Das grosse Geschäft mit den kleinen Läden
Wer in kleinen Filialen von Coop und Migros einkauft, zahlt dafür einen hohen Preis – im Extremfall den doppelten.
Inhalt
K-Tipp 01/2013
16.01.2013
Marco Diener
Am liebsten wäre der Migros gewesen, wenn der vorliegende Artikel gar nie erscheinen würde. Der Preisvergleich sei «mehr als fragwürdig». Er sei «unseriös, unstatthaft und irreführend». Der K-Tipp solle sich doch bitte überlegen, ob er ihn tatsächlich veröffentlichen wolle.
Die Nervosität der Migros ist verständlich. Denn für einmal verglich der K-Tipp nicht die Preise zwischen den wichtigsten ...
Am liebsten wäre der Migros gewesen, wenn der vorliegende Artikel gar nie erscheinen würde. Der Preisvergleich sei «mehr als fragwürdig». Er sei «unseriös, unstatthaft und irreführend». Der K-Tipp solle sich doch bitte überlegen, ob er ihn tatsächlich veröffentlichen wolle.
Die Nervosität der Migros ist verständlich. Denn für einmal verglich der K-Tipp nicht die Preise zwischen den wichtigsten Schweizer Detailhändlern, sondern die Preise von grossen und kleinen Migros- beziehungsweise Coop-Filialen untereinander. Und dieser Vergleich zeigt eindeutig, dass sich Coop und Migros noch immer fette Margen sichern. Jedenfalls in den kleinen Läden.
Grosse Filialen sind günstiger
Zusammengestellt hat der K-Tipp einen Warenkorb mit 30 Produkten des täglichen Bedarfs – von Äpfeln über Brot, Milch, Spaghetti bis zu Alufolie und Zahnpasta. Erhoben wurden die Preise Mitte Dezember in insgesamt 24 Läden in den Städten Basel, Bern und Zürich – jeweils in einer grossen Filiale und in drei kleineren. Der Preisvergleich zeigt:
- Vergleichsweise günstig ist der Einkauf nur in den grossen Filialen. Der ganze Warenkorb kostet dort weniger als 100 Franken. Einzige Ausnahme ist der Coop St. Annahof in Zürich. Hier kostet der Einkauf gegen 20 Prozent mehr.
- Deutlich teurer ist es in kleinen Filialen. Die Coop-Filiale im Berner Bahnhof und die Migros im Zürcher Niederdorf verlangen mehr als das Doppelte der grossen Filialen.
Aber warum? Gelten bei Coop nicht überall die gleichen Preise? Verlangt die Migros nicht in allen Filialen gleich viel? Doch, eigentlich schon. Aber die Sortimente unterscheiden sich von Filiale zu Filiale beträchtlich. Beispiele:
- In der Migros im Zürcher Niederdorf fehlt der M-Budget-Pizzateig. Es hat nur Bio-Teig. Und der kostet das Doppelte.
- Im Coop im Berner Bahnhof hat es keine Prix-Garantie-Zahnbürsten. Das günstigste Produkt kostet das Fünffache.
- Am Basler Fischmärt gibt es im Coop nur eine Edel-Vanilleglacé im Kübel. Der Preis im Vergleich zur Prix-Garantie-Glace, die in grossen Filialen erhältlich ist: ebenfalls das Fünffache.
- Im Zürcher Niederdorf verkauft die Migros keine M-Budget-Zahnpasta. Aber Candida Parodin Plus. Sie kostet fast das Achtfache.
Oft nur die teuren Produkte im Regal
Auffallend: Wenn in einer Filiale von einem Produkt nur eine Sorte erhältlich ist, dann häufig eine teure: Bio-Kartoffeln, Findus-Spinat, Konserven in Kleinstdosen, Raclettekäse nur in Scheiben statt am Stück.
Die Migros schreibt in ihrer Stellungnahme, dass die Sortimente «an den Bedürfnissen der lokalen Kunden ausgerichtet» seien. Umso unverständlicher ist es, dass die Migros gegen die Veröffentlichung der Resultate ist. Bei Coop tönt es fast gleich: Die Sortimente seien «an der Verkaufsfläche und an den Kundenbedürfnissen ausgerichtet». Als ob ein günstiger Ein-kauf kein Kundenbedürfnis wäre!
So wurde verglichen
- Berücksichtigt hat der K-Tipp beim Preisvergleich stets das günstigste Produkt – unabhängig von Marke, Herkunft und Qualität. Die Qualität beurteilt der K-Tipp jeweils in seinen Tests.
- Die Preise unterschiedlich grosser Packungen sind umgerechnet.
- Grosse Packungen sind nur berücksichtigt, wenn sie nicht mehr enthalten als das Doppelte der verlangten Menge.