Vorgängige Genehmigung
«Warnen Sie Ihre Leser vor solchen Mätzchen», heisst es im E-Mail eines Lesers aus der Region Zürich. Der Mann betreut eine betagte Frau, die bei der Krankenkasse Supra die Zusatzversicherung Natura R3 hat. Gemäss den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) hat sie auch Anspruch auf Haushalthilfe – bis zum Betrag von 1500 Franken pro Jahr.
Eine Haushalthilfe brauchen sehr kranke Menschen sowie manche Patienten nach einem Spitalaufenthalt. Dann hilft die Spitex auch beim Kochen und Putzen. Die Haushalthilfe wird aber nicht von der obligatorischen Grundversicherung bezahlt, sondern nur von freiwilligen Zusatzversicherungen – wie zum Beispiel Natura R3 der Supra.
Doch die Supra schreibt in den AVB auch, die Haushalthilfe werde nur «nach vorgängiger Genehmigung» bezahlt. Genau dies wurde der betagten Frau zum Verhängnis. Für 2011 konnte sie die vollen Leistungen beziehen – doch die Rechnungen für 2012 schickte die Supra zurück – mit dem Vermerk, fürs neue Jahr fehle die vorgängige Genehmigung.
Die Supra lenkte erst ein, als sich der Ombudsman der Krankenkassen einschaltete. Und vor allem deswegen, weil die Betagte im April 2012 in ein Altersheim verlegt wurde. Die Supra zahlte somit 806 Franken auch in der Annahme, dass die Frau nie mehr Haushalthilfe beziehen werde. Die Kasse betont aber, formell sei die Leistungsverweigerung korrekt gewesen. Ob ein Gericht das auch so sehen würde, ist fraglich. Supra steht mit dieser Bedingung allein auf weiter Flur.
Für den Betreuer der Frau ist klar: «Das ist unglaublich schäbig. Solche Bestimmungen zielen nur darauf ab, die Kunden in die Falle tappen zu lassen, um sich vor Zahlungen drücken zu können.»
Meldefrist beim Taggeld
Auch bei der Taggeldversicherung kann es passieren, dass der Kunde zwar formell einen klaren Anspruch hat, von der Krankenkasse aber trotzdem nichts erhält.
Diese bittere Erfahrung machte ein Mann aus dem Thurgau, der von Mitte Januar bis Mitte April 2012 arbeitsunfähig war. Als er Ende April seinen Anspruch von 1680 Franken bei der Swica einfordern wollte, lehnte diese ab. Er habe die Krankmeldung zu spät eingeschickt.
Diese Schikane ist branchenüblich. Krankenkassen und Versicherungsgesellschaften, die Taggelder verkaufen, haben in den AVB Meldefristen festgelegt. Und dazu die Bestimmung, dass es bei verspäteter Anmeldung kein Geld gibt oder weniger. Üblich sind – je nach Versicherungsdeckung – Meldefristen von fünf Tagen bis vier Wochen. Die Zählung beginnt je nach Versicherer entweder bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder nach Ablauf der vereinbarten Wartefrist.
Taggeldversicherte sollten also die Regelungen in den AVB genau lesen und sich sofort melden, wenn sie vom Arzt krankgeschrieben sind. Die entsprechenden Bestimmungen finden sich unter den Stichwörtern Obliegenheiten, Verhaltenspflichten, Meldepflichten, Mitwirkungspflichten usw.
Bei den Taggeldern ist punkto Sanktionen noch zu unterscheiden:
- Bei den Taggeldern nach dem Krankenversicherungsgesetz KVG darf es nur Kürzungen geben, wenn die Verspätung sehr gross ist. Die Strafe muss verhältnismässig sein. Das heisst zum Beispiel: Wenn die Krankenkasse bei einem KVG-Taggeld eine Meldefrist von fünf Tagen kennt, darf sie es nicht kürzen, wenn sich der Kunde zum Beispiel erst nach sieben oder zehn Tagen meldet.
- Bei den Taggeldern nach dem Privatversicherungsgesetz VVG gilt das Privatrecht. Hier muss man die entsprechende Formulierung in den AVB genau anschauen, um zu beurteilen, ob eine Sanktion nach verspäteter Meldung zulässig ist. Fragen Sie einen Rechtsberater oder einen Anwalt.
Tipp für Firmen: Viele Unternehmen haben für ihre Angestellten eine
Kollektiv-Krankentaggeldversicherung. Auch dort gibt es Meldefristen – und es kann passieren, dass die Versicherung bei verspäteter Meldung auf die Zahlbremse tritt.
Übrigens: Nachdem sich der K-Tipp bei der Swica gemeldet hatte, erhielt der erwähnte Mann seine 1680 Franken doch noch. «Wir wenden diese Bestimmung nur an, wenn es sinnvoll ist», sagt die Swica. Der Mann habe sich einer Gallenstein-Operation unterziehen müssen. Und da habe die Krankenkasse keine Möglichkeit gehabt, auf den Heilungsverlauf Einfluss zu nehmen. Das ist ein Hinweis auf die Gründe für diese Wartefristen. Die Versicherer sind der Meinung, die frühe Meldung sei wichtig, um die Arbeitsunfähigkeit zu überprüfen. Und die CSS ergänzt, stellvertretend für die Branche: «Eine möglichst schnelle Meldung der Arbeitsunfähigkeit ist entscheidend für die Wiederintegration des Erkrankten in den Arbeitsprozess.»
Nachmeldung von Notfällen
Aufpassen müssen auch Versicherte, die in der Grundversicherung das Telemedizinmodell zum Prämiensparen abgeschlossen haben. Sie verpflichten sich, vor jedem Arztbesuch eine medizinische Hotline anzurufen – ausser in Notfällen.
Für diese Patienten halten einige Versicherer eine weitere Schikane bereit: Sie verlangen eine baldige Nachmeldung, ansonsten zahlen sie den Arztbesuch nicht. Die CSS verlangt eine Nachmeldung sogar innert 5 Tagen.
Ähnliches gilt für Versicherte mit Hausarztmodell. Sie müssen mit jedem medizinischen Problem zum gewählten Hausarzt – aber nicht in Notfällen. Auch dafür verlangen einige Versicherer eine baldige Meldung.
Allerdings: Ob ein Gericht eine Leistungsverweigerung aufgrund einer verpassten Notfall-Nachmeldung absegnen würde, ist mehr als fraglich.
Keine Leistung im 1. Jahr
Es stand schon im K-Tipp 12/2010: Wer bei der Groupe Mutuel die Zusatzversicherung Hôpital Senior abschliesst, hat gemäss AVB während der ersten zwölf Monate keinen Anspruch auf Leistungen. Das heisst: Betroffene sind zwar beispielsweise für die halbprivate Abteilung versichert, müssen aber im ersten Jahr trotzdem in die allgemeine Abteilung – oder den Aufpreis selber zahlen.
Der «Kassensturz» berichtete im September 2012 über ein Ehepaar, das durch diese Bestimmung getäuscht wurde: «Wir zahlen, sind aber nicht versichert.»
Ob die Policen-Verkäufer der Groupe Mutuel ihre Kunden immer auf diese schikanöse und einzigartige Karenzfrist hinweisen, ist fraglich. Die Groupe Mutuel schreibt, die Kunden würden jeweils ein Schreiben mit einem Verweis auf die Klausel erhalten. Das Schreiben liegt dem K-Tipp vor – es ist kein Muster an Klarheit.
Wincare-Versicherte können leicht wechseln
Die superteure Krankenkasse Wincare gehört zur Sanitas. Für einen Wechsel zur Muttergesellschaft genügt ein Telefonanruf.
Beim K-Tipp meldeten sich in den letzten Tagen etliche Versicherte der Wincare. Dabei stellte sich heraus: Viele wissen gar nicht, dass sie offiziell Wincare-Kunden sind. Die Wincare ist zwar eine separate Krankenkasse mit eigenen Prämien, gehört aber der Sanitas-Gruppe. Und die Muttergesellschaft macht alles, um dies zu kaschieren. Das zeigt sich etwa am Versicherungsausweis für Wincare-Kunden (Bild): Dort ist nur das Logo der Sanitas zu sehen.
Sanitas hat die Wincare-Versicherten auch noch nie darauf hingewiesen, dass viele von ihnen viel Geld sparen können, wenn sie zur Sanitas wechseln. In Basel-Stadt zum Beispiel beträgt die Standardprämie der Wincare Fr. 691.30 im Monat, diejenige der Sanitas Fr. 514.80 – ein Unterschied von Fr. 176.50. Im Kanton Aargau beträgt er Fr. 95.30.
Solche Differenzen gibts in den meisten Kantonen. Einzig in Neuenburg, Nidwalden, Uri und Wallis ist die Sanitas teurer als Wincare. Die Sanitas-Direktion hat dem K-Tipp bestätigt: Wer von der Wincare zur Sanitas möchte, muss keinen Kündigungsbrief schicken. Ein Anruf auf die Service-Hotline genügt für einen Wechsel. Noch mehr sparen können Wincare-Kunden, wenn sie von der Sanitas-Gruppe zur günstigsten Krankenkasse wechseln.
