Die werdende Mutter Mirjam Welti aus Rorbas ZH hat eigentlich alles richtig gemacht. Zwei Monate vor der Geburt schickte sie dem Spital Bülach ZH die Patientenanmeldung. Darauf war angekreuzt, sie sei halbprivat versichert. Als Welti ins Spital eintrat und dann im Zweierzimmer lag, fragte sie das Personal mehr als einmal, ob mit der Kostenübernahme durch die Krankenkasse alles in Ordnung sei. Stets hiess es, sie solle sich keine Sorgen machen und sich erst mal in aller Ruhe von der Geburt erholen.
Doch wenige Tage nach der Geburt schrieb ihr die Krankenkasse Easysana (gehört zur Groupe Mutuel), ihre Spitalzusatz-Versicherung zahle die halbprivate Abteilung nicht. Das stehe so in den Versicherungsbedingungen. Der grosse Schock folgte zwei Monate später. Das Spital Bülach schickte die Rechnung für den 6-tägigen Aufenthalt im Zweierzimmer: 7100 Franken.
Anhand dieses Falls lassen sich wichtige Punkte aufzeigen, die werdende Mütter beachten sollten:
Kostengutsprache
Mirjam Welti verliess sich darauf, dass das Spital die Kostengutsprache bei der Krankenkasse einholen würde. Das hat eine Mitarbeiterin der Spital-Administration auch frühzeitig gemacht – aber telefonisch. So erhielt sie die Auskunft, die Zusatzversicherung zahle auch bei Geburt.
Diese Auskunft war falsch. Es ist unverständlich, dass sich ein Spital in einer so wichtigen Sache auf eine mündliche Auskunft verlässt.
Eine schriftliche Kostengutsprache holte das Spital erst am 16. Juli ein, als die Patientin schon im Spital war. Der negative Bescheid der Easysana datiert vom 23. Juli – da war Welti bereits wieder daheim. Im Bescheid stand klar, dass Mutterschaft bei der Groupe Mutuel in der betreffenden Spitalzusatz-Versicherung nicht versichert ist. Die Kasse musste also nur die Kosten der allgemeinen Abteilung übernehmen.
Tipp: Es ist besser, wenn Patientinnen und Patienten bei planbaren Operationen und vor Geburten die Kostengutsprache bei der Krankenkasse selber einholen – und zwar frühzeitig und schriftlich. Verlassen Sie sich nie auf mündliche Auskünfte von Krankenkassen-Angestellten!
Mangelhafte Versicherungsdeckung
Junge Frauen müssen sich merken: Bei der betreffenden Spitalzusatz-Versicherung der Groupe Mutuel (sie heisst Global Flex) ist Mutterschaft generell ausgeschlossen.
Diese unter Fachleuten bekannte Ausnahme bei der Groupe Mutuel müssten eigentlich auch die Spitäler kennen – und sich bei den Groupe-Mutuel-Kundinnen entsprechend verhalten. Das Spital Bülach sagt dazu, eine Patientenadministration könne unmöglich den Überblick über alle Zusatzversicherungen mit ihren unterschiedlichen Bedingungen haben.
Übrigens: Bei der Krankenkasse Assura ist die Mutterschaft gar bei sämtlichen Spitalzusatz-Versicherungen ausgeschlossen.
Flex-Versicherung kann teuer werden
Wie gesagt: Mirjam Welti hat eine Flex-Spitalzusatzversicherung. Das heisst: Sie kann vor jedem Spitaleintritt neu entscheiden, in welche Abteilung sie gehen will. Liegt sie allgemein, kostet sie das weiter nichts. Liegt sie im Zweierzimmer halbprivat, kostet das zusätzlich 400 Franken für jeden Tag (maximal 4000 Franken pro Kalenderjahr). Sie könnte sich auch die Privatabteilung leisten. Das würde Welti allerdings 600 Franken pro Tag kosten (maximal 5000 Franken pro Jahr).
Auch viele andere Krankenkassen haben solche Flex-Angebote. Sie sind deutlich günstiger als die meisten übrigen Spitalzusatzversicherungen, bei denen generell bei jedem Spitalaufenthalt z. B. die halbprivate Abteilung bezahlt ist. Doch der Fall von Mirjam Welti zeigt: Wenn Patienten die Abteilung wählen, wird es schnell teuer. Im Fall von Welti
(6 Tage Aufenthalt) sind es 2400 Franken. Da ist der Prämienvorteil für lange Zeit «aufgebraucht».
Einen kleinen Lichtblick gab es für die junge Mutter trotzdem noch. Das Spital hat die Rechnung von ursprünglich 7100 Franken auf 2400 Franken reduziert. Das sei exakt der Betrag, den die Frau sowieso zahlen müsste, wenn Mutterschaft bei ihrer Versicherung eingeschlossen wäre. Das sei aber kein Schuldeingeständnis, betont das Spital Bülach.
Junge Frauen: Karenzfrist beachten!
Bei den Krankenkassen gilt in der Regel: Geburten werden von der Halbprivat- oder Privat-Spitalversicherung erst bezahlt, wenn die Frau mindestens neun Monate oder ein Jahr lang Prämien für die betreffende Spitalversicherung gezahlt hat. Das nennt man Karenz- oder Wartefrist.
Das müssen vor allem junge Frauen wissen, die die Spitalzusatzversicherung wechseln. Viele Versicherungsverkäufer machen nicht auf diese Karenzfrist aufmerksam – worauf die Frau den Aufpreis selber zahlen muss, weil der Versicherungsschutz für die höhere Spitalabteilung noch nicht gilt.
Wenn also Frauen für die Halbprivat- oder Privatspitaldeckung erst dann zu einer anderen Versicherung wechseln, wenn sie bereits schwanger sind, ist es zu spät.
Bei der obligatorischen Grundversicherung gibt es hingegen keine Wartefrist. Auch Schwangere können deshalb die Grundversicherung jederzeit und ohne Probleme wechseln.