Wenn es um Self-Checkout und Self-Scanning geht, sind Coop und Migros ziemlich verschwiegen. Der K-Tipp wollte zum Beispiel wissen, wie viel die Selbstbedienungskassen kosten. Und wie viele Diebstähle es gibt. Auf diese Fragen reagierten die Grossverteiler so: «Dabei handelt es sich um Interna.» Oder: «Zu diesen Fragen nehmen wir keine Stellung.»
Gut möglich, dass Coop und Migros gar nicht so genau wissen, wie viel sie die Selbstbedienungskassen letztlich kosten. Jedenfalls kommen die Autoren einer Studie der Uni Leicester (England) von 2018 zum Schluss: «Die Unternehmen betrachten Self-Checkout und Self-Scanning durch eine rosarote Brille. Das Management ist naiv. Es wird nicht genug getan, um die langfristigen Auswirkungen abzuschätzen.»
Deshalb versucht der K-Tipp, ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen. Dabei zeigt sich: Mit den Selbstbedienungskassen gibt es zwei Probleme: Mehrkosten und Mindereinnahmen.
Keine Einsparungen
Eigentlich ist denkbar, dass Coop und Migros dank der Selbstbedienungskassen Personalkosten sparen. Doch offenbar ist das nicht der Fall. Beharrlich halten beide Detailhändler fest, die Einführung der Selbstbedienungskassen habe zu keinem Personalabbau geführt. Das heisst: Einsparungen gab es nicht. Bislang ist etwa die Hälfte der Coop-Filialen mit Selbstbedienungskassen ausgestattet. Von der Migros gibt es keine Zahl.
Hohe Mehrkosten
Statt Einsparungen gibt es Mehrkosten: Auch dazu wollen Coop und Migros nichts sagen. Bekannt ist aber, dass Coop für die Installation der Selbstbedienungskassen im Jahr 2007 mit Kosten von 80 000 Franken pro Laden rechnete. Die Kassen in den Coop-Filialen dürften bisher gesamthaft über 50 Millionen Franken gekostet haben.
Dazu kommt noch der Unterhalt. Informatiker sind ständig daran, die Geräte neu zu programmieren, neue Möglichkeiten zu schaffen. Aber auch zu den Betriebskosten wollen Migros und Coop nichts Genaueres sagen.
Die Migros hält nur fest: «Die Kosten für die Installation und die Wartung eines Terminals sind tiefer als die Kosten einer konventionellen Kasse. Und sie brauchen wesentlich weniger Fläche.» Das mag stimmen. Aber die Kapazität einer Selbstbedienungskasse ist wesentlich geringer.
Unbekannte Mindereinnahmen
Während Jahren behaupteten Coop und Migros, die Diebstähle hätten wegen der Selbstbedienungskassen nicht zugenommen. Gegenüber dem K-Tipp äussern sie sich nun eine Spur vorsichtiger. Coop schreibt: «Der allergrösste Teil unserer Kunden ist ehrlich.» Und die Migros: «Ladendiebstahlquoten lassen sich nicht in eine direkte Korrelation mit der Einführung neuer Kassen stellen.»
Doch es liegt auf der Hand: «Gelegenheit macht Diebe.» Das sagt jedenfalls der Zürcher Wirtschaftspsychologe Christian Fichter. An einer unbedienten Kasse sei die psychologische Hemmschwelle niedriger. Denn man betrüge «nur» eine Maschine und nicht einen Menschen.
Das bestätigen auch Konsumenten in den Kommentarspalten des Newsportals «20 Minuten»: «Das ist nicht gestohlen. Das ist der Lohn für die Arbeit, die man verrichtet.» Oder: «Früchte und Gemüse scanne ich nie. Es ist schlicht zu einfach, diese mitzunehmen.» Oder: «Wenn eine Fehlermeldung erscheint, ist es mir zu dumm, auf die Aufsichtsperson zu warten. Dann gehe ich einfach.»
Es ist nicht plausibel, dass die Diebstahlquote an Selbstbedienungskassen nicht höher sei, wie Coop und Migros behaupten. Ein Ikea-Sprecher sagte denn auch gegenüber der «Handelszeitung»: «Wir sehen bezüglich Diebstahl einen klaren Unterschied zwischen unbedienten und bedienten Kassen.»
In den Schweizer Kriminalstatistiken sinkt die Gesamtzahl der Anzeigen wegen Diebstählen zwar seit Jahren. Aber die Zahl der Anzeigen wegen Ladendiebstählen ist stark angestiegen:
Gesamtschweizerisch von 2015 bis 2018 um 16 Prozent. Neuere Zahlen liegen nicht vor.
Im Kanton Bern stieg die Zahl um 26 Prozent, im Kanton Zürich um 32 Prozent und in der Stadt Bern sogar um 64 Prozent.
Die Autoren der erwähnten englischen Studie stellten fest:
In Läden mit Selbstbedienungskassen waren die Verluste um 33 bis 147 Prozent höher als in Läden ohne Selbstbedienungskassen.
Am höchsten waren die Verluste in Läden mit Self-Checkout-Kassen ohne Gewichtskontrolle. Also mit Kassen, wie sie Coop und Migros betreiben.
Je mehr Selbstbedienungskassen in einem Laden, desto mehr Verluste.
Und: Je intensiver sie genutzt werden, desto grösser die Verluste.
Die Studienautoren stellten fest, dass Aufsichtspersonal der beste Schutz vor Diebstählen ist. Und zwar dann, wenn eine Person höchstens fünf bis sechs Kassen überwachen muss. Doch bei Coop und Migros ist das Personal oft auch mit anderen Aufgaben beschäftigt.
Laut der englischen Studie sind für allfällige Diebe vier Fragen entscheidend: Wie einfach ist ein Diebstahl? Was habe ich davon? Wie wahrscheinlich ist es, dass ich erwischt werde? Was riskiere ich dabei? Die Antwort auf die letzte Frage lautet: So gut wie nichts. Denn jeder Ersttäter kann behaupten, ihm sei ein Fehler unterlaufen.
Fazit: Die Selbstbedienungskassen führen zu Zusatzkosten. Zahlen müssen wohl die ehrlichen Kunden – via höhere Preise.
Übrigens: Die Studie der Uni Leicester ist unverdächtig. Sie wurde von NCR gesponsert, dem weltgrössten Verkäufer von Selbstbedienungskassen.
So zahlen Sie beim Self-Checkout nicht zu viel
Wer an Selbstbedienungskassen nicht aufpasst, zahlt zu viel. Mit diesen Tipps lässt sich dies verhindern.
Schauen Sie, dass auf dem Bildschirm «Willkommen» steht und das grüne Kontrolllicht leuchtet. Sonst könnte schon fremde Ware gescannt sein (K-Tipp 3/2020).
Passen Sie bei Mehrfachpackungen auf. Es kommt vor, dass das Lesegerät sowohl den Strichcode für die Einzel- als auch für die Mehrfachpackung liest.
Achten Sie darauf, dass Sie das gleiche Produkt nicht versehentlich zwei Mal scannen.