Die neuesten Kameras in Läden filmen die Kunden und erkennen dabei Grösse, Geschlecht, Gesicht, Blickrichtung und wie lange sich eine Person an einem Ort aufhält. Diese Daten lassen sich dann mit den Daten der Kassen und weiteren Kundendaten verknüpfen, sodass der Kunde identifiziert werden kann (K-Tipp 5/2023).
Die SBB plante den Einsatz ähnlicher Kameras in Bahnhöfen. Nachdem der K-Tipp dies publik machte (K-Tipp 3/2023), versprachen die Bundesbahnen, auf die Erfassung von Alter, Geschlecht und Grösse zu verzichten.
Auch wer im Internet surft, wird genau verfolgt. Sein Verhalten wird aufgezeichnet und ausgewertet. Die TX Group AG zum Beispiel, die den «Tages-Anzeiger» sowie die «Berner Zeitung» und die «Basler Zeitung» publiziert, sammelt laut ihrer Datenschutzerklärung persönliche Interessen und Gewohnheiten der Leser, um ihnen auf sie zugeschnittene Inhalte und Werbung zukommen zu lassen. Die Surfenden sind aufgrund ihres Leseverhaltens und ihrer Gewohnheiten im Internet identifizierbar. So reichte es etwa, dass jemand sich auf Blick.ch oder Bluewin.ch einen Denner-Werbespot ansah, um von Denner per Post Werbung zu erhalten (K-Tipp 8/2022).
Auch Zahlungen per Post, Bank oder Zahlplattformen wie Twint werden ausgewertet und für Werbung genutzt (K-Tipp 12/2023). Inkassofirmen und Wirtschaftsauskunfteien wie Intrum oder CRIF sammeln ohne Zustimmung der Konsumenten Daten über deren persönliche und finanzielle Verhältnisse. Gestützt darauf verweigern dann Internethändler mangels Kreditwürdigkeit einen Kauf auf Rechnung (K-Tipp 20/2022).
Das Datensammeln geht weiter
Das im September in Kraft tretende revidierte Datenschutzgesetz verhindert solche groben Eingriffe in die Privatsphäre auch künftig nicht: Es sieht etwa ausdrücklich vor, dass Unternehmen weiterhin ohne Zustimmung der Betroffenen «Personendaten zur Prüfung der Kreditwürdigkeit» bearbeiten und zu diesem Zweck auch an Dritte weitergeben dürfen. Es verbietet Wirtschaftsauskunfteien nur, Daten zu sammeln, die älter als zehn Jahre sind oder Kinder betreffen.
Auch die Überwachung der Kunden im Internet oder mit Kameras in Geschäften und Bahnhöfen ist weiterhin erlaubt. Bei Überwachungskameras reicht es, wenn ein Laden mit einem kleinen Kamerasymbol an der Türe darauf hinweist, dass die Kunden gefilmt werden. Wird eine Person im Laden oder im Internet identifiziert und ihr Verhalten aufgezeichnet, ist zudem wie bisher eine ausdrückliche Einwilligung notwendig. Das Problem: Die meisten Konsumenten übersehen eine solche Vertragsklausel im Kleingedruckten oder akzeptieren sie unbemerkt mit einem Klick im Internet.
Immerhin: In Zukunft müssen Firmen und Vereine die Betroffenen ausführlicher informieren. Sie müssen ihnen die Kontaktdaten der verantwortlichen Person bekannt geben, die für allfällige Fragen oder Löschungsbegehren zuständig ist. Zudem müssen sie mitteilen, welche Daten sie zu welchem Zweck speichern und ob sie diese weitergeben. Diese Angaben findet man meist in den sogenannten Datenschutzerklärungen der Firmen. Das Gesetz sieht jedoch auch Ausnahmen vor:
Kauft ein Unternehmen zum Beispiel bei einer anderen Firma Kundendaten, muss es die Betroffenen nicht informieren, wenn dies einen «unverhältnismässigen Aufwand» verursacht. Entscheidet im Kontakt mit einem Kunden – etwa bei einer Kreditfähigkeitsprüfung – ein Computer, muss die Firma dies dem Betroffenen neu mitteilen. Der Kunde kann dann bei der Firma eine Beurteilung durch einen Angestellten verlangen.
Mehr Kompetenzen für Datenschützer
Der eidgenössische Datenschutzbeauftragte (Edöb) hat neu die Aufgabe, bei einem Verdacht auf unzulässige Datenbearbeitungen eine Untersuchung durchzuführen und Massnahmen anzuordnen. Bisher durfte er nur Empfehlungen erteilen, wenn persönliche Daten von vielen Leuten betroffen waren.
Die Zürcher Juristin Ursula Uttinger, Expertin für Datenschutz, meint: «Es ist sicherlich sinnvoll und zu begrüssen, dass der Edöb eine eigene Verfügungskompetenz erhält. Wichtig ist dabei, dass er auch die notwendigen Ressourcen erhält.»
Nur: Dem Datenschutzbeauftragten stehen für diese Zusatzaufgaben nur wenige zusätzliche Stellen zur Verfügung. Edöb-Sprecherin Daniela Wittwer: «In Hinblick auf das neue Datenschutzgesetz hat das Parlament insgesamt neun zusätzliche Stellen zugesprochen.» Fünf davon könnten für die Beaufsichtigung von Behörden und Unternehmen eingesetzt werden.
So einfach erfahren Sie, was Firmen über Sie wissen
Grundsätzlich gilt: Privatpersonen können bei Unternehmen und Behörden Einsicht in die über sie gesammelten Daten verlangen. Diese müssen dann alle Daten offenlegen und erklären, woher sie stammen, weshalb und wie lange sie gespeichert und an wen sie allenfalls weiter gegeben werden. Betroffene können von Unternehmen auch die Löschung der Daten verlangen.
In diesem Fall dürfen die Firmen die Informationen nur dann weiter speichern, wenn Sie «ein überwiegendes Interesse» daran haben. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Firmen die Informationen für die Abwicklung eines Vertrags mit dem Konsumenten benötigen oder bei einer gesetzlichen Aufbewahrungspflicht.