Knusperone Honey-Wheat von Aldi dürfte das zuckerreichste Getreide-Frühstück sein, das in der Schweiz verkauft wird. Das zeigt eine K-Tipp- Stichprobe. Denn das Aldi-Produkt enthält ausser Weizen vor allem Zucker. Zudem gerade mal 2 Prozent Honig, obwohl der Begriff «Honey» sogar im Namen vorkommt. Honey-Wheat enthält insgesamt 45 Prozent Zucker.
Doch auch andere Hersteller mengen ihren Getreidemischungen sehr viel Zucker bei. Vor allem jenen Mischungen, mit denen sie Kinder ansprechen.
Beispiele:
- Kelloggs Smacks enthalten 43 Prozent Zucker.
- Familia Swiss-Choco-Bits 39 Prozent
- Migros Paddy 36 Prozent
- Nestlé Lion Caramel & Chocolat 35 Prozent
- Lidl Crownfield Vanille-Carrés 40 Prozent
- Coop Schokolade-Crunch-Müesli 36 Prozent
Immerhin: Die beiden letztgenannten sind nicht primär für Kinder gedacht.
Wer den Zuckergehalt der Mischungen mit jenem anderer Lebensmittel vergleicht, kommt ins Staunen. Eine Caramel-Glace enthält «nur» 17 Prozent Zucker. Eine Engadiner Nusstorte 26 Prozent und ein Tiroler Cake 29 Prozent. In Schokolade-Cookies hats 36 Prozent Zucker. Mit anderen Worten: Die erwähnten Getreidemischungen taugen nicht als Frühstück, sondern bestenfalls als Dessert.
Gerhard Bersebrügge, Chef von Nestlé Deutschland, sieht das anders. «Unsere Frühstücks-Cerealien», sagt er, «sind keine Süssigkeiten, sondern ein vollwertiger Start in den Tag.» Dennoch hat Nestlé dem Druck aus Deutschland nachgegeben und wird den Zuckergehalt der Mischungen bis 2015 reduzieren. «Blick-Online» schrieb: «Nestlé verbannt Zucker aus dem Zmorge.» Und: «Die ersten zuckerarmen Frühstücksflocken kommen Ende 2015 auf den Markt.»
Doch beides ist falsch. Nestlé will zwar den Zuckergehalt markant reduzieren. Aber die Produkte werden nicht zuckerfrei sein. Im Gegenteil: Sie werden noch immer bis zu 30 Prozent Zucker enthalten. Mehr als Tiroler Cake, Engadiner Nusstorte und Caramel-Glace.
«Fakt ist: Kinder mögen Süsses»
Doch warum werden die Produkte so stark gezuckert? Der K-Tipp hat nachgefragt. Praktisch alle Hersteller sagen, sie richteten sich nach dem Geschmacksempfinden der Kunden und nach der Nachfrage. Zudem vereinfache Zucker die Produktion. Immerhin: Alle angefragten Firmen geben an, sie hätten den Zuckergehalt in den letzten Jahren reduziert oder planten, ihn demnächst zu reduzieren. Und sie weisen darauf hin, dass sie schon heute zuckerärmere Produkte im Sortiment führen.
Allerdings haben einige Firmen auch einen Hang zum Bagatellisieren. Die Migros schreibt: «Fakt ist: Kinder mögen Süsses.» Coop spricht von einem «mässigen Zuckergehalt». Kelloggs schreibt, die Getreidemischungen würden «den Milchkonsum und den Obstverzehr» fördern. Und Nestlé ist der Ansicht, dank den Getreidemischungen würden viele Kinder überhaupt erst frühstücken.
Doch warum überlassen die Hersteller das Zuckern nicht einfach den Kunden? So könnte jeder so viel Zucker beimengen, wie er möchte. Coop findet, ein fertig gezuckertes Produkt werde «als Service und Mehrwert angesehen».
«Viel Zucker bringt viel Umsatz»
Zucker ist ein beliebter Stoff. Er wirkt beruhigend und hebt die Stimmung. Zucker ist aber auch problematisch. Denn wer Zucker isst, erhöht das Verlangen, statt es zu befriedigen. Mit den bekannten Folgen: Karies, Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck und dergleichen.
Für die Hersteller haben die enormen Zuckermengen, die sie Getreidemischungen zufügen, zwei wesentliche Vorteile: Zum einen ist die Herstellung der Mischungen einfacher. Denn Zucker trägt dazu bei, dass sie knuspriger werden. Zum anderen ist Zucker im Vergleich zu den ande-ren Zutaten sehr billig. Der Chef der deutschen Konsumentenorganisation Foodwatch drückt sich so aus: «Viel Zucker bringt viel Umsatz.»