Die Offerte ist verlockend günstig: Nur Fr. 50.10 müsste eine Familie aus dem Baselbiet pro Jahr zahlen, um für den 14-jährigen Sohn eine Unfallversicherung abzuschliessen. Dafür hätte er bei Invalidität ein Kapital von 160 000 Franken versichert.
Das tönt nach einer sehr hohen Versicherungssumme für wenig Geld – doch das Angebot hat einen Haken: Es ist «nur» eine Unfallversicherung.
Es ist zwar sinnvoll, wenn Eltern für ihre Kinder eine Risikoversicherung ins Auge fassen. Der wichtigste Grundsatz dabei ist aber: Das Kind ist nur dann vollständig abgesichert, wenn nicht nur das Risiko Unfall gedeckt ist, sondern auch Krankheiten. Der Grund: Krankheiten sind rund acht- bis zehnmal häufiger die Ursache für eine Invalidität – sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen. Darum sind reine Unfallversicherungen auch so günstig.
Die Familie aus dem Baselbiet hat sich deshalb bei der Mobiliar-Versicherung nach der Prämie für eine «vollständige» Kapitalversicherung für ihren 14-jährigen Teenager erkundigt, die bei Unfall und bei Krankheit zahlt. Antwort der Mobiliar: Fr. 129.90 pro Jahr – also mehr als das Doppelte.
Variante 1: Kapitalversicherung
Ein solches versichertes Invaliditätskapital gibt es bar auf die Hand, falls ein Kind invalid wird. Mit der einmaligen Kapitalauszahlung lassen sich zum Beispiel behindertengerechte Umbauten oder dringend benötigte Anschaffungen finanzieren.
Die Tabelle zeigt einen Prämienvergleich für ein einmaliges Invaliditätskapital von 100 000 Franken für ein einjähriges Kind. In der Regel bleibt diese Prämie gleich, bis das Kind ins Erwachsenenalter kommt. Dazu weitere wichtige Details:
- Die Tabelle zeigt, dass etliche Gesellschaften zum Invaliditätskapital auch noch zwangsweise ein Todesfallkapital mitversichern (meist zwischen 2500 und 10 000 Franken). Dieses wird ausgezahlt, falls das Kind infolge Krankheit oder Unfall stirbt. Diese Deckung ist aber nicht nötig, weil der Tod eines invaliden Kindes die Eltern finanziell entlastet.
- Die Tabelle zeigt auch Unterschiede bei der Wartefrist. Diese fängt dann an zu laufen, wenn die Invalidität des Kindes medizinisch feststeht. Dass Eltern bei einigen wenigen Gesellschaften anschliessend noch 12 oder gar 24 Monate lang auf die Auszahlung des Geldes warten sollen, ist unverständlich.
- Der Grad der Invalidität infolge Krankheit wird vom Arzt und von der IV festgelegt. Der Invaliditätsgrad bemisst sich daran, wie stark das Kind später bei der Ausübung eines Berufs behindert sein wird beziehungsweise wie gross die Erwerbseinbusse im Berufsleben sein wird. Liegt dieser Grad über 66 oder 70 Prozent (je nach Versicherer), zahlen die Gesellschaften das volle versicherte Kapital aus. Liegt er unter 25 oder 40 Prozent, gibt es gar nichts. Dazwischen wird die Auszahlung nach dem Grad der Invalidität abgestuft.
- Nach Unfällen bemisst sich der Invaliditätsgrad in Anlehnung an die Gliederskala. Der Verlust einer Hand ergibt z. B. einen Invaliditätsgrad von 60 Prozent, der Verlust eines Auges einen solchen von 30 Prozent. Wer vollständig gelähmt oder blind ist, ist zu 100 Prozent invalid.
- Für die Auszahlung des Kapitals kommt nach Unfällen aber zusätzlich die in der Tabelle erwähnte Progression zum Zug, also eine Erhöhung der Entschädigung über den eigentlichen IV-Grad hinaus. Bei einem IV-Grad von 63 Prozent erfolgt zum Beispiel eine Auszahlung von 165 Prozent der versicherten Summe, bei 100-prozentiger Unfallinvalidität werden 350 Prozent der versicherten Summe ausgezahlt. Aber eben: Diese Progression gibt es nur nach Unfällen.
- Die Tabelle zeigt auch Unterschiede beim Abschlusstermin. Gesellschaften, bei denen das Kind erst nach der Geburt versichert werden kann, nehmen dieses nur auf, wenn es gesund ist. Besser ist es, wenn man das Kind schon vor der Geburt versichern kann, dann geniesst es vom ersten Lebenstag an Versicherungsschutz – wobei Geburtsgebrechen dennoch meist von der Deckung ausgeschlossen sind (ausser bei der Mobiliar).
- Alle Arzt- und Spitalkosten sind über die Krankenkasse abgedeckt.
Variante 2: Invalidenrente
Zur Absicherung der Mehrkosten für ein invalides Kind können Eltern nebst dem Invaliditätskapital noch eine jährliche Rente abschliessen. Hier hat nur die Mobiliar ein brauchbares Angebot: Eine Kinderinvalidenrente von 2000 Franken pro Monat, die im Invaliditätsfall lebenslang ausgezahlt wird, kostet bei ihr eine Jahresprämie von Fr. 562.10 – vom ersten bis zum 18. Lebensjahr.
Wie bei der Kapitalversicherung gilt auch hier, dass die Versicherung mit Erreichen der Mündigkeit weitergeführt werden kann, dass sich die Auszahlung der Rente am Grad der Invalidität bemisst und Geburtsgebrechen nicht versicherbar sind.
Achtung: Insbesondere Krankenkassen bewerben Produkte, die nur Invalidität bei Unfall abdecken, mit Aussagen wie «kindgerechter Versicherungsschutz» oder «vollumfängliche Absicherung». Doch wie gesagt: Solche Unfallversicherungen sind zwar viel günstiger, aber eben gerade keine «vollumfängliche» Absicherung.
Zu meiden sind auch Angebote, welche die Risikodeckung mit einem Sparprozess kombinieren. Risikoversicherungen sollte man grundsätzlich separat abschliessen und sich beim Sparen auf Angebote der Banken konzentrieren.
Buchtipp
Der K-Tipp-Ratgeber «So sind Sie richtig versichert» bietet einen Überblick über wichtige Versicherungen. Und zeigt auf, worauf man beim Abschluss einer Police achten muss. Die neue aktualisierte Auflage erscheint im Juni.