Darfs auch ein wenig teurer sein?
Eine K-Tipp-Stichprobe zeigt: Die Beratung bei den SBB ist miserabel. Die Folge: Der Kunde legt drauf. Bis zu 122 Prozent!
Inhalt
K-Tipp 14/2003
03.09.2003
Marco Diener - mdiener@ktipp.ch
Die SBB verkaufen ihre Kunden für dumm. Sie drehen ihnen Billette an, die zu teuer sind und nur über Umwege ans Ziel führen.
Beispiel: Der kürzeste Weg von Zürich nach Brienz BE führt über Luzern und den Brünig. Das ist schneller als der Umweg über Bern. Und das Billett kostet erst noch 21 Franken weniger (2. Klasse, retour, mit Halbtax). Der Fall ist also klar.
Überhaupt nicht klar ist er für die Angestellten der SBB, wie die K-Tipp-Stichprobe zeigt. In ...
Die SBB verkaufen ihre Kunden für dumm. Sie drehen ihnen Billette an, die zu teuer sind und nur über Umwege ans Ziel führen.
Beispiel: Der kürzeste Weg von Zürich nach Brienz BE führt über Luzern und den Brünig. Das ist schneller als der Umweg über Bern. Und das Billett kostet erst noch 21 Franken weniger (2. Klasse, retour, mit Halbtax). Der Fall ist also klar.
Überhaupt nicht klar ist er für die Angestellten der SBB, wie die K-Tipp-Stichprobe zeigt. In den Bahnhöfen Langenthal, Luzern und Zürich stellten sie beide Billette zur Auswahl, ohne darauf hinzuweisen, dass alles für die Variante Luzern-Brünig spricht. Ebenso beim kostenpflichtigen Rail-Service-Telefon.
Erschütternd das Resultat in Bern: Der Schalterangestellte, der eigentlich ortskundig sein müsste, bot nur das teure Umweg-Billett an. Aufpreis: 57 Prozent!
Das ist kein Einzelfall, wie folgende Beispiele belegen (siehe auch Tabelle):
- Bern-Bellinzona: Am schnellsten sind die Fahrten über Luzern (Fr. 63.50) und über Zürich (Fr. 76.-); am billigsten die Tageskarte (Fr. 52.-). Angeboten haben die SBB-Leute die wildesten Reise-Varianten. So etwa durch den Lötschberg und durchs Centovalli, was teurer ist und zwei bis drei Stunden länger dauert. Oder, weil das der Computer absurderweise so vorschlägt, das Umsteigen auf den Bus in der Leventina.
- Wanderausflug Melchsee-Frutt: Hier haben alle Stichproben das gleiche Resultat geliefert: Fr. 31.80. Leider haben die Angestellten nicht die vergünstigten Ausflugsbillette der SBB-Tochter Railaway zu Fr. 25.60 verkauft.
- Wanderausflug Lungern- Schönbüel: Richtig ist der Preis von 66 Franken. Ausser in Luzern ging überall die Seilbahn-Fahrt von Lungern nach Schönbüel vergessen.
- Wanderausflug Kandersteg: Fast überall das gleiche Resultat, Fr. 62.20. Niemand hat die Hinfahrt über Bern und die Rückfahrt über den Brünig vorgeschlagen. Das dauert kaum eine halbe Stunde länger, ist aber 7 Franken billiger. Und landschaftlich erst noch attraktiver.
- Bahn-/Schiffsausflug auf den Genfersee - offenbar überall eine Knacknuss: Jedenfalls lieferten die SBB-Leute sehr unterschiedliche Resultate. Dabei wäre die Lösung einfach gewesen: Railaway-Ticket zu Fr. 44.40.
- Bahn-/Schiffsausflug auf die Aare: Auch hier ist das Railaway-Ticket zu Fr. 32.60 die erste Wahl. Doch das hat niemand gemerkt. Das Billett aus dem Internet kostet übrigens unglaubliche 122 Prozent mehr!
Auf die präzisen Fragen des K-Tipp gibt SBB-Sprecher Roland Binz nur ausweichend Antwort: «Basis unserer Beratung bildet immer der normale Fahrausweis über den üblichen Reiseweg.» Allerdings scheint die Bus-Variante in der Leventina dem K-Tipp nicht gerade der «übliche» Reiseweg zu sein.
Binz geht auch davon aus, dass die Railaway-Tickets «offensiv angeboten werden und es sich hier um bedauerliche Einzelfälle handelt». Die Stichprobe zeigt etwas ganz anderes: Obwohl es in 15 Fällen richtig gewesen wäre, wurde das Railaway-Ticket kein einziges Mal angeboten. Von Einzelfällen also keine Spur.
Auch den Hinweis auf die Tageskarte zu 52 Franken gabs ganz selten, obwohl das für Leute, die gleichentags heimkehren, auf langen Strecken eine günstige Reisemöglichkeit ist. Da nützt die Beteuerung von Binz wenig: «Die Verkäufer haben den Auftrag, auf die Tageskarte hinzuweisen.»
Dass die SBB zu teure Billette verkaufen, entspricht offenbar der Geschäftspolitik. So steht in den Schulungsunterlagen, die letztes Jahr publik wurden, ziemlich anmassend: «Das Günstigste ist nicht immer das Beste für den Kunden.» Und noch ein bisschen deutlicher: «Der Kunde soll meinen, er sei König.»
Deshalb: Beachten Sie folgende Tipps, damit Sie nicht zu viel bezahlen:
- Überlegen Sie sich vorher, welches die schnellste und kürzeste Verbindung sein könnte. Das Kursbuch ist dabei die zuverlässigere Hilfe als das Internet.
- Wenn Sie daran zweifeln, dass das angebotene Billett das richtige ist, fragen Sie nach Preis und Fahrtdauer von verschiedenen Varianten.
- Für längere Reisen lohnt sich eine Tageskarte, sofern Sie gleichentags heimkehren. Die Tageskarte für Halbtax-Besitzer kostet 52 Franken (2. Klasse) beziehungsweise 86 Franken (1. Klasse).
- Viele Gemeinden verkaufen Tageskarten zu 30 bis 40 Franken. Ein Halbtaxabo braucht es dafür nicht.
- Retourbillette für Strecken unter 115 Kilometer sind nur noch einen Tag gültig.
- Für Kinder von 6 bis 16 Jahren lohnt sich oft der Kauf einer Junior-Karte für 20 Franken pro Jahr. So reisen sie mit den Eltern gratis mit.
- Halbtax- und GA-Besitzer können für fremde Kinder, die mitreisen, eine Tageskarte zu 15 Franken (2. Klasse) kaufen.
- Sollten Sie für ein Billett zu viel bezahlt haben, können Sie laut SBB-Sprecher Roland Binz die volle Differenz zurückverlangen.
www.ktipp.ch
Haben Sie auch schon feststellen müssen, dass Ihnen die SBB ein zu teures Billett angedreht haben? Antworten Sie auf www.ktipp.ch.