Der Bundesrat als Rentenklauer
Eine Verordnungsänderung des Bundesrates hat schlimme finanzielle Folgen für eine Reihe von Witwen: Sie sind nun auf Ergänzungsleistungen angewiesen.
Inhalt
K-Tipp 06/2008
21.03.2008
Ernst Meierhofer
Wäre alles beim Alten geblieben, müsste sich Catherine Hoti aus Bern keine Geldsorgen machen. Die Bundespensionskasse Publica würde ihr jeden Monat 2622 Franken auszahlen.
Stattdessen ist Hoti heute auf Ergänzungsleistungen zu ihrer AHV angewiesen. Mit diesen 700 Franken kommt sie nur knapp über die Runden. Denn die Publica zahlt ihr keinen Rappen.
Hotis Ehemann war beim Bund angestellt. Das Reglement der Bundespersonalkasse enthielt damals ei...
Wäre alles beim Alten geblieben, müsste sich Catherine Hoti aus Bern keine Geldsorgen machen. Die Bundespensionskasse Publica würde ihr jeden Monat 2622 Franken auszahlen.
Stattdessen ist Hoti heute auf Ergänzungsleistungen zu ihrer AHV angewiesen. Mit diesen 700 Franken kommt sie nur knapp über die Runden. Denn die Publica zahlt ihr keinen Rappen.
Hotis Ehemann war beim Bund angestellt. Das Reglement der Bundespersonalkasse enthielt damals eine grosszügige Bestimmung: Stirbt ein Mann, erhält die Witwe eine Rente (das ist normal). Heiratet die Witwe wieder, erlischt die Rente (auch das ist üblich) – doch bei der Bundespersonalkasse konnten Witwen den Rentenanspruch sozusagen aufrechterhalten. Die Rente floss wieder wie gehabt, falls die Frau erneut Witwe wurde oder sich vom neuen Mann scheiden liess.
Davon hätte auch Catherine Hoti profitieren können. Ihr Mann starb 1995, und sie erhielt anschliessend rund 2500 Franken Witwenrente pro Monat. Anfang 2001 heiratete sie erneut.
Zu diesem Zeitpunkt konnte sie wählen: Entweder den Anspruch auf die Ehegattenrente ruhen lassen oder eine Barabfindung in der Höhe von drei Jahresrenten kassieren – im konkreten Fall wären das 93 346 Franken gewesen.
Hoti wollte auf Nummer sicher gehen und entschied sich für die lebenslange Rente. Sie wählte also die vorgeschlagene Variante «Wahrung der Witwenrente für die Dauer der neuen Ehe.» Ein fataler Fehler, wie sich 2007 herausstellte. Als sich Hoti von ihrem zweiten Mann scheiden liess und bei der Publica die schriftlich zugesicherte Rente wieder aktivieren wollte, hiess es nun völlig unerwartet, das Wiederaufleben der Witwenrente sei inzwischen aus dem Reglement gestrichen worden.
Die Pensionskasse informierte nicht
Das Reglement der Bundespensionskasse wird vom Bundesparlament gestaltet und beschlossen. Für die Ausführungsverordnungen ist der Bundesrat zuständig – und der hat in der Tat die entsprechende Klausel ersatzlos gestrichen. Das war am 14. Mai 2003.
«Jeder gewöhnliche Bürger in diesem Staat reagiert mit Kopfschütteln und Empörung», schreibt Hoti dem K-Tipp. Denn sie hatte keine Chance, sich zu wehren. Sie wurde von der Pensionskasse auch nicht vorausinformiert.
Der heutige Direktor, Werner Hertzog, schreibt dem K-Tipp, es treffe zu, dass die Pensionskasse die Betroffenen «nicht über die bevorstehende Reglementsänderung informiert» habe. Die Publica sei der Auffassung, «dass dieses Vorgehen korrekt war und dass dadurch der Grundsatz von Treu und Glauben nicht verletzt wurde».
Klage ist noch beim Bundesgericht hängig
Auch ein nachträgliches Beziehen der Barauszahlung verweigert die Publica. Hoti ist nicht allein. Eine andere betroffene Frau, die heute aus denselben Gründen in der gleichen misslichen Lage ist, hat den Fall inzwischen vor Gericht gezogen – wurde aber enttäuscht. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hat am 1. Mai 2007 entschieden, das Vorgehen der Verantwortlichen sei we-der willkürlich, noch verstosse es gegen das Gebot der Rechtsgleichheit. Der Grundsatz von Treu und Glauben sei auch nicht verletzt. Zudem habe es 2003 noch keine allgemeine Informationspflicht der Pensionskassen gegeben.
Es besteht aber noch Hoffnung: Die betroffene Frau hat den Fall ans Bundesgericht weitergezogen, wo der Fall derzeit hängig ist. «Ich hoffe sehr auf das Bundesgericht», gibt sich Hoti zuversichtlich. «Es kann doch nicht sein, dass ausgewiesene und schriftlich bestätigte Ansprüche einfach über Nacht verschwinden.»