Ein böser Schnitzer
Eine Frau wurde Opfer von Bancomat-Trickdieben. Sie reagierte korrekt - doch die Migrosbank wollte sie zuerst trotzdem nicht entschädigen.
Inhalt
K-Tipp 15/2005
21.09.2005
Ernst Meierhofer - ernst.meierhofer@ktipp.ch
Kein Entgegenkommen»: Das war das Fazit des Briefes, den Erna Weber (Name geändert) im April dieses Jahres von der Migrosbank erhielt. Diebe hatten Weber im Juli 2004 die Bancomat-Karte geklaut und 5600 Franken bezogen. In solchen Fällen haben die Banken den Opfern in der Vergangenheit 50 bis 80 Prozent des Schadens ersetzt - doch bei Weber wollte die Migrosbank nichts von einer Entschädigung wissen. «Wir hoffen auf Ihr Verständnis», lautet der letzte Satz im Absage-Brief.
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Kein Entgegenkommen»: Das war das Fazit des Briefes, den Erna Weber (Name geändert) im April dieses Jahres von der Migrosbank erhielt. Diebe hatten Weber im Juli 2004 die Bancomat-Karte geklaut und 5600 Franken bezogen. In solchen Fällen haben die Banken den Opfern in der Vergangenheit 50 bis 80 Prozent des Schadens ersetzt - doch bei Weber wollte die Migrosbank nichts von einer Entschädigung wissen. «Wir hoffen auf Ihr Verständnis», lautet der letzte Satz im Absage-Brief.
Erna Weber hatte kein Verständnis und wandte sich an den K-Tipp. Rasch zeigte sich, dass die Migrosbank einen bösen Schnitzer gemacht hatte.
Ohne stichhaltige Argumente abgelehnt
Ein wichtiger Grund für die Ablehnung war gemäss Migrosbank die Tatsache, dass kein Polizeirapport vorlag. Das Argument ist fadenscheinig. Das Opfer hat sehr wohl unmittelbar nach dem Diebstahl auf einem Polizeiposten Anzeige erstattet, dort aber keinen Rapport erhalten. Zudem wurden die Diebe beim Geldabheben mit der gestohlenen Karte gefilmt, und dieser Film ist ebenfalls bei der Polizei.
Jetzt räumt die Migrosbank ein, sie hätte «den Polizeirapport mit Nachdruck einverlangen» müssen. Zudem muss sie sich vorwerfen lassen, dass sie den Fall Weber nicht der Schadenkommission der Bankiervereinigung gemeldet hat.
Diese Schadenkommission hat früher bei solchen Vorkommnissen 50 bis 80 Prozent der Deliktsumme auf freiwilliger Basis übernommen. Dies, falls der Karteninhaber die geforderte Sorgfaltspflicht beachtet hat - also etwa den Pin-Code nirgends notiert hatte und den Verlust der Karte sofort meldete.
Selbst die Migrosbank gibt indirekt zu, dass Erna Weber diese Bedingungen erfüllt hat. Denn der Absagebrief enthält keinerlei Vorwurf. Vielmehr sei sie das Opfer von Trickdieben geworden: «Diese beobachten ihr Opfer über längere Zeit, um den Code in Erfahrung zu bringen, um dann anschliessend bei günstiger Gelegenheit die Karte zu entwenden.»
Schadenpool der Banken hätte bezahlt
Mit anderen Worten: Es ist davon auszugehen, dass die Schadenkommission Erna Weber im üblichen Rahmen entschädigt hätte. Das sieht inzwischen auch die Migrosbank so. Sie will ihren Fehler ausbügeln und kündigt dem K-Tipp an: «Wir werden den Schaden im Sinne des ehemaligen Schadenpools erledigen und Frau Weber mit 80 Prozent entschädigen.»
Warum «ehemaliger» Schadenpool? Diese gemeinsame Einrichtung ist seit Ende 2004 abgeschafft. Einer der Gründe: Einigen Banken hat die Grosszügigkeit der Kundenentschädigung nicht gepasst. Jetzt entscheidet jede einzelne Bank selber.
Für Bancomatkarten-Besitzer heisst das: Den Code noch besser hüten und beim Eintippen noch besser aufpassen, damit einem niemand über die Schulter schauen kann.
Karte verloren oder gestohlen? Sofort sperren lassen!
Plastikgeld sollten Sie so gut hüten wie Bargeld. Die wichtigsten Tipps:
- Ändern Sie den Code gleich nach Erhalt auf eine Zahlenkombination, die Sie sich gut merken können. Wählen Sie aber niemals Kombinationen wie Telefonnummer oder Geburtstag.
- Hüten Sie Ihren Code so streng wie ein persönliches Geheimnis. Behalten Sie ihn im Kopf. Notieren Sie ihn nirgends - auch nicht in verschlüsselter Form.
- Verdecken Sie das Kartenlesegerät mit Ihrem Körper oder mit der Hand, wenn Sie den Code eintippen.
- Lassen Sie sich beim Bargeldbezug an Automaten nicht von Fremden ansprechen oder ablenken. Trickdiebe versuchen oft, bei Bedienungsproblemen am Automaten zu helfen. In einer solchen Situation den Code keinesfalls noch einmal eintippen. Brechen Sie die Transaktion sofort ab, wenn Sie von Unbekannten angesprochen werden.
- Lassen Sie eine gestohlene Karte sofort sperren. Notieren Sie die Nummer der SperrHotline der zuständigen Bank an verschiedenen Orten, damit Sie die Nummer schnell zur Hand haben.