Die grossen Irrtümer der modernen digitalen Welt
Je mehr Megapixel, desto besser die Kamera. Je mehr Megahertz, desto schneller der Computer. MP3 hat CD-Qualität. Was all diese Behauptungen gemeinsam haben? Sie sind alle falsch!
Inhalt
K-Tipp 14/2005
07.09.2005
Bernhard Matuschak - redaktion@ktipp.ch
Behauptung 1: Je mehr Megapixel, desto besser die Kamera
Beim Kauf einer digitalen Kamera sollte man sich nicht von einer hohen Megapixel-Zahl beeindrucken lassen. Ob das Gerät über drei, vier oder fünf Megapixel verfügt, spielt für den hobbymässigen und den halbprofessionellen Einsatz in der Regel nämlich keine Rolle. Bereits 2,1 Megapixel reichen für Fotos im Format 10 x 15 bis 11 x 13 Zentimeter völlig aus.
«Wer ausschliesslich auf die Megapixel schielt...
Behauptung 1: Je mehr Megapixel, desto besser die Kamera
Beim Kauf einer digitalen Kamera sollte man sich nicht von einer hohen Megapixel-Zahl beeindrucken lassen. Ob das Gerät über drei, vier oder fünf Megapixel verfügt, spielt für den hobbymässigen und den halbprofessionellen Einsatz in der Regel nämlich keine Rolle. Bereits 2,1 Megapixel reichen für Fotos im Format 10 x 15 bis 11 x 13 Zentimeter völlig aus.
«Wer ausschliesslich auf die Megapixel schielt, lässt sich blenden. Viel wichtiger ist ein schneller Prozessor mit kurzer Auslöseverzögerung. Ausserdem spielen die Lichtstärke des Objektivs und die Farbechtheit bei der Bildwiedergabe eine mindestens ebenso wichtige Rolle», sagt Heidi Hostettler, Fotografie-Expertin an der ETH Zürich. Auf eine sehr hohe Megapixel-Zahl kommt es erst dann an, wenn man Ausschnitte aus einem Foto vergrössern oder Poster ausdrucken möchte.
Behauptung 2: MP3 hat CD-Qualität
Diese Aussage ist schlicht und einfach falsch, darin sind sich die Akkustikspezialisten einig. Das MP3-Format ist ein Komprimierungsformat, das CD-Dateien bis auf einen Zwölftel ihres ursprünglichen Umfangs verkleinert. Und das führt zwangsläufig zu Qualitätsverlusten. Je kleiner die Datei, desto grösser der Klangverlust.
Beim mobilen Einsatz für den MP3-Player werden die Musikdateien mit einer Bit-Rate von 64 Kilobit pro Sekunde digitalisiert, die Standard-Qualität bei Online-Musikportalen liegt bei 128 kBit. Das ist klar zu wenig: Denn CD-Qualität entsprechen 192 kBit pro Sekunde. Hörbar wird der Qualitätsunterschied, wenn man die Musik über eine gute Stereoanlage abspielt. Ab einer Bit-Rate von 100 Kilobit ist der Klangverlust für ungeübte Hörer allerdings kaum mehr wahrnehmbar.
Behauptung 3: Mit Preselect kann man nur über den gewählten Betreiber telefonieren
Immer mehr Telefonkunden setzen auf die günstige «Preselection». Dabei wird der gewünschte Anbieter automatisch im Netz einprogrammiert und alle Telefonate laufen dann über dessen Leitungen. Dennoch ist der Kunde seinem Betreiber nicht auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Möchte man etwa für Auslandgespräche die günstigeren Tarife anderer Anbieter nutzen, muss man sich nur bei der Konkurrenz (unverbindlich) anmelden und dann vor der anzuwählenden Rufnummer die jeweilige Vorwahl des gewünschten Netzbetreibers eingeben (Nummern, siehe nächste Spalte). So kann man über Swisscom Fixnet oder Tele2 telefonieren, obwohl man bei Sunrise angemeldet ist.
Besonders viel Geld sparen kann, wer lange und häufig in ferne Länder telefoniert. So kostet beispielsweise ein Gespräch vom Schweizer Netz ins brasilianische Festnetz tagsüber im Normaltarif bei Tele2 29 Rappen pro Minute. Sunrise verlangt 50 Rappen und Fixnet von Swisscom 65 Rappen.
Die Vorwahlnummern der Betreiber lauten: Sunrise: 10 707; Swisscom Fixnet: 10 741; Tele2: 10 753.
Behauptung 4: Je mehr Megahertz, desto schneller der PC
Die Anzahl Megahertz gibt zwar die Geschwindigkeit des Prozessors, des Herzstücks des Computers, an, aber: «Der Computer ist nur schnell, wenn auch die Verbindung zwischen Prozessor und Grafikkarte beziehungsweise der Arbeitsspeicher schnell sind. Diese Verbindung nennt man Datenbus. Sie ist vergleichbar mit der Hauptschlagader des Körpers», erklärt Pamela Kunz von Apple Schweiz. Auch der schnellste Prozessor und der beste Arbeitsspeicher nützten deshalb nichts, wenn die Verbindung dazwischen langsam sei. Dann wird der Computer ebenfalls langsam sein.
Entscheidend sei zudem, so Kunz, wie viele Befehle pro Takt abgearbeitet werden können. «Wenn man den Hausrat von Basel nach Zürich zügelt, nützt einem der schnellste PKW nichts, wenn man fünfmal fahren muss. Dann wäre ein langsamer LKW schneller.»
Behauptung 5: Auf Waren, die bei Online-Auktionen gekauft wurden, gibt es keine Garantie
«Für Online-Auktionen gelten dieselben Regeln wie beim Kauf im Ladengeschäft», sagt der auf Internet-Recht spezialisierte Jurist David Rosenthal. «In der Schweiz gibt es zwar kein gesetzliches Umtauschrecht, es sei denn, der Verkäufer gewährt es freiwillig oder die Parteien machen es so ab. Der Online-Ersteigerer hat aber dieselben Garantieansprüche wie beim Ladenkauf, wenn sich die Ware als mangelhaft erweisen sollte, unabhängig davon, ob der Verkäufer eine Privatperson oder ein kommerzieller Anbieter ist.» In anderen Ländern wie zum Beispiel in Deutschland geniesst der Konsument einen weitergehenden Schutz. Dort gilt auch bei Online-Auktionen unter Umständen ein Rücktrittsrecht. Kaufen Schweizer Konsumenten in Deutschland online ein, gilt jedoch das weniger konsumentenfreundliche Schweizer Recht.
Behauptung 6: CDs und DVDs halten ewig
Vor 20 Jahren begann der Siegeszug der CD. Die «Silberlinge» wurden wegen ihrer Klangqualität und der angeblichen Unzerstörbarkeit gefeiert. Heute weiss man, dass die Haltbarkeit der mit Klarlack und Aluminium beschichteten Polycarbonatscheiben begrenzt ist.
Auf 25 bis maximal 30 Jahre schätzt Ingo Schneider von einer CD- und DVD-Herstellerfirma in Romanshorn TG die Lebensdauer der Scheiben. «Im Laufe der Jahre reagiert das Aluminium mit Sauerstoff- und Wassermolekülen und wird durchsichtig. Die Vertiefungen in der Polycarbonatschicht bleiben zwar erhalten, doch der Laserstrahl, der die Vertiefungen auf der CD oder DVD abtastet und wiedergibt, wird nicht mehr reflektiert. Damit wird der Datenträger unlesbar.»
Behauptung 7: Es gibt keine Viren für Handys
Noch treten Handyviren in der Schweiz selten auf, dennoch könnten die elektronischen Erreger bald Millionen von Natels lahm legen. Im schlimmsten Fall droht dabei der Totalausfall des Geräts. Die neue UMTS-Technologie fördert die Virenverbreitung zudem, da immer mehr Geräte permanent online geschaltet sind.
Alle grossen Mobilfunkbetreiber in der Schweiz haben deshalb bereits Abwehrmassnahmen ergriffen. Den besten Schutz bietet jedoch das umsichtige Verhalten des Handynutzers selbst. Damit ein Virus aktiv werden kann, muss seine Installation zuvor nämlich meist bestätigt werden. Wer dies nicht tut, kann auch nicht «angesteckt» werden.
Behauptung 8: Das Öffnen einer E-Mail alleine ist ungefährlich
Die meisten Viren und Würmer verbergen sich in E-Mail-Anhängen, den so genannten Attachments. Dennoch können sie Schaden anrichten, auch wenn man den Anhang noch gar nicht aktiv geöffnet hat. Dies liegt daran, dass manche E-Mail-Programme Attachments automatisch öffnen und damit den Viren Tür und Tor aufsperren.
Eine Möglichkeit, sich gegen die Gefahr zu schützen, bieten so genannte Pop3- Scanner. Diese sind oft in Antiviren-Programmen integriert. Pop3-Scanner überprüfen jede ankommende E-Mail auf potenziell gefährliche Daten und lassen nur sichere E-Mails passieren. Verdächtige Post wird - je nach Einstellung des Pop3- Scanners - in ein Quarantäne-Verzeichnis verschoben oder gelöscht.
Kennen Sie weitere verbreitete Irrtümer, die sich hartnäckig halten? Sind Sie schon «Opfer» davon geworden? Diskutieren Sie mit unter www.ktipp.ch.