Ohne Portoerhöhungen sei «die Grundversorgung in Gefahr», also die Zustellung von Briefen und Paketen in der Schweiz. Das sagte Postchef Roberto Cirillo Anfang März gegenüber Medien. Dabei erhöhte die Post die Preise erst vor einem Jahr letztmals. Das Porto für einen A-Post-Brief stieg von Fr. 1.– auf Fr. 1.10, bei B-Post-Briefen von 85 auf 90 Rappen. Zusätzlich führte die Post neue Gebühren ein, etwa für die Zolldeklaration.
Millionengewinne mit Briefen
Klar ist: Die Post-Chefs jammern grundlos. Der Finanzbericht 2022 zeigt: Das Brief- und Paketgeschäft brachte letztes Jahr einen Gewinn von 358 Millionen Franken ein.
Die Post behauptet, die Menge der verschickten Briefpost sei letztes Jahr um 3,7 Prozent gesunken. Gegenüber dem K-Tipp gibt die Post aber weder den Umsatz noch den Gewinn bei der Briefpost bekannt.
Rechne: Der Portoaufschlag lag zwischen 6 Prozent (B-Post) und 10 Prozent (A-Post). Selbst bei einem Rückgang der Briefmenge um 3,7 Prozent wäre der Ertrag 2022 weit grösser gewesen als im Vorjahr.
Mit der Briefzustellung erzielte die Post seit 2010 Jahr für Jahr dreistellige Millionengewinne. Seit dem Jahr 2021 weist sie diese Überschüsse nicht mehr separat aus, sondern nur noch zusammen mit den Gewinnen im Paketgeschäft. So verschleiert sie, wie lukrativ das Monopolgeschäft mit den Briefen tatsächlich ist («Saldo» 13/2021).
Die Post schreibt dem K-Tipp, sie erhöhe das Porto vorausschauend, weil in Zukunft mit sinkenden Briefmengen zu rechnen sei. Preisüberwacher Stefan Meierhans kommentierte die Tariferhöhungen bisher nicht. Er schreibt dem K-Tipp, er werde den Antrag der Post demnächst «kritisch prüfen».
Auch die Postfinance ist hochprofitabel
Der Finanzbericht der Post zum letzten Geschäftsjahr macht zudem deutlich: Auch die Postfinance ist höchst profitabel (229 Millionen Gewinn). Das Eigenkapital der Post steigt Jahr für Jahr. Seit 2016 verdoppelte es sich auf fast 10 Milliarden Franken. Allein im vergangenen Jahr wuchs es um 966 Millionen Franken.
Rote Zahlen nur bei Firmenkäufen
Verluste machen nur die von der Post gekauften IT-Unternehmen, die etwa Datenclouds oder Sicherheitssoftware für Unternehmen verkaufen. Mit anderen Worten: Sie sind in Geschäftsgebieten tätig, die nichts mit dem eigentlichen Zweck der Post zu tun haben. Recherchen des K-Tipp zeigen: Für den Kauf von 23 Firmen gab die Post in den letzten zwei Jahren über 320 Millionen Franken aus. Die Firmen bescherten der Post vergangenes Jahr Verluste von 72 Millionen Franken.
Kahlschlag bei den Postfilialen, Tausende Arbeitsplätze weniger
Die Post gehört der Eidgenossenschaft, also der Schweizer Bevölkerung. Doch ausgerechnet beim Service public wird gespart: In den vergangenen fünf Jahren schloss die Post 416 Filialen und baute an den Schaltern 2000 von 5400 Arbeitsplätzen ab. Und bei den verbliebenen 773 Poststellen kürzte die Post teilweise die Öffnungszeiten. 37 Poststellen sind heute weniger lange geöffnet als noch vor einem Jahr.
Am meisten baute die Post in Rapperswil SG ab: Dort sind die Schalter nur noch 45 statt 63 Stunden pro Woche geöffnet. Die Post verkürzte die Öffnungszeiten auch in Städten wie Olten SO, Landquart GR und Lugano TI. Immerhin: In 13 Filialen wurde die Schalterzeit um einige Stunden verlängert.