«Ein unglaublicher Ärger»
Das Maklerzentrum ruft wahllos Leute in der Schweiz an, lockt sie mit günstigeren Krankenkassen-Prämien – und hinterlässt oft ein heilloses Durcheinander.
Inhalt
K-Tipp 12/2010
12.06.2010
Letzte Aktualisierung:
15.06.2010
Ernst Meierhofer
Die Aussage von Familie Hediger aus Nürensdorf ZH ist typisch für die vielen Beschwerden, die in letzter Zeit beim K-Tipp eingegangen sind: «Wir bereuen es sehr, dass wir diesen Verkäufer ins Haus gelassen haben.»
Angélique Hediger zum Beispiel unterschrieb beim Maklerzentrum-Mitarbeiter zuerst den Antrag für die Spital-Halbprivatversicherung bei der Groupe Mutuel. Dann liess dieser ausrichten, diese Lösung sei nicht «optimal»...
Die Aussage von Familie Hediger aus Nürensdorf ZH ist typisch für die vielen Beschwerden, die in letzter Zeit beim K-Tipp eingegangen sind: «Wir bereuen es sehr, dass wir diesen Verkäufer ins Haus gelassen haben.»
Angélique Hediger zum Beispiel unterschrieb beim Maklerzentrum-Mitarbeiter zuerst den Antrag für die Spital-Halbprivatversicherung bei der Groupe Mutuel. Dann liess dieser ausrichten, diese Lösung sei nicht «optimal» und man wolle sie zur Innova vermitteln. Doch die Groupe Mutuel beharrt auf dem Vertrag. «Jetzt haben wir eine Lösung, die wir gar nie wollten», ärgert sich Hediger.
Gar als «hinterlistig» bezeichnet Familie Lerch aus Oekingen SO das Vorgehen des Maklerzentrums. Die Vermittlerin habe ihre Anträge gegen den Willen der Familie an die Groupe Mutuel weitergeleitet – obwohl von Anfang an klar war, dass eine Aufnahme in die Zusatzversicherungen nur mit einem Gesundheitsvorbehalt möglich gewesen wäre. Jetzt beharrt die Groupe Mutuel auf den unterschriebenen Anträgen.
Typisch ist auch der Fall von Jolanda Zangger aus Niederlenz AG. Sie unterschrieb einen Antrag in der Meinung, es handle sich um eine unverbindliche Offertenbestellung. Dass Anträge verbindlich sind – das erwähnen die Maklerzentrum-Vermittler gemäss Aussagen von Betroffenen nicht mit der gebotenen Deutlichkeit (siehe unten).
«Unverbindlicher Antrag» war definitive Anmeldung
Familie Ulrich aus dem Kanton Schwyz ist durch das Maklerzentrum ebenfalls in eine missliche Lage geraten. Die Familie wünschte, als Ganzes mit allen Kindern zur Sansan zu wechseln. Weil aber die Mutter von der Sansan keine Zusatzversicherung erhielt, sollte der «unverbindliche» Antrag – so der Vermittler – rückgängig gemacht werden. Doch das geht nicht, und jetzt erhält die Familie Rechnungen von zwei Krankenkassen.
Das Maklerzentrum vermittelt seine Kunden in erster Linie zur Groupe Mutuel. Wie zum Beispiel im Fall von Christoph Haller aus Urtenen-Schönbühl BE. Man habe ihm keine andere Kasse offeriert, sagt er. Besonders ärgerlich findet er, dass er nun bei den Zusatzversicherungen fünf Jahre lang an die Groupe Mutuel gebunden ist.
Wie negativ sich die enge Zusammenarbeit mit der Groupe Mutuel auswirkt, zeigt der Fall der 66-jährigen Doris Nussbaum aus Sirnach TG. Sie hatte bei der Sanitas die Spital-Halbprivatversicherung und wechselte diese auf Anraten des Maklerzentrums zur Groupe Mutuel. Dabei erhielt sie das Produkt «Hôpital Senior».
Kostenfalle für Patientin: Karenzfrist
Nur: Diese Versicherung kennt eine einjährige Karenzfrist, zahlt also erst nach Ablauf eines Jahres. Als Nussbaum ins Spital musste, lag sie zuerst zehn Tage halbprivat – und musste 7300 Franken aus der eigenen Tasche zahlen.
Dann lag sie für weitere sechs Wochen wider Willen auf der allgemeinen Abteilung. Immerhin: Das Maklerzentrum hat seinen Fehler eingesehen und der Frau die 7300 Franken ersetzt. Das sei ein «unglaublicher Ärger» gewesen, klagt Nussbaum.
Das sind zwei weitere Punkte, die bei K-Tipp-Leserinnen und -Lesern zur Verwirrung beitragen: Der Trick mit dem Kollektivrabatt. Wenn Telefonisten des Maklerzentrums Leute anrufen, um einen Termin für einen Besuch zu bekommen, betonen sie regelmässig, es gehe nicht um einen Wechsel der Krankenkasse, sondern um einen Kollektivrabatt bei den Zusatzversicherungen, der schon ab nächstem Monat wirksam werden könne.
Ein solches Kollektiv gibt es tatsächlich – doch für die Vermittlung erhält das Maklerzentrum keine Verkaufsprovision. Es verdient nur viel, wenn die Leute die Kasse wechseln – und das ist das Hauptinteresse des Maklerzentrums. Gemäss K-Tipp-Leserin Daniela Zumbühl aus Menziken AG sagte ihr ein Vermittler vom Mak- lerzentrum: «Irgendetwas müssen wir ja angeben, um einen Termin zu bekommen.»
Keine AVBs beim Abschluss. Leserinnen und Leser berichten übereinstimmend, beim Unterzeichnen des verbindlichen Versicherungsantrags hätten sie kein Exemplar der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) erhalten. Dann gilt aber: Kunden können die Versicherung innerhalb eines Jahres wieder kündigen und sind nicht an den Antrag gebunden.
Rolf Wirz, Chef des Maklerzentrums, hat zu allen Leserzuschriften Stellung genommen. Er gibt in Einzelfällen Versäumnisse des Maklerzentrums zu, betont aber, die Kunden hätten den Wechsel der Krankenkasse jeweils ausdrücklich gewünscht. Sie seien über alle wichtigen Belange korrekt informiert worden, und die AVBs würden beim Abschluss vorliegen. Beschwerden würden «bearbeitet». Und: «Wir lassen unsere Kunden nicht im Regen stehen.»
Tipps: Lassen Sie sich nicht überrumpeln!
- Achtung: Versicherungsanträge sind verbindlich.
- Seien Sie bei Versicherungsvermittlern äusserst skeptisch. Viele sind schlecht ausgebildet und wollen vor allem Verkaufsprovisionen kassieren.
- Oft behaupten Vermittler, durch den vorgeschlagenen Kassenwechsel sei der Kunde besser und günstiger versichert. Das stimmt häufig nicht.
- Unterschreiben Sie niemals sofort, sondern verlangen Sie Bedenkzeit.
- Versicherungsanträge sind verbindlich. Wer einen Antrag unterschreibt, ist im Prinzip an diesen Antrag gebunden. Viele Vermittler lassen ihre Kunden in der Meinung, mit ihrer Unterschrift unter den «Antrag» würden Sie nur eine Offerte bestellen oder den Besuch des Vermittlers bestätigen. Das ist gelogen.
- Falls Sie einen Antrag unterschreiben, der provisorische Prämien fürs nächste Jahr enthält, sind Sie daran nur gebunden, wenn die Prämie stimmt. Stellt sich die Prämie später als falsch heraus, können Sie die Grundversicherung im Herbst wieder kündigen, wenn die neuen Prämien bekannt werden. Bei den Zusatzversicherungen ist der Vertrag hinfällig, und Kunden sind nicht daran gebunden, falls die Prämie im Antrag falsch war (siehe K-Tipp 8/10).
- Kündigen Sie immer selber. Verlassen Sie sich nicht darauf, dass der Makler für Sie kündigt.