Rentner Franz Brun aus Urdorf ZH half seiner Schwester Ende des vergangenen Jahres bei Computerproblemen. Sie gab dem 67-Jährigen dafür 350 Franken. Doch Brun wollte für seine Hilfe kein Geld. Darum schickte er es Ende Januar eingeschrieben zurück. Denn die Post schreibt auf ihrer Internetseite: «Versenden Sie wichtige, wertvolle und terminlich relevante Sendungen in der Schweiz per Einschreiben.» Dafür hafte die Post «bis 500 Franken».
Das Einschreiben kam nie bei Bruns Schwester an. Sie war nicht zu Hause, als die Briefträgerin klingelte.Diese hinterliess im Briefkasten eine Abholeinladung. Als Franz Bruns Schwester den Brief in der Poststelle Willisau LU in Empfang nehmen wollte, war er nicht mehr auffindbar. Franz Brun verlangte darauf von der Post Schadenersatz – und erhielt eine Absage: «Der Brief enthielt Bargeld/Banknoten. Daher übernehmen wir keine Haftung.»
Tatsächlich zeigen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) bei «Postdienstleistungen für Privatkunden», dass die Post ihre Haftung für verschicktes Bargeld ausschliesst. Dort heisst es bei den «Haftungsbestimmungen für das Inland»: «Sofern nachfolgend produktespezifisch nichts anderes geregelt ist», hafte die Post «nicht bei höherer Gewalt, für Folgeschäden, verdorbene oder verschmutzte Waren, beschädigte Verpackungen, Bargeld und entgangenen Gewinn oder weitere Schäden, die nicht grobfahrlässig oder absichtlich verursacht worden sind». Den Haftungsausschluss für Bargeld fügte die Post 2022 ein, ohne die Kunden zu informieren – zuvor war die Haftung nur für Auslandsendungen ausgeschlossen (K-Tipp 14/2016).
«Haftungsausschluss ist nicht möglich»
Frédéric Krauskopf, Professor für Zivilrecht an der Universität Bern und Experte für AGB, hält den Haftungsausschluss der Post aus mehreren Gründen für problematisch. So sei fraglich, ob die erwähnten AGB überhaupt Vertragsbestandteil sind. Das wäre dann der Fall, wenn den Kunden die AGB ausgehändigt würden oder wenn die Post sie auf aufgelegte AGB hinweise, sagt Krauskopf. Bei Franz Brun geschah das nicht.
Zudem: Selbst wenn die AGB anwendbar wären, müsste sich die Post laut Krauskopf ans Postgesetz halten. Es sieht vor, dass die Post ihre Haftung für nicht eingeschriebene Sendungen beschränken oder ausschliessen kann: «Das bedeutet umgekehrt, dass ein Haftungsausschluss bei Einschreiben nicht möglich ist», sagt Krauskopf.
Weiter hält der Experte den Haftungsausschluss für ungewöhnlich und deshalb für ungültig. Die Post bewerbe Einschreiben ausdrücklich mit einer Haftung bis 500 Franken: «Da denkt man automatisch an Bargeld», sagt Krauskopf. «Welcher Inhalt soll sonst in einem Brief mit einem Wert von 500 Franken sein?» Kunden müssten nicht damit rechnen, dass im Kleingedruckten ausgerechnet Bargeld von der Haftung ausgenommen sei.
Die Post verweist auf Twint und E-Banking
Die Post begründet den Haftungssausschluss laut Pressesprecher Stefan Dauner damit, dass es zeitgemässere Wege zur Übermittlung von Geld gebe – etwa via Twint, E-Banking oder Einzahlung am Schalter. Ausserdem dürfe die Post gemäss einer anderen Bestimmung im Postgesetz ihre Haftung für leichte Fahrlässigkeit generell ausschliessen. Frédéric Krauskopf widerspricht: «Diese Norm betrifft das Verschulden, nicht die eingeschriebenen Sendungen. Einen eingeschriebenen Brief zu verlieren, ist zudem keine leichte Fahrlässigkeit.»
Erst als sich der K-Tipp einschaltete, war die Post schliesslich bereit, Franz Brun die 350 Franken und das Porto von Fr. 6.30 zu ersetzen.
Tipp: Bargeld günstig überweisen
Wer jemandem Bargeld zukommen lassen will, kann dies über einen Geldtransferdienst wie Western Union tun. In der Schweiz gibt es über 400 Filialen (Infos auf Westernunion.com). Das Übermitteln von 350 Franken kostet 5 Franken – also weniger als ein eingeschriebener Brief.