Ein Videoclip auf der Plattform Youtube.ch: «Wie du in den nächsten 90 Tagen garantiert 10'000 Franken im Monat verdienst, erkläre ich dir in diesem Video», sagt ein junger Mann auf Schweizerdeutsch. Er heisst Dominik Gossweiler und ist Mitgründer der 3CC Group AG.
Die Firma mit Sitz in Freienbach SZ verbreitet auf Plattformen wie Facebook, Youtube und Instagram über 190 Werbekampagnen. Sie bewirbt damit ihren Internetkurs «Ecomverse». Dieser will aufzeigen, wie man in den Internetversandhandel einsteigen und mit einem eigenen Shop viel Geld verdienen kann.
Vor allem junge Leute im Visier
Im Videoclip treten angebliche Kursabsolventen auf, die von ihren Erfolgen erzählen. Einer der Teilnehmer schwärmt: «In zwei Monaten habe ich meinen letztjährigen Jahreslohn verdient!» Die 3CC Group umwirbt auch Schulabsolventen. Für den Mai dieses Jahres hat das Unternehmen einen Stand an der Bildungsmesse Zürich beim Hauptbahnhof angemeldet.
Auch der Aargauer Colin Heim liess sich von der Werbung der 3CC Group überzeugen – und scheiterte mit seinem Internetshop kläglich. Der 24-Jährige begann im August einen dreimonatigen Kurs der Firma. Dafür zahlte er 4500 Franken. Kurse mit längerer Dauer kosten bis zu 25'000 Franken.
Tausende von Franken verloren
Für sein Geld erhielt Colin Heim Zugang zu einer Facebookgruppe, in der er die Ausbildner befragen konnte – allerdings nur für 30 Tage. Zusätzlich bekam er einen Internetlink zu Ausbildungsvideos. «Diese waren nicht schlecht, aber auf Youtube sind die Clips gratis und genauso gut», sagt Heim.
Die angebliche Wunderformel der 3CC Group heisst Dropshipping: Die Kursteilnehmer lernen, wie sie selber einen Internetshop aufbauen und ohne eigenes Lager betreiben können. Der Shop lässt sich mit einigen Klicks auf der Plattform Shopify.ch eröffnen. Der Shopbetreiber kauft die Ware jeweils erst nach der Bestellung des Kunden und lässt sie vom Hersteller oder Zulieferer direkt an den Kunden versenden. So spart er Kosten für ein Lager und die Logistik.
Für Colin Heim war dieses Geschäftsmodell alles andere als lukrativ. Er bot in seinem Internetshop günstige Elektronikartikel wie etwa Drohnen und Kinderbücher an. Für Werbung auf Facebook und Instagram gab der Aargauer insgesamt bis zu 10'000 Franken aus. Nach wenigen Monaten sperrte Facebook sein Konto, weil viele Benutzer Heims Internetanzeigen als unerwünschte Werbung (Spam) meldeten.
Colin Heim brach sein Projekt im November 2022 schliesslich ab, nach mickrigen 700 Franken Umsatz. «Wenigstens habe ich gelernt, nicht mehr auf solche Angebote reinzufallen», sagt er.
Der Aargauer bemängelt vor allem, dass man ihn nie klar vor der starken Konkurrenz und der Abhängigkeit von digitaler Werbung warnte. In Dropshipping-Shops gibt es häufig Produkte, die andere Händler auf den chinesischen Handelsplattformen Temu oder Aliexpress ebenfalls verkaufen, und dies oft noch viel günstiger – zum Beispiel Elektronikartikel oder Haushaltswaren.
«Ein gutes Geschäft für die Kursanbieter»
Michael Nussbaumer ist Dozent an der Hochschule Luzern und Experte für Internethandel. Er sagt, Dropshipping sei für die wenigsten Leute profitabel. An diesem Geschäftsmodell verdienen vor allem die Anbieter der teuren Ausbildungen und die Plattform Shopify. Diese verlangt von den Shopbetreibern eine Monatsgebühr von 39 Franken und 2 Prozent Kommission pro Verkauf.
Gegenüber dem K-Tipp nahm die 3CC Group zur Kritik nicht Stellung. Angebliche Erfolge lösen sich in Luft auf
Der K-Tipp kontaktierte angebliche Kursabsolventen, die in den Werbeinterviews der 3CC Group ihre Erfolge anpriesen. Von zehn angeschriebenen Personen meldete sich lediglich eine. Er habe gut mit seinem Internetshop verdient, und dies «ohne grossen Aufwand», behauptet einer der Teilnehmer. Seinen Shop gibt es jedoch inzwischen nicht mehr. Belege erhielt der K-Tipp keine – weder von Absolventen noch von der 3CC Group.
So erkennen Sie fragwürdige Internetshops
Mehrere K-Tipp-Leser machten schlechte Erfahrungen mit Internetshops, die auf das Geschäftsmodell Drop-
shipping setzen. Ihre Kritik: Die Ware komme nicht an, der Kundendienst sei unerreichbar, die Rückgabe von Waren funktioniere nicht.
So erkennt man fragwürdige Internetshops:
- Auf der französischsprachigen Website Antidrop.fr kann man die Adresse eines Internetshops eingeben, um dessen Seriosität prüfen zu lassen. Danach wird ein leicht verständlicher Farbcode angezeigt: Grün steht für unverdächtig, Rot für sehr verdächtig.
- Identifizieren Sie den Verkäufer über das Impressum seiner Internetseite. Ist keine Adresse angegeben und findet sich keine Telefonnummer, sollte man auf Einkäufe verzichten. Im Handelsregister lässt sich nachprüfen, ob das angegebene Unternehmen existiert: zu finden unter Zefix.ch.
- Vergleichen Sie Fotos von Produkten mit der Bildersuche bei Google: Speichern Sie das Bild eines Produktes ab, und laden Sie es auf Images.google.ch. Google zeigt dann andere Internetseiten an, die das gleiche Foto verwenden. So erkennt man, wo der gesuchte Artikel auch noch angeboten wird.
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