Ein Schiffbruch mit Ansage

Prämienberechnung nach Eintrittsalter: Kritiker haben dieses Tarifmodell schon vor 15 Jahren als «Zeitbombe» bezeichnet. Jetzt ist die Supra an diesem System gescheitert. Auch der Sanitas machte es zu schaffen.

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K-Tipp 20/2012

28.11.2012

Ernst Meierhofer

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Wer bei der Krankenkasse eine Spitalzusatzversicherung halbprivat oder privat hat, zahlt bei den meisten Krankenkassen eine Lebensalterprämie. Das heisst: Der Tarif richtet sich nach den effektiven Gesundheitskosten der jeweiligen Altersgruppe. Junge Leute zahlen relativ wenig, ältere hingegen teils sehr viel.

Einige wenige Kassen kennen das Eintrittsaltersystem. Hier zahlen Versicherte in der Theorie stets denjenigen Tarif, den sie beim Abschluss des Vertrags erhielten. Jüngere haben zu Beginn höhere Prämien, dafür werden sie im Alter von happigen Prämiensprüngen verschont (siehe Grafik). «Bei der Assura bleiben sie ewig jung», warb beispielsweise die welsche Kasse für dieses System. Und die Sanitas schrieb ihren Kunden noch 2009, sie hätten die «Sicherheit, den Tarif ein Leben lang zu behalten».

Damit das Eintrittsaltersystem funktioniert, müssen die Kassen genug Rückstellungen für künftige Schadenfälle (Arztrechnungen, Spitalaufenthalte) bilden.

An dieser Klippe sind die Chefs der Supra gescheitert. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) hat 2010 ihre Anforderungen erhöht und auch deswegen bei der Supra fehlende Rückstellungen von 500 Millionen Franken festgestellt. Weil die Supra keine Massnahmen ergriff, schickte die Finma das Zusatzversicherungsgeschäft der Kasse am 14. November 2012 in den Konkurs (siehe Kasten).

Auch andere Kassen hatten Mühe mit dem Modell und den erhöhten Anforderungen der Finma:

Die kleine Galenos muss sich auf Geheiss der Finma vom Eintrittsaltersystem verabschieden. Den Kunden werden in der Übergangsphase die gleichen Produkte mit Lebensalterprämien angeboten. Die Galenos sagt, ihre finanzielle Lage sei sehr gut.
Die Assura stellte ihre Angebote mit Eintrittsaltersystem im Jahr 2011 ein (K-Tipp 20/2011).
Auch bei der Sanitas stellte die Finma fehlende Rückstellungen in der Höhe von 150 Millionen fest. Das hatte unter anderem zur Folge, dass die Sanitas ihre Spitalzusatzversicherungen letztes und dieses Jahr um je 15 Prozent verteuern musste.

Vielen Kunden mit Privat- oder Halbprivatdeckung offeriert die Sanitas nun ein Produkt mit Lebensalterprämie. Verunsicherte Kunden haben sich in der Folge an den K-Tipp gewandt. Das sind die wichtigsten Tipps für sie:

Für jüngere Versicherte dürfte sich der Wechsel ins Lebensaltersystem lohnen, denn sie zahlen im neuen System noch ein paar Jahre lang eine tiefere Prämie. Auch Versicherte mit Gesundheitsvorbehalt können wechseln, der Vorbehalt bleibt aber erhalten.
Ältere Versicherte sollten beim bestehenden Produkt bleiben, denn die Sanitas führt es weiter. Gründe: Zum einen haben Kunden im bestehenden Produkt 100 Franken (halbprivat) oder 150 Franken (privat) versichert für jeden Tag, den sie im Pflegeheim sind. Diese Deckung ist attraktiv, weil der Betrag ohne Wartefrist ausbezahlt wird. Zweitens verpflichtete sich die Sanitas gegenüber der Finma, die Prämien nur moderat anzuheben: Sie dürfen jährlich nur um 3 Prozent steigen plus um den Index des Gesundheitskosten-Anstiegs.
Wer das neue Sanitas-Produkt möchte, muss nicht zur Gesundheitsprüfung. Das werde auch in den nächsten Jahren so sein, heissts bei der Sanitas.

Die Krankenkasse Swica führt bei ihren Spitalzusatz-Produkten ebenfalls beide Systeme: Eintrittsalter- und Lebensaltertarif. Sie sagt, sie habe mit dem Eintrittsaltertarif keine Mühe, es seien genügend Rückstellungen vorhanden. Sie musste deshalb die Prämien in den letzten zwei Jahren nicht erhöhen.

Tipp für Swica-Kunden: In jungen Jahren den günstigeren Lebensaltertarif abschliessen und spätestens mit 50 ohne Gesundheitsvorbehalt ins System mit Eintrittsaltertarif wechseln, um so spätere markante Prämiensprünge zu vermeiden.

Supra-Versicherte werden «zwangsversetzt»

Das sind die Folgen des Supra- Konkurses für die Kundinnen und Kunden:

Der Konkurs betrifft nur die freiwilligen Zusatzversicherungen. Die obligatorische Grundversicherung ist davon nicht berührt und wird weiterhin von der Supra betrieben.
Haben Supra-Kunden eine Zusatzversicherung (zum Beispiel halbprivat oder privat im Spital), wird diese Deckung auf Anfang 2013 automatisch zur Krankenkasse Assura transferiert – zu deren Tarifen und Bedingungen. Die Assura muss den Betroffenen ein möglichst gleichwertiges Angebot machen, und sie darf keine neuen Gesundheitsvorbehalte diktieren. Bei den Spitalprodukten ist jedoch mit Prämienerhöhungen zu rechnen, weil nun die Eintrittsaltergarantie dahinfällt. Und es ist denkbar, dass die Leistungen jetzt schlechter sind. Die neuen Policen der Assura sollten Anfang Dezember bei den Versicherten eintreffen.
Alle Betroffenen sind noch bis Ende Jahr bei der Supra zusatzversichert und müssen deshalb auch die Dezemberprämie zahlen.
Wer mit dem automatischen Zwangstransfer nicht einverstanden ist, kann die bestehenden Zusatzversicherungen bis zum 8. Januar 2013 kündigen. Doch aufgepasst: Ältere Versicherte haben kaum eine Chance, bei einem anderen Krankenversicherer eine Spitalzusatz-Versicherung zu erhalten.
Wer auch seine Grundversicherung bei der Supra hat, kann diese bis Ende November ganz regulär kündigen und beispielsweise zur Assura oder zu einer anderen Krankenkasse wechseln. Achtung: Die Kündigung muss am Freitag, 30. November, eingetroffen sein!

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