Das spanische Wort «temprano» bedeutet «früh». Tatsächlich reift die Rotweintraube Tempranillo einige Wochen früher als etwa die Sorte Garnacha. Die Tempranillo-Rebsorte gilt als spanische Antwort auf den französischen Cabernet Sauvignon. Für Spitzenweine aus den Gebieten Rioja und Ribera werden heute Höchstpreise erzielt. Der K-Tipp hat zwölf günstige Tempranillo-Vertreter für maximal etwa 18 Franken pro Flasche aus weniger bekannten Gebieten von einer Jury verkosten lassen.
Resultat: Einen günstigen Geheimtipp konnten die Experten nicht ausmachen. «Heute ist es ein Leiden», schrieb ein Jurymitglied. Dabei sind die Bedingungen für Rotwein in Spanien ähnlich gut wie in Süditalien. Bei der Degustation der Nero d’Avola (K-Tipp 7/2016) schnitten fünf von zwölf Weinen gut ab.
Die Jury degustierte sechs junge Spanier ohne lange Reifung im Fass sowie sechs Varianten, die laut Deklaration mindestens sechs Monate gelagert worden waren. Vier Flaschen waren gar als «Reserva» oder «Gran Reserva» bezeichnet. Solche Weine sollten aus einem guten Jahrgang stammen und mehrere Jahre in Eichenfässern und in der Flasche reifen.
Die Degustation macht klar: Man sollte sich in den Läden nicht durch golden glänzende Netze um die Flaschen oder Begriffe wie «Gran Reserva» blenden lassen. Die drei «Gran Reserva»-Weine schnitten ungenügend oder schlecht ab. Grund: Die Weine schmeckten ausdruckslos und unharmonisch. Im Falle des deutlich fehlerhaften «Pata Negra Gran Reserva» von Coop öffnete die Jury zur Sicherheit eine zweite Flasche – aber auch diese war nicht besser. Vier junge Tempranillo-Weine schnitten genügend ab, bei den gereiften waren es nur drei.
Die meisten Händler verteidigen ihre Weine: Laut Coop ist insbesondere der «Pata Negra» unter Wert beurteilt worden. Landi, Denner und Lidl argumentieren ähnlich: Das Urteil der K-Tipp-Jury widerspreche eigenen Degustationen. Gemäss Landi zeigen die Verkaufszahlen, dass die Kunden den «Baron Conde» schätzten. Landi will die vom K-Tipp degustierte Charge dennoch auf Abweichungen überprüfen.
Die Fachjury
Die Jury hat die Weine blind degustiert und anhand der gebräuchlichen 20-Punkte-Skala benotet. Für den K-Tipp degustierten:
Hans Georg Babits: Weinakademiker, Académie du vin
Ursula Geiger: Önologin, Weinjournalistin
Andreas Keller: Presse- und Eventagentur für Wein
Andrin Willi: Chefredaktor «Marmite»
Eva Zwahlen: Weinjournalistin