Anita Thoma aus St. Gallen ist eine alleinerziehende Mutter. Sie verdient weniger als 60 000 Franken im Jahr. Darum hat sie Anspruch auf verbilligte Krankenkassenprämien. Ohne Verbilligung würde sie mehr als 5200 Franken pro Jahr für die Grundversicherung zahlen – mit Verbilligung nur 2200 Franken. Den Rest übernimmt der Kanton.
Laut Krankenversicherungsgesetz müssen die Kantone Versicherten «in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen» Prämienverbilligungen gewähren. Je nach Kanton ist unterschiedlich geregelt, wer auf verbilligte Prämien Anspruch hat. Massgebend sind in der Regel das Haushaltseinkommen und die Anzahl Kinder.
Im Kanton Bern etwa erhalten Einwohner nur dann verbilligte Prämien, wenn das massgebende Einkommen maximal 38 000 Franken beträgt. Bei der Berechnung werden bestimmte Positionen wie etwa Beiträge an die 3. Säule zum steuerbaren Einkommen dazugezählt. Vom resultierenden Betrag werden je nach familiären Verhältnissen Abzüge vorgenommen: bei Ehepaaren 13 000 Franken, für das erste Kind 15 000 und weitere Kinder je 10 000 Franken. Das heisst: Eine Familie mit zwei Kindern erhält in Bern Zuschüsse an die Prämien, sofern sie weniger als 76 000 Franken Einkommen hat.
Verbilligung muss man meist beantragen
Die Prämienverbilligung kommt in den meisten Kantonen nicht von allein. Nur vier deutschsprachige Kantone verbilligen die Prämien unaufgefordert: Appenzell-Innerrhoden, Bern, Uri und Wallis (siehe Tabelle im PDF). Wer hier gestützt auf die Steuerdaten Anrecht hat, erhält in der Regel automatisch vergünstigte Prämien, ohne sich um Antragsformulare und Fristen kümmern zu müssen.
Für Heidi Malnati vom Urner Amt für Gesundheit ist das nur gerecht: «Leute mit wenig Geld sollten nicht noch darum bitten müssen.» Ihnen würden unnötig Steine in den Weg gelegt. Anhand der Steuerdaten erkenne der Kanton relativ einfach, wer Anspruch habe.
Andere Kantone ziehen nach. Auch im Kanton Thurgau sollen Prämienzahler bald automatisch verbilligte Prämien erhalten und kein Formular mehr anfordern müssen. «Das spart administrative Kosten und stellt sicher, dass niemand seinen Anspruch verliert, weil kein Antrag eingereicht wurde», heisst es auf der Website des Kantons. Das Thurgauer Parlament muss die Gesetzesänderung noch gutheissen.
In den anderen Kantonen müssen Versicherte ihre Anträge bis zu einem bestimmten Datum einreichen, um die Verbilligung zu erhalten. In Appenzell-Ausserrhoden und St. Gallen beispielsweise bis Ende März des laufenden Jahres. In Schaffhausen bis Ende April und in Schwyz bis Ende September des Vorjahres.
Die Frist wurde Anita Thoma zum Verhängnis. Sie erhielt vom Kanton St. Gallen jedes Jahr ein Antragsformular, das sie ausfüllen und einreichen musste. Die Steuererklärung 2018 reichte sie jedoch krankheitshalber verspätet ein. Der Kanton schickte ihr deshalb im Folgejahr kein Formular, was Thoma vorerst nicht bemerkte. Sie stellte den Antrag erst im Mai. Die St. Galler Sozialversicherungsanstalt lehnte ihn deshalb ab. Eine Einsprache war erfolglos.
Tipp: Wer von den zuständigen Behörden nicht automatisch ein Antragsformular erhält, sollte sicherheitshalber eines verlangen, ausfüllen und einschicken.
Übrigens: Keine Angst müssen Bezüger von Ergänzungsleistungen oder Sozialhilfe haben: Sie erhalten in der Regel automatisch verbilligte Krankenkassenprämien.
Antrag stellen: Für Versicherte ohne Internet zum Teil schwierig
In den Kantonen Aargau, Bern und St. Gallen erfolgt der Antrag auf Prämienverbilligung grundsätzlich via Internet. In Bern gilt das für Ausländer und junge Erwachsene mit tiefen Einkommen (siehe Fussnote 1 in der Tabelle im PDF) und in St. Gallen für diejenigen, die keinen Antrag erhalten haben. Das macht es für Betroffene ohne Computer schwierig. Versuchen sie etwa im Aargau, einen Antrag bei der kantonalen Ausgleichskasse telefonisch zu bestellen, werden sie in der Regel an die Gemeindezweigstellen verwiesen. Es gibt im Kanton 210 Gemeinden. Doch nicht alle haben eine eigene Zweigstelle. Finden Antragsteller die zuständige Behörde, müssen sie persönlich dort vorsprechen. Ein Mitarbeiter unterstützt sie dann bei einem Internetantrag.
Laut der Pressestelle der Aargauer Ausgleichskasse können Betroffene den Antrag auch bei der Zentralstelle über das Telefon stellen – sie erfasse den Antrag. Doch als der K-Tipp das ausprobierte, wurde er an die Gemeindezweigstelle verwiesen.
Ähnlich die Situation im Kanton St. Gallen. Betroffene müssen persönlich bei der kantonalen Ausgleichskasse in St. Gallen erscheinen. Dort füllen sie das Internetformular mit einem Mitarbeiter aus.
Bürgerfreundlicher ist der Kanton Bern: Betroffene können das Formular telefonisch beim Amt für Sozialversicherungen bestellen und erhalten es dann in Papierform zugeschickt.