Wie viele Leute haben sich bisher in der Schweiz mit dem aktuellen Coronavirus infiziert?
Das weiss niemand. Das Bundesamt für Gesundheit publiziert zwar jeden Tag die angebliche Zahl der «Neuinfizierten». Diese Zahl gibt jedoch nur die Zahl der positiven Tests an. Sie ist abhängig von der Anzahl Tests. Je mehr Tests durchgeführt werden, desto mehr positive Ergebnisse liegen vor.
Weshalb ist diese Zahl irreführend?
Die Zahl der Tests schwankte in den drei Monaten Mai bis Juli zwischen rund 1400 und gut 15 000. Entsprechend unterschiedlich war die Zahl der positiven Ergebnisse. Beispiel: Die höchste Anzahl Tests wurde vom Bundesamt für Gesundheit bisher am 29. sowie am 30. Juni vermeldet. Es waren mehr als doppelt so viele wie im Durchschnitt der vorherigen zwei Monate. Resultat: Die Zahl der positiv Getesteten stieg innert zweier Tage deutlich. Die Behörden nannten dies an der Medienkonferenz vom 1. Juli als Beleg für eine steigende Bedrohung durch das Virus. Es war der Tag, als sie die Einführung der Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr bekanntgaben. Das Verhältnis zwischen positiven und negativen Testresultaten hatte sich aber nicht verändert. Nach wie vor war nur rund 1 Prozent der Getesteten infiziert.
Lassen sich aufgrund der Testresultate Hochrechnungen auf die tatsächliche Zahl der Infizierten anstellen?
Nein. Heute kann sich jeder kostenlos testen lassen, wenn er glaubt, er leide an Symptomen der Corona-Krankheit. Der Anteil positiver Tests lag in den letzten drei Monaten bei 1 bis 4 Prozent. Das heisst: Von 100 Getesteten, die glaubten, vom Virus angesteckt zu sein, waren maximal 4 Leute tatsächlich infiziert. Die Gesamtheit der Getesteten stellt keine repräsentative Auswahl der Bevölkerung dar. Deshalb kann aus der Anzahl der Getesteten nicht auf die Anzahl der Infizierten in der Schweiz geschlossen werden. Die Experten sind sich einig: Sehr viele Coronainfektionen bleiben unbemerkt, weil die Betroffenen nicht erkranken. Das bedeutet: Die Zahl der Corona-Infizierten ist viel höher, als die vom Bundesamt verbreiteten Zahlen vermuten lassen.
Wie viele Menschen sind bisher in der Schweiz an Covid-19 erkrankt?
Das weiss man nicht genau. Das Bundesamt für Gesundheit führt eine Statistik über «aktive Fälle». In den ersten Augusttagen lag die Zahl jeweils bei rund 2000. Die Zahl der Genesenen gibt das Bundesamt mit 32 741 an.
Weiss man, wie viele Leute bisher wegen des Corona-Virus im Spital behandelt wurden?
Ja. Bis zum vergangenen Freitag wurden rund 4300 Personen eingeliefert, die positiv aufs Virus getestet worden waren. Der Grund für die Hospitalisierung muss aber nicht Covid-19 gewesen sein. Es konnte etwa auch eine Krebserkrankung sein. Die meisten Patienten leiden an Mehrfacherkrankungen.
Und wie viele Menschen sind bisher an Corona gestorben?
Das weiss ebenfalls niemand. Was man weiss: Bis vergangenen Freitag sind 1716 Menschen mit einem positiven Corona-Test gestorben. Ob sie an Corona gestorben sind oder an einer anderen Erkrankung, wird nicht statistisch erfasst.
Wo steckt man sich am ehesten an?
Unmöglich, das zu sagen. Das Bundesamt für Gesundheit hatte ja Ausgehlokale als wichtigsten Ansteckungsort bezeichnet, musste das aber korrigieren. Nun schreibt es: «Die meisten Ansteckungen geschehen im familiären Umfeld, gefolgt vom Arbeitsplatz.» Nur: Wenn jemand Angehörige ansteckt, nachdem er im Ausgehlokal war – was dann? Sollen diese Ansteckungen dem familiären Umfeld zugeordnet werden oder dem Ausgehlokal?
Hat die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln etwas gebracht?
Das kann niemand sagen. Fest steht: Nach der Aufhebung des Lockdowns bis zur Einführung der Maskenpflicht Anfang Juli nahm die Zahl der Passagiere in Bahn und Bus wieder stark zu, ohne dass sich in der Schweiz der Prozentsatz der positiven Testergebnisse erhöhte. Das spricht gegen eine besondere Ansteckungsgefahr in Bahn und Bus.
Ist eine Maskenpflicht beim Einkaufen sinnvoll?
Kaum. Beim Einkaufen schreit man sich in der Regel nicht an, auch sprechen die wenigsten Kunden miteinander. Über Tröpfchen kann man sich deshalb kaum anstecken, wenn man Abstand hält. Nach der Wiedereröffnung der Läden im Mai stieg die Quote der positiven Testresultate in der Schweiz nicht – auch ohne Maskenpflicht.
Inzwischen gibt es Leute, die häufig eine Maske tragen. Müssen sie sich trotzdem regelmässig die Hände waschen?
Ja, unbedingt. Denn das Hauptproblem der Masken ist die Übertragung von Krankheitserregern aller Art durch das Anfassen der Maske mit den Händen. Auch Maskenträger fassen ständig Türfallen und Handläufe an. Deshalb gilt das regelmässige Händewaschen generell als wichtigste Prävention gegen eine Ansteckung.
Sollten sich Maskenträger auch weiterhin an die Abstandsregeln halten?
Ja. Denn Masken sind durchlässig. Ein Teil der Atemluft und damit auch sich darin befindliche Viren können die Maske durchdringen. Auch Leute mit Masken können also andere anstecken.
Schützen Masken den Träger vor dem Virus?
Klar ist: Sie bieten einen gewissen Schutz. Wie gut sie schützen, darüber streiten die Wissenschafter.
Gibt es bereits eine wirksame und verträgliche Impfung?
Nein. Und es ist unklar, ob und allenfalls wann eine Impfung vorliegt, die zugleich gegen Coronaviren wirksam ist und für den Menschen verträglich. Viele Pharmafirmen arbeiten intensiv daran.
K-Tipp liefert Fakten, keine Spekulationen
In der letzten Ausgabe vor der Sommerpause verglich der K-Tipp die Zahl der in der Schweiz Verstorbenen der vergangenen sechs Jahre. Ergebnis: Im Grippejahr 2015 starben in den ersten fünf Monaten mehr Menschen als im laufenden Jahr (K-Tipp 12/2020).
Das löste viele Leserreaktionen aus. Die einen regten an, weiter über diese Entwicklung zu berichten. Andere kritisierten, der K-Tipp habe sich nicht zur Ursache der tieferen Zahlen von 2020 geäussert. Es sei doch klar, dass der Lockdown dafür verantwortlich sei.
Doch wieweit dies zutrifft, wird man nie genau wissen. Der K-Tipp publiziert bewusst keine Spekulationen, Prognosen oder Modellrechnungen. Er liefert Zahlen und Fakten. Und die sind teilweise erfreulich: Auch im Juni und Juli blieb die Zahl der in der Schweiz Verstorbenen in jeder einzelnen Woche unter den Zahlen des Vorjahres (aktuellste Zahlen bei Redaktionsschluss).