Inhalt
K-Tipp 6/2002
20.03.2002
Dank K-Tipp: Patientin muss Forderung des Arztes nicht zahlen
Ärzte müssen Patienten vor der Behandlung aufklären, wenn die Krankenkasse nicht zahlt. Verletzen Ärzte diese Pflicht, können Patienten die Rechnung ignorieren.
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Es waren Knieprobleme, die Vlasta Habazin aus St. Gallen unters Messer zwangen; im Januar 2001 wurde sie operiert. Zu allem Übel schlug ihr aber auch die Spitalrechnung auf den Magen.
Dank K-Tipp: Patientin muss Forderung des Arztes nicht zahlen
Ärzte müssen Patienten vor der Behandlung aufklären, wenn die Krankenkasse nicht zahlt. Verletzen Ärzte diese Pflicht, können Patienten die Rechnung ignorieren.
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Es waren Knieprobleme, die Vlasta Habazin aus St. Gallen unters Messer zwangen; im Januar 2001 wurde sie operiert. Zu allem Übel schlug ihr aber auch die Spitalrechnung auf den Magen.
Der Grund liegt darin, dass sie auf der allgemeinen Abteilung der St. Galler Privatklinik Stephanshorn operiert wurde. Von den Kosten - insgesamt 2180 Franken - übernimmt ihre Krankenkassen-Grundversicherung deshalb nur 1073 Franken.
Für den Rest von 1107 Franken (vor allem das Extra-Honorar des Belegarztes) hatte die Frau bei der Supra eine Zusatzversicherung - glaubte sie. Doch diese muss im vorliegenden Fall gemäss ihren restriktiven Bedingungen nicht zahlen (siehe K-Tipp 16/01).
So kam es, dass Vlasta Habazin vom Spital eine Rechnung über 1107 Franken erhielt - und später auch Mahnungen.
Der Clou ist aber: Die Verantwortlichen wussten sehr genau, dass die Zusatzversicherung die Mehrkosten der Privatbehandlung nicht übernehmen würde. Denn die Supra hat dies dem Spital rund fünf Wochen vor der Operation unmissverständlich klar gemacht. Der Arzt operierte trotzdem.
Nach Intervention des K-Tipp erklärten sich Arzt und Spital bereit, auf den Restbetrag zu verzichten.
Mit gutem Grund. Denn vor Gericht wären Arzt und Spital mit ihrer Forderung kaum durchgekommen. Der Arzt hat nämlich nicht nur die Pflicht, seine Patienten vor der Behandlung umfassend zu informieren und gemäss den Regeln der ärztlichen Kunst zu behandeln; er muss sie auch über die wichtigsten Versicherungsbelange aufklären.
Das sind die Details:
- Wenn der Arzt wie im vorliegenden Fall wissen muss, dass die Krankenkasse nicht zahlt, darf er nicht einfach operieren, ohne dem Patienten etwas zu sagen. Sonst kann er sein Honorar vergessen. Das gilt sowohl für die Grundversicherung als auch - wie im vorliegenden Fall - für die Zusatzversicherungen.
- Das Gleiche gilt für ein Privatspital, das Patienten mit ungenügender Zusatzdeckung aufnimmt.
- Wenn der Arzt eine falsche Information gibt, läuft er punkto Honorar ebenfalls ins Messer. Dies wurde einem Chirurgen zum Verhängnis, der eine übergewichtige Frau am Magen operierte und ihr sagte, die Krankenkasse werde das zahlen.
Die Behandlung war aber nicht kassenpflichtig, und das Bundesgericht stellte fest, der Arzt habe damit seine wirtschaftliche Aufklärungspflicht verletzt. Er musste auf sein Honorar verzichten.
- Natürlich müssen Ärzte keine Top-Spezialisten für Krankenversicherung sein. Das Bundesgericht sagt aber, dass sie wenigstens «die zweifelhaften Fälle» kennen müssen, «die möglicherweise von den Krankenkassen nicht übernommen werden». Daraus folgt, dass Ärzte in kritischen Fällen ihren Patienten zumindest raten müssen, sich vor der Behandlung bei der Krankenkasse zu erkundigen - bei teuren Behandlungen erst recht.
- Ein weiteres Problem stellt sich, wenn Ärzte unwirtschaftlich arbeiten, also mehr tun als medizinisch angezeigt ist. Das war gemäss Bundesgericht beispielsweise bei einer 81-jährigen Frau der Fall, bei der sich die Krankenkasse zu Recht weigerte, eine teure Bypass-Operation zu zahlen. Das höchste Gericht kam zum Schluss, eine Therapie ohne Operation hätte genügt.
In solchen Fällen dürfen die Krankenkassen die Bezahlung verweigern. Das ist für Patienten dann kein Problem, wenn die Rechnung direkt an die Krankenkasse ging. Ist hingegen der Patient Schuldner, sind die Krankenkassen verpflichtet, ihn bei der Zahlungsverweigerung kostenlos juristisch zu unterstützen.
Der wichtigste Tipp für Patientinnen und Patienten liegt deshalb auf der Hand: Nehmen Sie vor allem vor Spitalbehandlungen immer möglichst früh mit Ihrer Krankenkasse Kontakt auf. Falls die Kostengutsprache direkt ans Spital geht: Verlangen Sie, dass man sie Ihnen zeigt.