«Der Mobiliar-Agent hat mich reingelegt»
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K-Tipp 9/2002
01.05.2002
Schlechte Beratung: Wie ein invalider Rentner mit der Mobiliar-Versicherung und der Bank Pictet tausende von Franken verlor
Ein invalider Rentner wurde Opfer eines Mobiliar-Versicherungsagenten, der vermutlich nur seine eigene Provision im Kopf hatte: Der Agent verkaufte ihm eine Fondsanlage, die sich als nachteilig erwies.
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Am Anfang war die Hausratversicherung das Thema. Rentner G. hatte gezügelt. Also war der M...
Schlechte Beratung: Wie ein invalider Rentner mit der Mobiliar-Versicherung und der Bank Pictet tausende von Franken verlor
Ein invalider Rentner wurde Opfer eines Mobiliar-Versicherungsagenten, der vermutlich nur seine eigene Provision im Kopf hatte: Der Agent verkaufte ihm eine Fondsanlage, die sich als nachteilig erwies.
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Am Anfang war die Hausratversicherung das Thema. Rentner G. hatte gezügelt. Also war der Mobiliar-Agent Ewald Breitenmoser zu ihm nach Hause gekommen, um Anpassungen der Hausratversicherung zu besprechen.
Dann kam die Rede aufs Geld. In diesem Augenblick hätte der Rentner den Versicherungsagenten besser vor die Tür gestellt. Denn von jetzt an verlor der 75-Jährige nur noch Geld.
Zuerst riet ihm der Mobiliar-Agent, eine bestehende Lebensversicherung bei der Skandia zu kündigen und das Geld zurückzuverlangen; er verfasste sogar die entsprechenden Briefe an die Skandia.
Solche Empfehlungen sind im Beratergeschäft leider Alltag - und für Kunden immer nachteilig: Wer eine Lebensversicherung mit langjähriger Laufzeit vorzeitig kündigt (im Fachjargon zurückkauft), verliert immer Geld.
Breitenmoser malte den Teufel an die Wand: Als klar war, dass der Rückkaufswert 42 000 Franken betragen würde, behauptete er kühn, das sei ein gutes Geschäft. Einen Monat später seien wegen der sich anbahnenden Kursverluste an der Börse nur noch 30 000 zu holen, sagte er. Falsch, sagt die Skandia dazu, effektiv waren es einen Monat später 40 000 Franken.
Die nächste Empfehlung des Beraters Breitenmoser erwies sich für den Kunden als ebenso schlimm. Und sie ist nur verständlich, weil hier für den Agenten und die Mobiliar mehrere tausend Franken Provision winkten.
Die Provision betrug 3250 Franken
Konkret: Breitenmoser empfahl dem Rentner, 65 000 Franken an die Bank Pictet in Genf zu überweisen. Bestimmt war das Geld für ein Anlagefonds-Produkt namens Bestinvest.
Die erste Bankabrechnung brachte es dann an den Tag. Von den einbezahlten 65 000 gingen gleich mal 3250 Franken weg - und zwar als Provision für die Vermittler.
Rentner G. unterschrieb also für ein Finanzprodukt, das aus Sicht des Kunden sehr teuer und angesichts guter Alternativen nur bedingt zu empfehlen ist.
Kein Wunder, äussert sich der düpierte Kunde in einem Schreiben an die Bank Pictet enttäuscht: «Der Berater hat mein Vertrauen und meine Gutgläubigkeit auf die gemeinste Art missbraucht. Ich bin 75 Jahre alt und invalid - und der Berater hat dies voll ausgenützt.»
Dazu kommt, dass die Fondsanlage zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wurde, da die Börsenkurse im Sinkflug waren. «Nach nur zehn Monaten habe ich von meinen 65 000 Franken 16 700 Franken verloren», bilanziert der Kunde. «Ich bin enttäuscht und deprimiert.»
Für Versicherungskunden gibt es daraus nur ein Fazit: Wenn der Spezialist für Hausrat- oder Privathaftpflicht-Policen plötzlich ein Produkt zum Fondssparen aus dem Hut zaubert, sollten alle Alarmglocken läuten.
Auch Bankenombudsman Hanspeter Häni kennt die Problematik. «In solchen Fällen hatte ich stets den Eindruck, die Provision sei den Verkäufern wichtiger gewesen als das Kundeninteresse.» Häni hat die Bank Pictet gebeten, beim zuständigen Vertriebsträger zu intervenieren.
Wie lukrativ solche Abschlüsse für die Verkäufer sind, zeigt der konkrete Fall: Dem Agenten Breitenmoser brachte die Investition 1900 Franken, und für die Generalagentur Burgdorf, wo Breitenmoser angestellt ist, schauten auch noch 1025 Franken heraus.
Verdient hat auch die Krachpelz AG, eine Versicherungs-Beratungsfirma mit Sitz in Gümligen BE - und zwar 325 Franken.
Krachpelz fungiert für das Pictet-Fondsprodukt Bestinvest als Verkaufs-Regionalzentrum und hat ihrerseits Zusammenarbeitsverträge mit Unteragenten abgeschlossen - wie im konkreten Fall mit der Mobiliar-Agentur Burgdorf.
Immerhin haben die Beteiligten Fehler eingestanden und auch reagiert:
- Die Mobiliar sieht ein, dass man dem damals 73-jährigen Rentner nicht eine Fondsanlage mit 100 Prozent Aktien und entsprechend grossem Verlustrisiko hätte verkaufen dürfen. Vielmehr sei eine Leibrente angezeigt gewesen, die eine lebenslängliche Auszahlung ohne Börsenrisiko beinhaltet (siehe K-Tipp 1/02).
Die Vermittler zahlten ihre Anteile zurück
- Mobiliar und Krachpelz haben deshalb dem Kunden ihre Provisionsanteile von insgesamt 3250 Franken zurückerstattet. Es ist anzunehmen, dass auch die Intervention des Bankenombudsmans zu dieser Konzession beigetragen hat. Offen bleibt, ob der Verkäufer den Kunden ausreichend über die Risiken einer solchen Fondsanlage aufgeklärt hat.
- Die Bank Pictet verspricht in einem Brief an den Kunden Anstrengungen zur «Verbesserung der Beratungsqualität durch unsere Vertriebsträger». In Nummer 18/01 hatte der K-Tipp übrigens gezeigt, dass auch der ehemalige Schneeball-Aktivist Boris Jaeggi genau dieses Pictet-Produkt verkauft hatte. Die Bank Pictet räumt ein, dass solche Vorkommnisse an ihrem guten Ruf kratzen.
Provision verbarg sich hinter «Gebühr»
- Die Krachpelz AG hatte mit insgesamt drei Mobiliar-Generalagenturen einen Zusammenarbeitsvertrag, um das Pictet-Fondsprodukt zu vertreiben.
Seit 2001 dürfen Angestellte bei den Mobiliar-Generalagenturen solche Finanzprodukte nicht mehr verkaufen. Vielmehr seien jetzt die spezialisierten Finanzplanungszentren der Providentia (die ebenfalls zur Mobiliar gehört) dafür zuständig.
Dass beim Vertrieb des Pictet-Fondssparproduktes nicht alles rund läuft, zeigt auch der Fall von Liliane H. aus dem Zürcher Oberland. Sie kam in Kontakt mit einem Vertreter des AWD, einer grossen Vertriebsfirma für Versicherungen und Finanzprodukte, die immer noch mit einem schlechten Ruf zu kämpfen hat.
Und auch diese Kundin ist enttäuscht. Sie habe den AWD-Verkäufer Josef Wagner mehrmals gefragt, ob die Beratung und die Vermittlung dieses Produkts für sie gratis sei - und das habe er stets bejaht.
Die Wahrheit kam an den Tag, als die Kundin unterschrieben hatte und dann den ersten Bankauszug erhielt: Hinter der verklausulierten Zeile «Gebühr (Agio)» in der Höhe von 1325 Franken verbirgt sich die Provision, die die Beteiligten insgesamt auf Kosten der Kundin kassierten.
Der AWD sagt dazu, die Kundin habe ein Beratungsprotokoll unterzeichnet und damit bestätigt, dass der Punkt «Ausgabekommission/Gebühren» angesprochen wurde. Nur: Von Provisionen für den Vermittler, wie das im Klartext heissen müsste, ist in diesem Papier nirgends die Rede.
Fondssparen - aber richtig!
Wer seine Fondsanlage über einen Vermittler kauft, zahlt hohe Spesen. Aber es gibt günstige und valable Alternativen.
Beim Produkt Bestinvest, das von der Bank Pictet über provisionsabhängige Makler betrieben wird, handelt es sich im Prinzip um einen Vermögensverwaltungs-Auftrag: Die Firma BFW Vermögensverwaltungs AG in Zürich bündelt das Geld der Kunden und investiert es in ausgewählte Anlagefonds.
Vorteil: So erhalten auch Kunden mit kleinen Beträgen professionelle Betreuung, die sich sonst nur Millionäre leisten können.
Ähnliche Produkte haben viele Anbieter wie beispielsweise Rentenanstalt, Skandia, Bank Sarasin oder Bank von Ernst.
Nachteil: Diese professionelle Vermögensverwaltung ist teuer. Der Kunde zahlt quasi doppelt. Neben den Managementgebühren, welche schon die einzelnen Anlagefonds verlangen, zahlt der Kunde auch noch eine Gebühr (rund 1 Prozent des Anlagebetrages) an die Firma, welche die Fonds laufend für ihn beobachtet und das Geld in die jeweils ausgewählten Fonds umschichtet.
Dazu kommt, dass sich solche Produkte nur verkaufen lassen, wenn ein Vermittler dafür eine Provision erhält - die auch zu Lasten des Kunden geht.
Ob diese Mehrkosten für den Kunden durch eine bessere Rendite auf der Anlage kompensiert werden, ist mehr als fraglich.
Wer sich zutraut, Anlagefonds-Anteile selber auszuwählen und über einen günstigeren Kanal zu kaufen, hat dazu genügend Möglichkeiten. Zum Beispiel über die Direktanbieter redsafe.com (grosse Auswahl) oder Profitline (kleine Auswahl, sehr günstig).
Die nächste Ausgabe von K-Geld (Juni 2002) zeigt ausführlich, wo man günstig Fonds kaufen kann.
Hinweise zum Thema bringt auch das K-Dossier «Sparen mit Fonds», das Sie mit der Karte auf Seite 13 bestellen können.