und Anfang Februar waren die vom Bundesrat im Tagestakt verbreiteten Zahlen der Coronafälle so hoch wie noch nie. Am 31. Januar lag der Rekordwert bei 89 462 neuen Fällen an einem Tag. Gleichzeitig waren die gegen die Epidemie angeordneten Massnahmen der Behörden so streng wie schon lange nicht mehr: Es galt die Pflicht zum Homeoffice. In Innenräumen und sogar in Autos mussten Masken getragen werden, und für Restaurants und Veranstaltungen galt die Zertifikatspflicht.
Weshalb hatte sich das Virus trotz der tiefgreifenden Massnahmen so stark verbreitet? Waren sie etwa gar nicht wirksam gegen die hochansteckende Omikron-Variante? Vielen behördlichen Massnahmen der letzten zwei Jahre fehlt es nicht nur an einer wissenschaftlichen Begründung, sondern auch an einem Beleg für die Wirksamkeit.
Lockdowns reduzierten die Sterblichkeit kaum
Beispiel Lockdown: Drei internationale Forscher kamen im Januar zum Schluss, dass die in Europa und den USA verhängten Lockdowns die Sterblichkeit während der ersten Coronawelle um 0,2 Prozent senkten. Die staatliche Anordnung, zu Hause zu bleiben, reduzierte die Zahl der Corona-Toten pro 100 000 Einwohner gemäss den Forschern um 2,9 Prozent. Die Wissenschafter schrieben im vergangenen Januar auf der Website des Johns-Hopkins-Instituts für angewandte Wirtschaftswissenschaften und globale Gesundheit in den USA, sie hätten keine Belege gefunden, die Lockdowns begründen könnten. Unter den Forschern ist auch Steve H. Hanke, Gründer des Instituts. Die drei Wissenschafter sahen 18 590 Studien zur Wirksamkeit von Lockdowns durch. 34 Studien kamen in die engere Wahl, schliesslich werteten sie für ihre Analyse 24 Studien aus.
Auch Grenzschliessungen erwiesen sich als nutzlos. Ein gutes Beispiel dafür sind die USA. Das Land machte seine Grenzen zu Beginn der Pandemie dicht und wurde trotzdem schnell vom Virus überrollt. Auch eine positive Wirkung der Maskenpflicht ist kaum nachweisbar. Gegen die Auffassung von Experten setzte Bundesrat Alain Berset anfänglich eine Empfehlung und dann ab Juli 2020 in mehreren Etappen eine immer weiter gehende Maskenpflicht durch. Auf die Frage, ob es dafür eine wissenschaftliche Begründung gebe, antwortete das Bundesamt für Gesundheit wiederholt: «Das Tragen einer Maske erhöht die Aufmerksamkeit und sensibilisiert die Leute gegenüber Covid-19.»
Im Herbst 2020 ordnete der Bundesrat für das ganze Land eine Maskenpflicht in Läden an. In der Folge sank die Positivitätsrate jedoch nicht. Im Gegenteil: Im Oktober und November stieg sie auf neue Höchstwerte. Klar ist einzig: Das Ansteckungsrisiko kann gesenkt werden, wenn eine infizierte Person eine Maske trägt. Eine Gesichtsmaske hält einen Teil der infektiösen grösseren Virentröpfchen zurück, falls man spricht oder hustet.
Für gesunde Menschen gibt es gemäss der Weltgesundheitsorganisation «keine wissenschaftliche Evidenz», dass das Tragen von Masken die Übertragung von Erregern wirksam reduziert. Eine dänische Studie zeigte keinen Unterschied. 4862 Teilnehmer wurden in zwei Gruppen mit und ohne Mundschutz aufgeteilt. 1,8 Prozent der Maskenträger infizierten sich mit dem Virus, in der andern Gruppe waren es 2,1 Prozent.
Eine spanische Studie aus Katalonien mit 599 134 Schulkindern (ohne Maskenpflicht) und Schulkindern (mit Maskenpflicht) kam zu einem ähnlichen Schluss: Anfang Schuljahr 2021/ 2022 war kein Unterschied bei der Zahl der Ansteckungen feststellbar.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der staatlich angeordneten Maskenpflicht und den an Covid Verstorbenen? saldo verglich die Maskenpolitik verschiedener Staaten mit den jeweiligen Todeszahlen vom Ausbruch der Pandemie an bis Ende Februar dieses Jahres. Es liess sich kein direkter Zusammenhang herstellen, weder in Europa noch in den USA.
In der Schweiz mit einer strikten Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr, in Läden und am Arbeitsplatz starben seit Ausbruch der Pandemie nach den bisher vorliegenden offiziellen Zahlen 150 Menschen pro 100 000 Einwohner. In Norwegen mit deutlich weniger weitgehenden Maskenpflichten starben 29 Menschen pro 100 000 Einwohner.
Grosse Unterschiede unter den US-Bundesstaaten
Ein Blick in die USA zeigt Ähnliches. Insgesamt starben dort offiziell landesweit 285 Menschen pro 100 000 Einwohner. Deutlich über diesem Durchschnitt liegen Bundesstaaten mit relativ rigorosen Maskenpflichten wie etwa New Mexico (330), New Jersey (371), New York (346) und Massachusetts (340), unter dem Durchschnitt Staaten mit lascheren Maskenvorschriften wie etwa Idaho (266) und Nebraska (205). Im Bundesstaat Maine hob die Gouverneurin Janet Mills die Maskenpflicht bereits am 24. Mai 2021 auf. In Maine sind insgesamt 154 Menschen pro 100 000 Einwohnern an Corona gestorben – damit hat der Bundesstaat einen der tiefsten Werte und steht etwa gleich wie die Schweiz da.
Noch tiefere Zahlen weisen nur die Insel Hawaii mit 94 und Vermont mit 96 Corona-Toten auf. Dort kündigte Gouverneur Phil Scott schon am 14. Juni des vergangenen Jahres ein Ende der Maskenpflicht und aller anderen Covid-19-Beschränkungen an.