Ende Januar waren 48 700 Menschen mehr arbeitslos als vor einem Jahr. Das zeigen neue Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco. Die Arbeitslosenquote stieg von 2,6 Prozent auf 3,7 Prozent – das ist ein Plus von 40 Prozent. Besonders oft verloren Beschäftigte in typischen Tieflohn-Branchen ihre Arbeit.
Das Seco führt die Jobverluste im Gastgewerbe und im Detail- und Grosshandel zurück auf die monatelangen Schliessungen und die «gesundheitspolitischen Massnahmen» der Behörden während der Corona-Pandemie. Im Baugewerbe habe sich die Lage nach einem starken Anstieg der Arbeitslosenquote im Frühjahr 2020 ab Juni wieder entspannt. Der Anstieg bei den «freiberuflichen Dienstleistungen» sei vor allem auf die «überdurchschnittlichen» Stellenverluste in Werbung und Marktforschung zurückzuführen. Der Stellenabbau in der Uhren- und Maschinenindustrie wiederum liege primär an der «schwachen Auslandnachfrage» – auch das eine Folge der Pandemie.
Wer den Job verliert, hat meist schlechte Karten: So bekommt Elektroplaner Lammert T. (Name geändert) aus Obergösgen SO seit sechs Monaten nur Absagen: «Die Firmen warten erst mal, wie es weitergeht.»
Lehrlinge haben es besonders schwer
Die gleiche Erfahrung hat auch Amir Jamali gemacht. Der 22-Jährige fing im Februar als Lehrling im dritten Lehrjahr in einem Hotelrestaurant im Kanton Bern an. Doch nach zwei Wochen schloss das Restaurant für drei Monate. Kurz nach der Wiedereröffnung kündigte ihm die Inhaberin aus betrieblichen Gründen. Seitdem schrieb Jamali 60 Bewerbungen: «Doch kein Hotel oder Restaurant stellt zurzeit neue Lehrlinge ein.» Dabei müsste er nur noch vier Monate lang in einem Betrieb arbeiten, um die Lehre im Sommer abschliessen zu können.
Auch Kurzarbeit bringt die Menschen in Not
Zu den Verlierern gehören auch viele, die vorerst noch einen Job haben: 762 000 Beschäftigte bezogen laut Seco Ende Januar Kurzarbeitsentschädigung. Viele haben Angst um ihren Job, und viele bringt die Kurzarbeit schon heute in Not.
So auch Sophia L. (Name geändert). Sie fing vor drei Jahren bei der Swiss an. Seither hat sich die 27-Jährige hochgearbeitet. Als Flugbegleiterin fliegt sie oft nach Singapur, Hongkong oder in die USA. Ihr Lohn: 3900 Franken brutto plus 600 Franken Spesen pro Monat. Dann kam die Pandemie. Im Januar war sie nur noch vier Tage in der Luft. Jetzt sitzt sie häufig als Aushilfe an der Kasse eines Grossverteilers. Den Nebenjob braucht sie, weil sie mit 3400 Franken netto kaum durchkommt.
Swissport knausert bei Frühpensionierung
Dass das Geld nicht reicht, kennt auch Sandro F. (Name geändert). Der Zürcher belädt am Flughafen Kloten seit 12 Jahren Flugzeuge mit Gepäck und Frachtgut. Wegen der Kurzarbeit verdient der 37-Jährige seit März nur noch 3600 Franken brutto, 700 Franken weniger als vorher. Auch seine Frau ist in Kurzarbeit. Zusammen fehlen ihnen 1000 Franken im Monat, während «alle Rechnungen weiterlaufen», schildert Sandro F. seine aktuelle Situation. Der Vermieter wolle 2300 Franken Mietzins, die Krankenkasse koste 1000 Franken, und die beiden Kinder bräuchten neue Schuhe. Die Familie spart am Haushaltsbudget: «Wir essen nur noch selten Fleisch, dafür mehr Reis und Nudeln.»
Swissport, Arbeitgeber von Sandro F., nutzt die Krise, um auf Dauer beim Personal zu sparen. Die Firma hat etwa die Frühpensionierungsregelung abgeschafft: Mitarbeiter können in Zukunft nicht mehr mit 63 mit vollem Lohn in Pension gehen.