Drum prüfe, wer buchet
Wer eine Pauschalreise bucht, sollte dies unbedingt bei einem Büro mit Kundengeld-Absicherung tun. Das gilt heute mehr denn je.
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K-Tipp 3/2004
11.02.2004
Gery Schwager - gschwager@ktipp.ch
Die Zahl ist erschreckend: Neun von zehn Schweizer Reisebüros seien in den roten Zahlen, schrieb die Wirtschaftszeitung «Cash» im vergangenen Dezember. In der Branche mag man diese Zahl zwar nicht bestätigen. Unbestritten aber ist: Die Lage ist ernst.
Das zeigt auch ein Blick auf die Entwicklung der Konkurse. 2000 und 2001 belief sich deren Gesamtzahl in der Reisebranche auf 62. In den letzten zwei Jahren gabs nach Angaben der Wirtschaftsauskunft Creditreform 104 Pleiten. Das ...
Die Zahl ist erschreckend: Neun von zehn Schweizer Reisebüros seien in den roten Zahlen, schrieb die Wirtschaftszeitung «Cash» im vergangenen Dezember. In der Branche mag man diese Zahl zwar nicht bestätigen. Unbestritten aber ist: Die Lage ist ernst.
Das zeigt auch ein Blick auf die Entwicklung der Konkurse. 2000 und 2001 belief sich deren Gesamtzahl in der Reisebranche auf 62. In den letzten zwei Jahren gabs nach Angaben der Wirtschaftsauskunft Creditreform 104 Pleiten. Das entspricht einer Zunahme um 68 Prozent.
Die Ursachen liegen auf der Hand: Wirtschaftskrise, Kriegswirren, Terroranschläge, Sars - die Branche habe eine «geballte Ladung an Tiefschlägen einstecken» müssen, erklärt Hans-Jörg Leuzinger, Präsident des Schweizerischen Reisebüro-Verbandes. Daneben machten und machen aber auch sinkende Kommissionen und neue Verkaufskanäle wie das Internet vielen Reisebüros arg zu schaffen.
Für Professor Hansruedi Müller vom Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus der Uni Bern ist deshalb klar: In der Reisebranche ist eine Strukturbereinigung unumgänglich. Wie viele der aktuell rund 2100 Reisebüros dabei verschwinden werden, möchte Müller nicht vorhersagen. Doch er ist überzeugt: «Der Schrumpfungsprozess wird massiv sein.»
Düstere Prognosen gibts auch aus der Branche selber. Elmar Rüfenacht, Geschäftsführer der Reisebürovereinigung «Travel with a Difference», befürchtet, dass es oft «die Falschen» treffen werde: «Echte Reisebüros mit entsprechender Infrastruktur werden Mühe bekunden, während "Ein-Mann-Wurstler", auch "Schlafzimmer-Reisebüros" genannt, bessere Überlebenschancen haben.»
Gerade solche «"Gschäftlimacher", die vom eigenen Küchentisch aus Reisen von teils ebenso unseriösen Veranstaltern verkaufen», sind Beat Dannenberger von der Vereinigung «Travel Trade Service» ein Dorn im Auge. Dannenberger betont, dass deren Kunden «a priori gefährdet» seien, denn eine Absicherung der Kundengelder fehle da praktisch immer.
Tatsächlich ist heute rund ein Fünftel der Schweizer Reisebüros keiner der vier Kundengeld-Absicherungsstellen angeschlossen (siehe Kasten). Wer bei solchen Büros bucht, bucht riskant: Im Konkursfall ist das bereits bezahlte Geld in aller Regel verloren.
«Reserven könnten knapp werden»
Bei Buchungsstellen mit Kundengeld-Absicherung hingegen sind die Kosten für das Arrangement beziehungsweise die Rückreise gedeckt, wenn man eine Pauschalreise gebucht hat. Und das ist nach Gesetz immer der Fall, wenn die Reise aus mindestens zwei Elementen (zum Beispiel Transport und Hotel) besteht, die zu einem Gesamtpreis verkauft werden.
Angesichts der prekären Lage vieler Reisebüros ist Ferienhungrigen also dringend zu empfehlen, vor der Buchung abzuklären, ob ihr Reisebüro eine Kundengeld-Absicherung hat. Was aber, wenn es zu einer eigentlichen Konkurswelle kommen sollte? Könnten da auch die Absicherer selber in Not geraten?
Beim Konkurs der Reisebüro Mittelthurgau AG im Jahr 2001 beispielsweise erwuchsen dem Garantiefonds der Schweizer Reisebranche Ausgaben von rund 300 000 Franken. Derzeit könnte der Fonds 28 solche Fälle verkraften, dann wären die Reserven aufgebraucht. Das ist nicht sonderlich beruhigend.
Doch der Garantiefonds qualifiziert das als «Milchmädchenrechnung». Laut Geschäftsführer Urs Herzog verlangt der Fonds von jedem Mitglied eine Bankgarantie oder eine Bareinlage von 1 Prozent des Jahresumsatzes, mindestens aber 50 000 Franken. Dieses Geld werde im Konkursfall zuerst beansprucht. Ähnlich läufts bei der «Swiss Travel Security» des Verbands Star und bei der «Travel Professionals Association», wo die Mindestsumme 30 000 beziehungsweise 20 000 Franken beträgt.
Also alles in Ordnung? Touristikprofessor Thomas Bieger von der Uni St. Gallen relativiert: «Die Reserven der Kundengeld-Absicherer könnten theoretisch schon knapp werden. Aber in einem solchen Fall würden höchstwahrscheinlich die grossen Reiseveranstalter einspringen.» Diese hätten ein vitales Interesse daran, dass die Kunden das Vertrauen in die Branche nicht verlieren. Auch Biegers Kollege Hansruedi Müller von der Uni Bern glaubt, dass «sich die Reisebranche dem damit verbundenen Imageverlust sehr wohl bewusst ist».
Indes: Wirklich sicher wären Kundengelder nur, wenn für Reisen nicht länger im Voraus bezahlt werden müsste. Zumal, wie Thomas Bieger ausführt, «mit der Kreditkarte heute Zahlungsinstrumente vorliegen, die es problemlos erlaubten, auf Reisen beispielsweise Tag für Tag die jeweils aktuell bezogenen Leistungen abzurechnen».
Die Branche weigert sich zwar nach wie vor, diesen alten Zopf abzuschneiden. Bieger ist aber zuversichtlich, «dass das nicht sehr kundenfreundliche Vorauszahlungssystem über kurz oder lang im Reisegeschäft nicht mehr üblich sein wird». Schön wärs.
Hier erhalten Sie Auskunft
Hier können Sie abklären, ob Ihr Reisebüro über eine Kundengeld-Absicherung verfügt:
- Garantiefonds der Schweizer Reisebranche, Tel. 01 488 10 70; www.garantiefonds.ch
- Verband der Reiseverkäufer (Star), Tel. 01 439 60 66, www.star.ch
- Travel Professionals Association (TPA), Tel. 021 624 45 77, www.tpa.ch
- Für Busreisen: Schweizerischer Nutzfahrzeugverband (Astag), Tel. 031 370 85 50, www.car-garantiefonds.ch