Die Post baut ihre Dienstleistungen seit Jahren radikal ab. Vor zwei Wochen gab sie bekannt, in den nächsten vier Jahren weitere 600 ihrer noch verbliebenen 1400 Poststellen abzubauen. Die Gewerkschaft Syndicom spricht vom «massivsten Abbau in der Geschichte der Post».
Die Post machte die Abbaupläne wohl nicht zufällig erst im Herbst publik. Vorher bekämpfte sie mit Hilfe der Gewerkschaften die Initiative «Pro Service public», die im Juni zur Abstimmung kam. Das Volksbegehren des K-Tipp wollte unter anderem den weiteren Abbau der Post-Dienstleistungen verhindern.
Umsätze steigen in vielen Post-Bereichen
Wie aber akzeptiert die Bevölkerung die Sparmassnahmen beim Kundenservice am ehesten? Indem man die Leute glauben macht, es gehe nicht anders. So titelte etwa die «Sonntagszeitung» nach der Post-Medienkonferenz: «Poststellen: Tiefere Umsätze zwingen zu noch grösserem Abbau.»
Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache, die Umsätze der Post sinken nicht ständig. Im Gesamtkonzern war der Umsatz 2015 über 300 Millionen Franken höher als vor zehn Jahren, bei Postfinance über 500 Millionen höher. Im Bereich Postmail (Briefpost) lag er letztes Jahr nur wenig tiefer als der Durchschnitt der letzten zehn Jahre, aber höher als in den Jahren 2009 bis 2011. Bei Postlogistics (Paketpost) sind die Umsätze gar steigend: 2015 lag der Ertrag klar über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre.
Nicht nur die Umsatzentwicklung des Postkonzerns kann sich sehen lassen, auch die Gewinne sprudeln. Die jährlichen Betriebsergebnisse in den letzten zehn Jahren lagen zwischen 721 und 930 Millionen Franken. Das letzte Jahr schloss mit 823 Millionen etwa in der Mitte ab – 20 Millionen über dem Vorjahr.
Schalter: Kein starker Umsatzrückgang
Klar ist: Solche Zahlen zwingen nicht zu einem Abbau. Deshalb behauptet die Post nun, die Umsätze am Schalter seien «insgesamt sehr stark zurückgegangen». Doch auch das stimmt nicht. Im Durchschnitt der Jahre 2006 bis 2015 betrug der Ertrag am Schalter 1,62 Milliarden Franken – letztes Jahr gemäss Rechnung der Post 1,60 Milliarden.
Selbst wenn die Umsätze der Poststellen zurückgingen, hätte sich die Post das selbst zuzuschreiben: Mit jeder Schliessung einer Poststelle sinkt der Gesamtumsatz der Schalter. Letztes Jahr beispielsweise wurden 98 Postfilialen für immer geschlossen.
Zudem legt die Post selbst fest, wie viel vom Umsatz am Schalter sie Postmail, Postlogistics oder Postfinance gutschreibt. Und wie viel der Kostenstelle Postfilialen. Je nachdem, was der Konzern dem Bereich «Poststellen und Verkauf» zurechnet, kann das Unternehmen das Ergebnis besser oder schlechter aussehen lassen.
Beispiele: Der Betrieb der Postfächer läuft nicht mehr über den Bereich Poststellen und Verkauf, sondern über Postmail. Und Geschäftskunden mit über 25 000 Franken Jahresumsatz gehören zu Postmail sowie Postlogistics.
Post-Sprecher Oliver Flüeler bestätigt, dass der Konzern den Poststellen immer wieder Aufgabenbereiche weggenommen hat. Es seien aber auch neue hinzugekommen. Das erkläre die Umsatzschwankungen. Für den Poststellenumbau seien weniger die Umsätze des Bereichs massgebend, als der Rückgang der Mengen am Schalter.
Politiker unterstützen Abbaupläne
Unterstützung finden die Abbaupläne bei den Politikern. Die für die Post zuständige Kommission des Nationalrats zeigte Verständnis für den Abbau von weiteren 600 Poststellen. Die Post müsse ihre Angebote «dem Wandel in Gesellschaft und Wirtschaft anpassen können». Kritik übte die Kommission laut Medienmitteilung nur an der Adressbearbeitung in Vietnam («Saldo» 1/2015).