Die Primitivo-Traube wächst im Süden Italiens, in Apulien. Im besten Fall sind die Weine kräftig, aber auch frisch und gut strukturiert. Sonne und Hitze lassen Zucker- und Alkoholgehalt ansteigen. Das macht die meisten Primitivo kräftig und schwer. In den letzten Jahren wurden die Weine auch zunehmend süsslich.
Als Restzucker oder Restsüsse bezeichnet man den nicht vergorenen Zucker im Wein. Kleinere Mengen davon machen ihn nicht süss, sondern weich und mild. Weine mit Restzucker schmecken deshalb in der Regel harmonisch. Nur: Oft wird die Restsüsse auch eingesetzt, um Produktionsfehler zu übertünchen. Fehlt als Ausgleich zum Zucker eine entsprechende Säure, wirkt der Wein flach und langweilig. Solche Weine erinnern an Sirup oder Konfitüre. Nach einem Glas hat man bereits genug.
Bereits vor fünf Jahren bemängelte die damalige K-Tipp-Jury der Primitivo-Degustation bei vielen Flaschen die Süssigkeit der Weine in Verbindung mit unreifer Säure oder derben Gerbstoffen (K-Tipp 7/2012). Die aktuelle Degustation zeigt: Die Weine sind nicht besser geworden. Die Kritik an den 14 Weinen von Grossverteilern fiel dieses Mal gar noch deutlicher aus: Entweder waren die Weine zu süss und plump, oder es störten unreife Aromen.
Die Jury war sich einig: «Grün und grob, kaschiert mit Süsse. Üppige Primitivo wären okay, wenn die Süsse durch die Säure gestützt würde.» Und: «Zu viel Restzucker, der schäbiges Ausgangsmaterial überdecken soll.» Die meisten Weine schmeckten ähnlich. Neun erhielten die Note «genügend», fünf «ungenügend» – darunter die teuersten zwei Flaschen von Coop und Aldi für je Fr. 19.95.
Denner, Lidl, Coop und Landi verweisen in ihren Stellungnahmen auf die grosse Beliebtheit der degustierten Weine bei der Kundschaft. Coop schreibt, interne Nachdegustationen hätten die Bewertung der K-Tipp-Jury nicht bestätigt. Aldi liess einen eigenen Önologen nachdegustieren. Fazit: «Dieser bestätigt die vom K-Tipp erwähnte Restsüsse im Wein.» Gemäss Aldi ist diese Süsse jedoch bei der Kundschaft «ein gefragter Weintrend».
Die Fachjury
Die Jury hat die Weine wie immer blind degustiert und anhand der gebräuchlichen 20-Punkte-Skala benotet.
Für den K-Tipp degustierten:
Hans Georg Babits, Weinakademiker, Académie du vin
Ursula Geiger, Önologin und Redaktorin «Vinum»
Andreas Keller, Presse- und Eventagentur für Wein
Andrin Willi, Chefredaktor «Marmite»
Eva Zwahlen, Weinjournalistin