Mitten in der Zeit, in der Bundesrat Berset ­überfüllte Intensivstationen vorhersagte und ­andere Schreckensszenarien entwarf, erhalte ich einen Brief der Schweizer Berghilfe – ­gerichtet an «alle Unterländer, die seit Corona die Berge noch mehr lieben». Dazu gehöre ich nicht. Denn meine Liebe zu den Bergen ist dauerhaft gross – und ziemlich unabhängig von Corona. Aus dem Faltblatt blickt mir nun ein Bergbauer entgegen, die Ärmel nach hinten ­gekrempelt. Darüber der Titel «Viele Berg­betriebe liegen auf der Intensivstation».

Die Schweizer Berghilfe schlägt Alarm und ­be­hauptet: Die Berggebiete seien landesweit am ­meisten von Corona betroffen. Gefolgt von ­einem Einzahlungsschein und dem Aufruf: ­«Gemeinsam mit Ihnen holen wir die Bergler aus dem Tief.»

Auch nach mehrmaligem Lesen erschliesst sich mir nicht, weshalb Berggebiete besonders hart unter den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie leiden sollen. Laut dem Wirte­verband fehlen besonders in städtischen Beizen und Bars die Gäste, und vermehrt in städtischen Hotels fehlen die Touristen. So viele Schweizer wie noch nie verbrachten ihre Ferien und freie Wochenenden in den Bergen. Lebensmittelhändler mit Produkten von Bergbauern machen Rekordumsätze und Alpläden werden bestürmt. Produkte von regionalen Bauern sind gefragt wie noch nie. 

Der Spendenaufruf an uns Unterländer wurde in Adliswil ZH – 451 Meter über Meer – verschickt. Dort, in den Zürcher Büros der Berghilfe, scheint die Not überschaubar, wie ich mit einem Blick in den Jahresbericht von Anfang März sehe: Die Stiftung sitzt auf 133 Millionen Franken Reserven. Die Geschäftsleitung hat sich vergangenes Jahr 650 000 Franken ausbezahlt – 170 000 Jahreslohn pro Kopf. Ein Salär, das manch hart arbeitenden Bergbauern wohl in ein mentales Tief stürzen dürfte.