Geht es nach der Weltgesundheitsorganisation WHO, sollte ein Erwachsener im Durchschnitt höchstens 50 Gramm Zucker pro Tag konsumieren. Das entspricht 12,5 Stück Würfelzucker. Zum Vergleich: Diese Menge ist bereits in einem halben Liter Coca-Cola enthalten. Zu hoher Zuckerkonsum gilt als einer der Hauptgründe für Übergewicht und Fettleibigkeit, was wiederum die Ursache für weitere Krankheiten ist (siehe unten).
Verzichtet Industrie auf Fett, hats Zucker
Doch selbst wer auf Süssgetränke verzichtet, nimmt eine ganze Menge Zucker zu sich. Denn: Zucker ist mittlerweile in zahlreichen verarbeiteten Lebensmitteln enthalten. «Zucker ist überall dort drin, wo die Industrie auf Fett als Geschmacksverstärker verzichtet», sagt die deutsche Ernährungsberaterin Daniela Wolff.
Beispiele von Lebensmitteln mit unerwartet viel Zucker:
- Im «M-Classic-Thongericht» (185 g) der Migros verstecken sich fast 3 Würfel Zucker.
- In einer Flasche Migros «Anna’s Best Balsamico Dressing» (3,5 dl) stecken fast 11 Würfel. Auf 2 Esslöffel Salatsauce, die man pro Person benötigt, macht das immer noch 1 Stück Würfelzucker.
- Tomatensaucen sind Zuckerbomben: So enthält eine Flasche «Qualité & Prix Napoletana» (420 g) von Coop fast 6,5 Stück Würfelzucker.
- Auch am Frühstückstisch lauert die Zuckerfalle: Drei Scheiben Prix-Garantie-Toastbrot von Coop – schon hat man mehr als 1 Stück Würfelzucker gegessen. Notabene ohne Butter und Konfi.
- In einer Packung Migros «Anna’s Best Vegi-Risotto Milanese» (365 g) hat es 5 g Zucker – mehr als 1 Würfel.
- So viel wie ein ganzer Zuckerwürfel steckt auch in der «Weight Watchers Pizza al Prosciutto» von Coop. Das Gleiche gilt für 100 g Coop-Essiggurken und 100 g «Subito Risotto Zafferano» aus der Migros.
- Und 90 g Paprika-Chips von Zweifel enthalten fast 2,5 Würfel Zucker.
Die Liste lässt sich fast endlos weiterführen: So können auch an sich sehr salzige Lebensmittel wie Bratspeck, Rauchlachs und Würste Zucker enthalten.
Coop rechtfertigt den Zuckereinsatz mit «technologischen Gründen». So diene er als Nährboden für die Hefe und sei für das Aufgehen des Teigs wichtig. Anders ist es bei der Tomatensauce: «Der natürliche Zuckergehalt von Tomaten kann je nach Sorte und Ernte anders sein. Um einen gleichbleibenden Geschmack der Tomatensauce zu erreichen, wird Zucker beigegeben.»
Migros verweist ebenfalls auf die Funktion von Zucker als Geschmacksträger: «Ein wenig Zucker kann den Geschmack abrunden», sagt Sprecherin Martina Bosshard. Zu «Anna’s Best Balsamico Dressing» sagt sie: «Dieser Sauce werden 4 g Zucker pro 100 Milliliter beigefügt.» Der Rest sei natürlicher Zucker. Ebenso beim Thongericht: Nur die Hälfte sei Kristallzucker.
Auch Zweifel macht den natürlichen Zucker in Kartoffeln geltend. Zudem enthalte das Paprika-Gewürz Traubenzucker und als Trägerstoff Maltodextrin, um es besser auf den Chips verteilen zu können. «Änderungen würden das Gesamtergebnis deutlich verändern», sagt Sprecherin Denise Spirig.
Schweizer essen 120 g Zucker – pro Tag
Laut Ernährungsbericht 2012 isst jeder Schweizer täglich 120 g Zucker. Das ist mehr als das Doppelte der von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlenen 50 g pro Tag. Sie warnt: Ein Grossteil der Menge, die man Tag für Tag aufnehme, stecke in Produkten, die nicht als süss angesehen würden. Die 50 g beziehen sich auf beigefügte Zuckerarten wie Glukose und Saccharose sowie Kristallzucker. Natürlicher Zucker, wie in Obst, Gemüse und Milch, ist nicht gemeint.
Der weltweit hohe Zuckerkonsum fordert seinen Tribut: Laut einer Credit-Suisse-Studie (2013) sind fast 90 Prozent der Allgemeinärzte in den USA, Europa und Asien überzeugt, dass es zwischen dem Konsum von Zucker und der starken Zunahme von Typ-2-Diabetes und Fettsucht einen Zusammenhang gibt. Zudem sind Übergewichtige und Fettleibige laut Bundesamt für Gesundheit anfälliger für Diabetes und Bluthochdruck, was wiederum Herz-Kreislauf-Krankheiten begünstigt.
Zucker hat viele Namen
Oft ist Zucker auf der Zutatenliste gar nicht erkennbar. Die Lebensmittelindustrie versteckt ihn oft hinter Ausdrücken wie Dextrose, Maltodextrin, Glukose und Saccharose. Letzteres ist nichts anderes als Haushaltszucker. Deshalb lohnt sich ein Blick auf die Nährwerttabelle auf den Produkten: Dort erfährt man unter dem Begriff «Zucker», wie viel davon enthalten ist.
Falsch ist die Annahme, brauner Zucker sei weniger schädlich als weisser. Im Rohzucker hats zwar Melasse, die ihm die braune Farbe gibt. Sie enthält gesunde Stoffe wie Kalium und Eisen. Doch der Melassenanteil im Rohzucker ist so klein, dass er für die Gesundheit unbedeutend ist. Zudem stecken in beiden Zuckerarten gleich viele Kalorien. Und beide fördern in gleichem Masse Karies.
Tipps: Wer zuckerarm essen will, sollte so oft wie möglich mit frischen Zutaten kochen.
Alternativen zu Zucker sind in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift «Gesundheitstipp» (11. November) aufgelistet.