Das tut weh!
Es ist reine Glückssache, ob man statt des teuren Originalmedikamentes das günstigste Generikum erhält.
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K-Tipp 6/2004
24.03.2004
Patrick Gut - pgut@ktipp.ch
Panadol gehört zu den meistverkauften Schmerzmitteln. Das Medikament mit dem Wirkstoff Paracetamol ist rezeptfrei erhältlich und wird von der obligatorischen Krankenversicherung nicht übernommen. Eine Schachtel à 20 Tabletten mit 500 Milligramm Wirkstoff kostet in der Apotheke Fr. 5.90.
Panadol ist jedoch bei weitem nicht das einzige Mittel mit dem Wirkstoff Paracetamol. Es gibt aktuell nicht weniger als 15 Nachahmerprodukte (Generika). Es sind Produkte mit identischem Wirksto...
Panadol gehört zu den meistverkauften Schmerzmitteln. Das Medikament mit dem Wirkstoff Paracetamol ist rezeptfrei erhältlich und wird von der obligatorischen Krankenversicherung nicht übernommen. Eine Schachtel à 20 Tabletten mit 500 Milligramm Wirkstoff kostet in der Apotheke Fr. 5.90.
Panadol ist jedoch bei weitem nicht das einzige Mittel mit dem Wirkstoff Paracetamol. Es gibt aktuell nicht weniger als 15 Nachahmerprodukte (Generika). Es sind Produkte mit identischem Wirkstoff, gleicher Dosierung und Darreichungsform wie das Original. Die Preisunterschiede sind enorm: Das günstigste Generikum kostet Fr. 2.40 (siehe Tabelle).
Der K-Tipp wollte wissen, ob die Apotheken ihren Kunden das günstigste Panadol-Generikum verkaufen. Dazu führte er in den Städten Basel, Bern, Luzern, St.Gallen und Zürich in insgesamt 69 Apotheken eine Stichprobe durch.
Die Testpersonen verlangten jeweils das Medikament Panadol. Wurden sie nicht automatisch auf Generika aufmerksam gemacht, erkundigten sie sich selber danach. Präsentierte das Personal ein Generikum, folgte die Frage, ob es das günstigste sei.
«Kein objektiver Anreiz für Apotheker»
Resultat: Lediglich in fünf Apotheken machte das Personal von sich aus auf Generika aufmerksam. Alle andern wollten ohne weitere Rückfrage Panadol verkaufen. Auf die konkrete Frage nach einem Generikum bot das Personal in 35 Fällen das Produkt Dafalgan an. Erst als sich die Käufer ausdrücklich nach dem günstigsten Generikum erkundigten, griffen die Mitarbeiterinnen in 15 Apotheken zu Acetalgin, das tatsächlich günstigste Produkt. 19 Verkäuferinnen behaupteten fälschlicherweise, Dafalgan sei das günstigste Generikum.
Insgesamt verkauften die Apotheken 38-mal Acetalgin, 10-mal Ben-u-ron (Fr. 2.55), 19-mal Dafalgan (Fr. 3.- für 16 Tabletten) und 2-mal Influbene N (Fr. 3.20).
Margrit Kessler, Präsidentin der Schweizerischen Patientenorganisation, kritisiert die Apotheken: «Generell würde ich erwarten, dass die Apotheker auch bei nicht rezeptpflichtigen Medikamenten von sich aus Generika anbieten.» In diesem Fall habe sie aber ein gewisses Verständnis für die Apotheker. «Das Grundproblem ist, dass Panadol beworben werden darf. Die Kunden sind deshalb extrem auf das Original fixiert und wollen häufig kein Generikum», sagt Kessler. Frage ein Kunde aber ausdrücklich nach einem Generikum, müsste das Apothekenpersonal eine möglichst grosse Bandbreite aufzeigen.
Der Generalsekretär des Schweizerischen Apothekerverbandes, Marcel Mesnil, weist die Kritik zurück. Er teilt die Medikamente strikt in zwei Klasssen ein. In kassenpflichtige Produkte und solche, die der Patient ohne ärztliches Rezept einkauft und selber bezahlen muss. Bei der zweiten Gruppe von Medikamenten dürfen die Apotheker keine Beratungstaxen verrechnen. «Dass sich fünf Apotheker ohne objektiven Anreiz bemühten, ein günstigeres Präparat anzubieten, finde ich toll», sagt Mesnil und stellt den Apotheken gar ein gutes Zeugnis aus. Im Klartext: Da sich die Generika-Beratung für den Apotheker wegen der fehlenden Taxen nicht lohnt, darf der Kunde auch nicht mit einer Beratung rechnen.
Preisunterschiede unter den Generika
Panadol und seine Generika sind kein Einzelfall. Der K-Tipp hat eine Liste von viel verkauften Originalmedikamenten mit dem jeweils günstigsten Generikum zusammengestellt. Wer statt der Originale die preiswertesten Generika kauft, kann zwischen 16 und 58 Prozent sparen (siehe Tabelle).
Aber: Auch bei den Generika zum selben Originalmedikament sind die Preisunterschiede riesig. Beim Extrembeispiel Panadol ist das teuerste Generikum (Demo Gripal) 148 Prozent teurer als das günstigste (Acetalgin).
Konsumenten, die das Sparpotenzial bei Generika optimal ausschöpfen wollen, nehmen das Heft besser in die eigene Hand. Sie sollten sich schon beim Arzt, spätestens aber in der Apotheke, gezielt nach dem günstigsten Generikum erkundigen.
Wie man günstigste Generika findet
Wer sichergehen will, muss sich selber informieren. Fündig wird man beispielsweise unter www.generika.cc. Auf dieser Site kann man mit Präparate- und Wirkstoffnamen nach Generika suchen. Mit den Preisen aufgeführt sind sämtliche Produkte, die auf der so genannten Spezialitätenliste verzeichnet sind. Das sind jene Medikamente, die mit Rezept von der Grundversicherung übernommen werden. Generika.cc liefert aber auch die Patienteninformationen (Beipackzettel) online und neuerdings die WHO-Empfehlungen zu den jeweiligen Tagesdosen.
Ein Rezept lohnt sich nicht
Es gibt Schmerzmittel mit dem Wirkstoff Paracetamol, die von der Krankenkasse übernommen werden, falls sich der Patient das Produkt ärztlich verschreiben lässt. Das macht allerdings keinen Sinn. Denn wegen der Kosten fürs Arztrezept und eines allfälligen Extra-Arztbesuchs bezahlt man für eine Packung Acetalgin rasch ein Mehrfaches von Fr. 2.40. Am Patienten, der seinen Selbstbehalt noch nicht ausgeschöpft hat, bleibt der ganze Betrag hängen.