Des Guten zu viel getan
Der K-Tipp hat mit präparierten Digitalkameras den Reparaturservice von acht Herstellern getestet. Resultat: Fünf flickten auch Teile, die völlig intakt waren.
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K-Tipp 11/2004
02.06.2004
Markus Kellenberger - mkellenberger@ktipp.ch
Liselotte Günter aus Gerlafingen SO hatte eine nigelnagelneue Digitalkamera der Marke Pentax Optio zur Reparatur eingeschickt, weil sich schon am ersten Tag das Zoom nicht mehr einfahren liess. «Das ist kein Problem», dachte Günter, «das geht sicher auf Garantie.»
Doch davon wollte Pentax nichts wissen. Der Defekt sei auf einen Sturz zurückzuführen, teilte die Reparaturabteilung mit. Und Sturz- und Schlagschäden seien von der Garantie ausgeschlossen.
Günte...
Liselotte Günter aus Gerlafingen SO hatte eine nigelnagelneue Digitalkamera der Marke Pentax Optio zur Reparatur eingeschickt, weil sich schon am ersten Tag das Zoom nicht mehr einfahren liess. «Das ist kein Problem», dachte Günter, «das geht sicher auf Garantie.»
Doch davon wollte Pentax nichts wissen. Der Defekt sei auf einen Sturz zurückzuführen, teilte die Reparaturabteilung mit. Und Sturz- und Schlagschäden seien von der Garantie ausgeschlossen.
Günter ist nicht die Einzige, die bei einem Defekt ihrer Kamera einen solchen Bescheid erhielt. Dem K-Tipp liegen weitere ähnliche Fälle vor - und alle haben eines gemeinsam: Die Kamerabesitzer beteuern, dass ihr Fotoapparat nie heruntergefallen sei. Der Eindruck, die Hersteller drückten sich mit nicht nachweisbaren Argumenten um eine Garantieleistung, liegt deshalb nahe.
Der K-Tipp machte die Probe aufs Exempel und kaufte acht aktuelle Kompakt-Digitalkameras von verschiedenen Herstellern. Elektronikfachmann Ernst Lanz aus Huttwil BE nahm sie auseinander, manipulierte sie und schickte sie danach zur Reparatur ein (siehe Tabelle).
Grundsätzlich erfreulich an der Stichprobe ist: Jede der zurückgesandten Kameras funktioniert wieder einwandfrei und wurde kostenlos instand gestellt. Kein Hersteller verweigerte die Garantieleistung mit Argumenten wie einem Schlag- oder Sturzschaden.
Lange Wartezeiten- teure Ersatzteile
Innert 14 Tagen waren die Kameras von Canon, Epson, Fuji, Nikon und Pentax geflickt zurück. Laut Lanz ein gutes Resultat. Mit drei Wochen nur noch knapp genügend sind Sony und Olympus. Inakzeptabel lange, nämlich mehr als einen Monat, brauchte Minolta.
«Sie haben uns auf dem linken Fuss erwischt», meint dazu Franz Rehmann von Minolta. Der K-Tipp habe die Kamera ausgerechnet in der Schlussphase eines Umstellungsprozesses eingeschickt, der zum Ziel habe, die Reparaturzeiten deutlich zu senken. Die früheren Missstände seien nun in diesen Tagen endgültig behoben worden.
Der K-Tipp fragte bei allen Herstellern nach, was die aufgrund der Reparatur-protokolle gemachte Arbeit nach Ablauf der Garantie gekostet hätte. Dabei zeigten sich grosse Unterschiede: Bei Canon, Epson und Pentax hätte die Reparatur nach Ablauf der Garantiezeit rund 80 Franken gekostet. «Das ist ein branchenüblicher Ansatz für eine rasch gemachte Routinereparatur», sagt dazu Ernst Lanz. Teurer, aber noch im Rahmen, wäre es bei Nikon mit 100 Franken und Fuji mit 120 Franken geworden.
Eindeutig über die Stränge geschlagen haben aber drei Firmen. Die Reparatur hätte bei Minolta 180, bei Olympus 230 und bei Sony happige 350 Franken gekostet. Grund: Sie alle steckten nicht einfach das lose Kabel wieder ein, sondern ersetzten gleich ganze Komponenten der Kameras.
Als Grund dafür geben alle automatisierte Abläufe in den Reparaturabteilungen an, das heisst, die Kameras werden häufig zuerst mit einem Computerprogramm durchgecheckt. Bei der Sony-Kamera beispielsweise hatte das manipulierte Kabel zur Folge, dass ein wichtiges Bauteil nicht mehr richtig funktionierte - und das wurde ohne weitere Kontrolle ersetzt.
Computer-Check: Nur für Firmen ein Vorteil
Alfred Kaufmann, Professor für Elektrotechnik an der Fachhochschule Burgdorf BE, erstaunt das nicht. «In vielen Reparaturabteilungen sind die Abläufe standardisiert», sagt er. Das bedeute aber auch: Die Techniker verlassen sich bei der Fehlersuche nur noch auf die Analyseprogramme ihrer Computer.
Aber: «Mit dieser Methode lassen sich simple Fehler wie ein loses Kabel kaum mehr entdecken», meint Kaufmann. Den meisten Firmen sei das egal, denn sie sparen durch die automatische Fehlersuche viel Zeit und verdienen erst noch Geld. Denn auch für unnötige Reparaturen und Ersatzteile bezahlt am Schluss der Kunde.
Digitalkameras: Unnötige Reparaturen auf Kosten der Kunden
Der K-Tipp hat acht aktuelle und vergleichbare Kompakt-Digitalkameras im Preissegment zwischen 400 bis 1000 Franken gekauft. Ein Fachmann hat die Kameras auf ihr tadelloses Funktionieren hin geprüft und sie danach manipuliert: Die Kameras wurden geöffnet und eine einzige leicht zugängliche Steckverbindung wurde gelöst. Bei jeder Kamera hatte das eine andere Störung zur Folge.
Die so präparierten und wieder zusammengebauten Kameras wurden danach von einem Fachgeschäft samt Garantieschein zur Reparatur an die Hersteller eingeschickt. Drei der acht Hersteller brauchten für die Reparatur inklusive Postweg länger als zehn Tage. Und fünf stellten nicht einfach nur die unterbrochene Steckverbindung wieder her, sondern ersetzten oder reparierten unnötig weitere Teile der Kameras.
Rangiert wurde nach den Reparaturkosten, die nach Ablauf der Garantiezeit angefallen wären.