Der Blick hinter die E-Mail-Dienste
Wer eine neue E-Mail-Adresse braucht, sollte die kostenlosen E-Mail-Anbieter genau prüfen. Denn bei Leistung, Sicherheit und Komfort gibts grosse Unterschiede.
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K-Tipp 18/2006
01.11.2006
Kurt Haupt - redaktion@ktipp.ch
Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul», meinen viele Internet-Einsteiger und legen sich eine beliebige E-Mail-Adresse zu. Hat man aber eine solche Adresse erst allen Freunden mitgeteilt, lässt sie sich nicht mehr ohne weiteres ändern.
Der Vergleich verschiedener Gratisanbieter zeigt denn auch viele Schwächen auf. Wer zum Beispiel eine Adresse von Bluewin wählt, merkt irgendwann, dass «gratis» pro Jahr 36 Franken bedeuten kann. Und vernachlässigt man seine Hotmai...
Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul», meinen viele Internet-Einsteiger und legen sich eine beliebige E-Mail-Adresse zu. Hat man aber eine solche Adresse erst allen Freunden mitgeteilt, lässt sie sich nicht mehr ohne weiteres ändern.
Der Vergleich verschiedener Gratisanbieter zeigt denn auch viele Schwächen auf. Wer zum Beispiel eine Adresse von Bluewin wählt, merkt irgendwann, dass «gratis» pro Jahr 36 Franken bedeuten kann. Und vernachlässigt man seine Hotmail-Adresse 32 Tage lang, stellt man fest, dass Microsoft sämtliche Post eliminiert hat. Besitzer eines Google-Postfachs riskieren dafür, dass die US-Regierung die Post mitliest, und Nutzer von GMX müssen sich mit einer wöchentlichen Werbe-Mail ab?nden. Vor der Wahl einer E-Mail-Adresse sollte man also das Angebot genau vergleichen.
- Kosten und Speicherplatz: Am häu?gsten gibt zurzeit der E-Mail-Dienst von Bluemail resp. Bluewin zu reden. Denn für die ehemals kostenlose Adresse bei der Swisscom-Tochter muss man nun pro Monat vier Franken zahlen. Gratis bleibt die Adresse nur, wenn man sein ADSL-Abo ebenfalls bei Bluewin löst oder noch regelmässig den veralteten Analogzugang von Bluewin verwendet.
Zum Vergleich: Der in Deutschland beheimatete Anbieter GMX ist seit 1997 gratis und bietet mit 1000 Megabyte (entspricht 1 Gigabyte) auch deutlich mehr Platz als die vergleichsweise mickrigen 30 Megabyte von Bluewin. Noch kleiner ist allerdings die Mailbox von Web.de, sie umfasst ganze 12 Megabyte.
Speicherplatzriese ist zurzeit eindeutig Google, hier kann man 2,7 Gigabyte E-Mails speichern. Postmail erhöht seinen Speicherplatz ab diesem Monat von derzeit kümmerlichen 10 auf akzeptable 100 Megabyte.
Ein weiteres Thema sind grosse Beilagen (Attachments). Web.de beschränkt sie auf 4 Megabyte, bei Bluewin sind es maximal 8 Megabyte. Bessere Anbieter wie GMX und Google erlauben Beilagen bis zu 20 Megabyte.
- Spamfilter schont Nerven: Ein entscheidendes Kriterium für die Wahl des Anbieters sollte der Spam?lter sein. Bei Bluewin lässt sich dieser nur ein- oder ausschalten, und man muss den Spam-Ordner sporadisch überprüfen. Bei GMX hingegen kann man ihn individuell kon?gurieren. Bei Yahoo erhält man sogar 500 Wegwerfadressen, die man einmalig nutzen und dann sperren kann.
Zunehmend kontrollieren auch kostenlose Viren?lter die E-Mails. Seit kurzem steht dieser Service auch Bluewin-light-Abonnenten zur Verfügung. GMX dagegen bietet bei seinem kostenlosen Dienst keinen Virenschutz.
Wer seine privaten E-Mails auch im Geschäft liest und verhindern will, dass der Chef mitliest, sollte einen Anbieter mit Verschlüsselung (vergleiche E-Mail-Slang-Kasten) wählen. Am meisten Privatsphäre bietet Web.de (siehe Tabelle).
- Clevere Zusatzdienste: Einige Provider glänzen durch besondere Zusatzdienste. Herausragend ist Postmail: Jeden Monat kann man gratis 50 SMS in die ganze Welt verschicken oder sich die Ankunft einer wichtigen E-Mail kostenlos per SMS anzeigen lassen. Postmail verwandelt E-Mails für 90 Rappen sogar in echte Briefpost und stellt diese per A-Post noch am gleichen Tag zu.
Postmail-Nutzer können auch ihre Outlook-Daten vom PC oder von einer digitalen Taschenagenda mit dem Adressbuch im Internet synchronisieren. Ähnliche Dienste bietet auch Bluewin, hier können sogar Handy-Adressen mit dem Internet synchronisiert werden. Dies ist eine einfache Möglichkeit, um das gesamte Adressbuch des Mobiltelefons zu sichern.
Auf multimediale Zusatzdienste sind Web.de und Freenet spezialisiert. Hier erhält man zu jeder Gratis-E-Mail-Adresse auch gleich eine deutsche Telefonnummer für Faxe oder Sprachmitteilungen. Beide Formate werden digitalisiert und per E-Mail zugestellt.
- Fazit: Einen klaren «Sieger» unter den Gratis-Mailanbietern hat der K-Tipp-Vergleich nicht ergeben. GMX glänzt durch ein abgerundetes Angebot, patzt aber bei der Virenprüfung. Web.de und Postmail bieten am meisten Zusatzdienste, die Mailboxgrösse ist aber beschränkt.
Nicht zu empfehlen sind Bluewin und Hotmail. Der Swisscom-Dienst entpuppt sich oft als Zahlungsfalle, und die Maillöschung nach 30 Tagen beim Microsoft-Maildienst ist inakzeptabel.
In der Praxis bewährt sich oftmals die Nutzung von mehreren Diensten. So kann man beispielsweise eine Adresse bei Postmail lösen und die eingegangene Post einfach auf den riesigen Briefkasten einer Google-Adresse umleiten.
Adresse registrieren und wechseln
Meine Adresse gehört mir: Es ist immer möglich, dass ein Freemaildienst plötzlich kostenpflichtig oder ganz eingestellt wird. Das kann viel Ärger verursachen. Die sicherste E-Mail-Adresse hat man mit einer eigenen Domäne. Man registriert dazu bei Switch (www.switch.ch) beispielsweise «musterfamilie.ch» und hat dann nicht nur www.musterfamilie.ch, sondern auch sämtliche Adressen mit der Endung @musterfamilie.ch für sich reserviert.
Die Registrierung kostet pro Jahr 27 Franken. Einen Provider, der Platz für Website und Briefkasten zur Verfügung stellt, findet man unter www.providerliste.ch.
Google bietet während einer Testphase sogar gratis E-Mail-Platz für die eigene Domäne (https://www. google.com/a/Home).
Einfacher Wechsel der Adresse: Man registriert beim neuen Anbieter seine Wunschadresse. Danach aktiviert man beim alten Mailprovider die Umleitung. Zusätzlich sollte man jede E-Mail via «Autoantwort» oder «Abwesenheitsmeldung» mit Mitteilung der neuen Adresse beantworten lassen.
Wenn der alte E-Mail-Anbieter Weiterleitung oder Autoantwort nicht unterstützt, muss man allen Bekannten die neue Adresse manuell mitteilen.
E-Mail-Slang
- POP: Wenn der Provider einen POP-Zugang bietet, können E-Mails mit jedem Mail-Programm auf den PC geladen werden. Lediglich Hotmail bietet keinen POP-Zugriff, das heisst, Mails lassen sich nur im Browser lesen oder nur mit Microsoft-Programmen auf den PC laden.
- IMAP: Hier bleiben alle Mitteilungen auf dem Server des Mail-Providers. Sie lassen sich aber einfach am PC in Ordnern verwalten. Mit IMAP kann man von mehreren Rechnern aus auf einen Briefkasten zugreifen, ohne sich um die Synchronisation kümmern zu müssen.
- SMTP: Dient zum Verschicken von E-Mails. Ausser Hotmail bieten alle kostenlosen Mail-Provider den SMTP-Dienst.
- Verschlüsselung: E-Mails und sogar Passwörter werden meist im Klartext übermittelt. Mittels Transport Layer Security (TLS) oder Secure Sockets Layer (SSL) kann man Infos verschlüsseln. Bei sicherer Mail-Bearbeitung beginnt die Adresszeile mit https:// statt nur mit http://.