Michelle Fratton aus Andwil TG zahlt bei der Assura für Versicherungsmodell «Pharmed» bei einer Franchise von 500 Franken nur rund 330 Franken Prämie pro Monat. Fratton glaubte, «Pharmed» sei ein gewöhnliches Hausarztmodell, bei dem man zuerst den Hausarzt konsultieren muss.
Nach Erhalt der letzten Leistungsabrechnung Ende August weiss sie es besser. Sie war wegen Kopfschmerzen und Bluthochdruck beim Hausarzt und hatte Medikamente erhalten. Die Assura zahlte von der Arztrechnung 135 von total 260 Franken. 125 Franken für die Medikamente übernahm sie nicht. Grund: In der Variante «Pharmed» verpflichten sich die Versicherten, Medikamente «ausschliesslich bei einer angegebenen Vertrags-Apotheke zu beziehen». Die Apothekenliste wird den Versicherten zusammen mit der Police zugestellt. Sie ist auch auf der Website der Assura einsehbar.
An einigen Orten sind Vertragsapotheken rar
Das Problem: Es gibt nur wenige Vertragsapotheken. Eine Assura-Versicherte aus Buchs AG beispielsweise muss ihre Medikamente in der 25 Kilometer entfernten Apotheke in Nussbaumen bei Baden kaufen. In manchen Kantonen gibt es nur eine einzige Vertragsapotheke der Assura, zum Beispiel in Luzern (Horw) oder Solothurn (Egerkingen). Und auch im Kanton Thurgau, wo Michelle Fratton wohnt, gibt es bloss eine einzige von der Assura anerkannte Apotheke – und zwar in Steckborn. Das ist 30 Kilometer von ihrem Wohnort entfernt. Fratton will deshalb das Versicherungsmodell per Ende Jahr wechseln. Ein Hausarztmodell kostet sie bei der Krankenkasse Progrès nicht einmal zehn Franken pro Monat mehr.
Fratton ist kein Einzelfall: Auch andere «Pharmed»-Versicherte meldeten sich beim K-Tipp. Ihnen war beim Abschluss der Versicherung nicht bewusst, dass es je nach Wohnort nur wenige, möglicherweise weit entfernte Partnerapotheken der Assura gibt. Oder sie gingen davon aus, dass sie auch vom Hausarzt Medikamente beziehen dürften.
Auf Anfrage des K-Tipp sagt Assura-Sprecherin Karin Devalt, die Bedingungen der Versicherung seien klar. Wer die Medikamente beim Arzt beziehen wolle, solle ein normales Hausarztmodell auswählen.
Sparmodelle immer beliebter
Grundversicherte können mit einem alternativen Versicherungsmodell bis zu 20 Prozent Prämien sparen.
Es gibt Telmed-, Hausarzt- oder HMO-Modelle. Beim Telmed-Modell müssen Versicherte bei gesundheitlichen Problemen grundsätzlich zuerst einen medizinischen Beratungsdienst anrufen. Beim Hausarzt- und beim HMO-Modell ist man verpflichtet, zuerst den Hausarzt oder eine Gruppenpraxis zu konsultieren. Laut der Krankenversicherungsstatistik wählten 2008 knapp 25 Prozent der Erwachsenen eine alternative Versicherungsform – 2018 waren es bereits 71 Prozent.
Wichtig ist es, das Reglement beziehungsweise die Versicherungsbedingungen einzuhalten. Sonst drohen schwerwiegende Konsequenzen. So können etwa die CSS sowie die CSS-Töchter Arcosana und Sanagate die Leistung bei einem Regelverstoss ganz verweigern. Das ist zulässig: Das Bundesgericht segnete die Praxis ab, dass Krankenkassen bei Verstössen gegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen Leistungen verweigern dürfen (K-Tipp 15/2015).
Nicht ganz so weit gehen etwa KPT, Sanitas oder Swica: Sie können Versicherte bei wiederholten Verstössen ins teurere Standardmodell umteilen (K-Tipp 13/2018).