Die Prämien steigen - die Renten sinken
Ab 2005 gilt das revidierte Pensionskassengesetz. Der K-Tipp zählt die wichtigsten Neuerungen auf - und die weiterhin ungelösten Probleme.
Inhalt
K-Tipp 20/2004
01.12.2004
Ernst Meierhofer
1 Die Prämien steigen. Massgebend für die Pensionskassenprämie ist nicht der effektive, sondern der versicherte Lohn. Dieser ergibt sich, wenn vom effektiven Lohn der so genannte Koordinationsabzug abgezogen wird - und der sinkt 2005 von 25 320 auf 22 575 Franken.
Beispiel: Bei einem effektiven Jahreslohn von 40 000 Franken beträgt der versicherte Lohn neu 17 425 Franken statt 14 680 Franken wie bis anhin.
Der höhere versicherte Lohn verteuert die Prämie: Im D...
1 Die Prämien steigen. Massgebend für die Pensionskassenprämie ist nicht der effektive, sondern der versicherte Lohn. Dieser ergibt sich, wenn vom effektiven Lohn der so genannte Koordinationsabzug abgezogen wird - und der sinkt 2005 von 25 320 auf 22 575 Franken.
Beispiel: Bei einem effektiven Jahreslohn von 40 000 Franken beträgt der versicherte Lohn neu 17 425 Franken statt 14 680 Franken wie bis anhin.
Der höhere versicherte Lohn verteuert die Prämie: Im Durchschnitt steigt sie wegen dieser Senkung des Koordinationsabzuges für alle Versicherten um rund 150 Franken pro Jahr (abhängig vom Alter).
Ungelöstes Problem: Betriebe können die berufliche Vorsorge in eigener Regie freiwillig besser ausgestalten, als es das Gesetz vorsieht, also überobligatorisch ergänzen. Der Betrieb kann zum Beispiel den Koordinationsabzug freiwillig tiefer ansetzen oder gar aufheben. Das ergibt beim einzelnen Versicherten ein überobligatorisches Altersguthaben - doch beim Überobligatorium sind die Pensionskassen bei der Verzinsung frei.
2 Tiefere Eintrittsschwelle - Mogelpackung für Schlechtverdiener. Bisher waren nur diejenigen Personen automatisch dem BVG unterstellt, die im Jahr mehr als 25 320 Franken verdienten. Diese Eintrittsschwelle sinkt ab 2005 auf 19 350 Franken.
Beispiel: Eine Frau mit einem Jahreslohn von 21 000 Franken zahlt 2004 keine BVG-Prämie. Ab dem nächsten Jahr hat sie auf der Lohnabrechnung einen BVG- Abzug von rund 14 Franken pro Monat (unter der Annahme, dass die Pensionskasse nur das gesetzliche Minimum versichert und die Frau 30-jährig ist).
Die neue Prämie gilt übrigens mehr oder weniger für alle Versicherten, die im Jahr zwischen 19 350 und 22 575 Franken verdienen - weil bei dieser Lohnspanne immer ein Mindestjahreslohn von 3225 Franken versichert wird.
Ungelöstes Problem: Die Regelung bringt zwar neue Kosten für Kleinverdiener - aber keine Besserstellung im Alter. Grund: Viele Kleinverdiener sind im Alter auf Ergänzungsleistungen angewiesen, und die werden kleiner, falls eine Pensionskassenrente fliesst. Unter dem Strich also höhere Kosten, aber im Alter keine Besserstellung.
3 Tieferer Umwandlungssatz - die Rente sinkt. Der Rentenumwandlungssatz (derzeit 7,2 Prozent) besagt: Aus je 100 000 Franken Alterskapital wird nach der Pensionierung eine Jahresrente von 7200 Franken. Dieser Satz sinkt in den nächsten Jahren schrittweise auf 6,8 Prozent (ergibt dann noch 6800 Franken Jahresrente) und gilt für den obligatorischen Teil.
Wird ein Mann im Jahr 2005 pensioniert, fusst seine Altersrente künftig - solange er die Rente bezieht - nur noch auf dem Umwandlungssatz von 7,15 Prozent. Frauen sind ab 2007 von einem ersten Senkungsschritt betroffen.
Ungelöstes Problem: Im Bereich des Überobligatoriums sind die Pensionskassen punkto Umwandlungssatz weiterhin frei. Die Sammelstiftung Winterthur Columna zum Beispiel hat ihn eigenmächtig auf 5,835 Prozent für Männer bzw. auf 5,454 Prozent für Frauen gesenkt (siehe K-Tipp 12/04).
Ebenso ungelöst: Die Pensionskassen sind nicht verpflichtet, die Altersrenten der Teuerung anzupassen - auch nicht im obligatorischen Teil.
4 Rente oder Kapital? Bis jetzt konnten sich die Pensionskassen weigern, einem angehenden Pensionär statt der monatlichen Rente eine einmalige Kapitalabfindung zu zahlen. Künftig müssen sie mindestens ein Viertel des Altersguthabens bar auszahlen, falls die versicherte Person das wünscht.
Ungelöstes Problem: Die Kassen können weiterhin eine Anmeldefrist - beispielsweise von einem Jahr - verlangen. Und der Kunde hat gemäss Gesetz keine Möglichkeit, bis zum letzten Tag auf seinen Entscheid zurückzukommen.
Und: Wer einen Teil des Kapitals bezieht und relativ schnell verbraucht, riskiert Sanktionen: Der Kanton Genf zum Beispiel zahlt keine kantonale Sozialhilfe mehr an Leute, die Pensionskassengeld bar bezogen haben.
Ebenso ungelöst: Das Gesetz legt nicht fest, ob die Summe des Barbezugs aus dem obligatorischen oder aus dem überobligatorischen Topf genommen werden soll. Die Pensionskasse wird zum obligatorischen Topf tendieren, weil sie beim überobligatorischen Teil einen tieferen Rentenumwandlungssatz anwenden kann (siehe Punkt 3). Aus Sicht der Versicherten wäre umgekehrt die Entnahme aus dem Überobligatorium vorteilhafter.
5 Höherer versicherter Lohn für Gutverdienende. Der nach Gesetz versicherte Lohn ist nach oben begrenzt; diese Limite wird um 1440 Franken erhöht. Damit steigt der nach Gesetz versicherbare Jahreslohn auf 54825 Franken.
Dies bewirkt bei den Versicherten einen Aufschlag um 110 Franken pro Jahr - im Durchschnitt über alle Altersklassen gerechnet, immer bezogen auf das gesetzliche Minimum.
Aber auch hier gibt es das gleiche ungelöste Problem: Falls freiwillig noch höhere Löhne versichert sind, ist der Umwandlungssatz auf dem überobligatorischen Teil bei vielen Kassen tiefer (siehe Punkt 1 und 3), und auch die Verzinsung kann tiefer sein.
6 Verbesserung für Konkubinatspaare - aber nur freiwillig. Stirbt beispielsweise ein versicherter Mann, der im Konkubinat lebt, erhält die Freundin von der Pensionskasse im Prinzip nichts. Einige Kassen haben aber im Reglement festgehalten, dass die Freundin in diesem Fall eine Rente oder ein Todesfallkapital erhält, falls sie vom Verstorbenen massgeblich unterstützt wurde.
Neu können die Vorsorgeeinrichtungen Geldleistungen für kinderlose Konkubinatspaare ohne eine solche Einschränkung vorsehen. Bedingung ist einzig, dass das Paar fünf Jahre lang zusammengelebt hat.
Ungelöstes Problem: Diese Regelung ist in eine Kann-Formel verpackt und damit für die Pensionskassen freiwillig. Konkret heisst das: Wenn eine Pensionskasse auf eine solche Regelung verzichtet, kann sie beim Tod einer ledigen versicherten Person weiterhin viel Geld einsacken - ohne jegliche Gegenleistung.
7 Viertelsrente kommt - aber nicht rückwirkend. Neu übernehmen die Pensionskassen die verfeinerte Abstufung der Invalidenversicherung (IV). Deshalb erhalten Pensionskassenversicherte mit einem Invaliditätsgrad zwischen 40 und 49,9 Prozent künftig eine Viertelsrente. Dies gilt für Versicherte, die ab 2007 invalid werden.
Aber: Laufende Renten werden im Prinzip nicht geändert. Und: Wer jetzt zum Beispiel mit einem Invaliditätsgrad von 45 Prozent eine Viertelsrente der IV bezieht, erhält im Prinzip nie eine Viertelsrente der Pensionskasse - ausser die IV setzt seinen Invaliditätsgrad neu auf über 50 Prozent an.
8 Auskunftspflicht. Das Gesetz verpflichtet die Kassen, über viele wichtige Details zum Zustand der Vorsorgeeinrichtung und zur Verwendung der Gelder zu informieren. Unter anderem dürfen Versicherte erfahren, ob ihr Arbeitgeber mit den Zahlungen an die Pensionskasse in Rückstand ist, also die Lohnabzüge nicht weitergeleitet hat.
Ungelöstes Problem: Nach wie vor ist der Arbeitgeber für das Weiterleiten der Lohnabzüge verantwortlich. Diese Schwachstelle des Systems besteht weiterhin.
Ab 2005 gilt ein Zins von 2,5 Prozent
Den gesetzlich geregelten obligatorischen Teil des Vorsorgeguthabens müssen die Pensionskassen im Jahr 2005 mindestens mit 2,5 Prozent verzinsen (2004: 2,25 Prozent).
Ungelöstes Problem: Auch in Zukunft können die Kassen den überobligatorischen Teil nach Belieben verzinsen; hier gibt es keinen Mindestzinssatz, und in der Vergangenheit wurden die entsprechenden Guthaben auch schon überhaupt nicht verzinst.
Und: Nach wie vor ist unklar, nach welcher Formel der Mindestzinssatz festgelegt werden soll. Derzeit entscheidet der Bundesrat mindestens alle zwei Jahre.
Neue Zahlen für die 3. Säule
Mit der Erhöhung der AHV-Renten auf Anfang 2005 steigen auch die maximal einzahlbaren Beträge für die steuerbegünstigte 3. Säule. Angestellte mit Pensionskasse können 2005 maximal 6192 Franken einzahlen, Selbstän-digerwerbende und Teilzeitler ohne Pensionskasse 20 Prozent des Einkommens, im Maximum 30 960 Franken.
Was sich bei der Pensionskasse zusätzlich ändert
- Männer haben künftig Anspruch auf eine Witwerrente der Pensionskasse - aber nicht rückwirkend.
- Die Altersgutschriften an die Pensionskasse werden als Lohnprozente (vom versicherten Lohn) erhoben, und diese steigen mit dem Alter. Die Abstufung der Frauen wird derjenigen der Männer angeglichen. Dadurch profitieren Frauen in gewissen Altersstufen länger von einer tieferen Lohnprozent-Skala.
- Das Rentenalter der Frauen steigt auf 64 Jahre.
- Neu müssen auch die grossen Sammelstiftungen - zum Beispiel Winterthur - einen paritätisch zusammengesetzten Stiftungsrat haben; sie dürfen also nicht mehr wie bisher nur von Vertretern des Anbieters allein geleitet werden.