Jeder Internetbenutzer kennt das Ärgernis: Wer von tieferen Preisen in einem ausländischen Webshop profitieren möchte, scheitert an der automatisierten Umleitung. Das heisst: Die gewählte Adresse mit .de- oder .com-Endung wechselt auf die entsprechende Schweizer Seite mit .ch. Oder auf dem Bildschirm erscheint die Meldung: «Hier bestellte Artikel können nur in Deutschland ausgeliefert werden.»
Hintergrund: Die gewählte Webadresse erkennt Schweizer Computer an ihrer IP-Adresse – und sperrt sie so vom günstigen Einkaufen aus. So schützen internationale Händler und Dienstleistungsunternehmen ihre hohen Schweizer Gewinnmargen. Beispiele:
Der Reiseveranstalter Tui erlaubt Schweizer Kunden keinen Besuch auf seiner Website Tui.com und leitet sie automatisch auf die Schweizer Seite Tui.ch. Was beispielsweise dazu führt, dass Badeferien im Puravida Resort Blau auf Mallorca bei Tui.ch für zwei Erwachsene 2354 Franken kosten. Auf Tui.com wären es für die gleiche Reise fast 1000 Franken weniger.
Der US-Modekonzern Hollister verkauft auf Hollisterco.com Jeans für umgerechnet 25 Franken. In Europa betreibt der Konzern einen Shop für europäische Kunden. Von der Schweiz aus wird man automatisch auf diesen Shop umgeleitet. Hier kosten die Jeans doppelt so viel.
Ähnlich beim Möbelhändler Depot-online.com: Auf der deutschen Website kostet die Stehlampe Oslo 129 Euro, auf der Schweizer Seite 229 Franken.
Mit speziellem Gerät anonym ins Internet
Die automatische Umleitung auf Webshops mit .ch-Endung lässt sich verhindern, wenn man die Herkunft der Anfrage verschleiert. Zwei Möglichkeiten, um dies erreichen:
Zusatzgerät: Mit dem neuen Gerät «eBlocker» kann man laut Hersteller anonym im Internet surfen. In der Familienversion kostet die kleine Box 440 Franken (inklusive Software-Updates). Die Installation ist einfach: Das Gerät wird mit einem mitgelieferten Kabel an den Internetrouter angeschlossen. Danach fliesst der gesamte Internetverkehr über den «eBlocker».
Ein Praxistest des K-Tipp zeigt: Alle am Router angeschlossenen Computer, Handys und Tablets gehen mit dem «eBlocker» tatsächlich anonym ins Internet: Schweizer Kunden können so also in ausländischen Internetshops einkaufen. Einschränkung: Im Praxistest stürzte das System beim Gebrauch immer wieder ab.
Zusatzprogramm verschleiert Herkunft
Zusatzprogramm: Hilfreich sind Gratis-Zusatzprogramme – sogenannte «Addons» – für den Internetbrowser. Damit kann man den virtuellen Standort je nach Bedarf nach Deutschland oder in die USA verlegen.
Zu den bekanntesten «Addons» gehören «Zenmate» (Zenmate.de) oder «Hotspot Shield» (Hotspotshield.com/de). Die Benutzung der Gratisprogramme ist oft mit Werbung verknüpft, die man wegklicken muss. Wer sie uneingeschränkt nutzen will, muss sie kaufen.
Die EU plant, solche Internetsperren zu verbieten. Deshalb änderten einige Händler den Zugang zu ihren Websites. Shops mit den günstigeren Preisen lassen sich nun zwar von der Schweiz aus aufrufen. Wer ein Produkt bestellen möchte, wird anschliessend auf den teureren .ch-Shop verwiesen.
Zum Beispiel beim Versandhaus Bonprix: Auf der .de-Seite kostet eine Funktionsjacke 80 Euro. Das gleiche Stück ist auf Bonprix.ch mit 156 Franken fast doppelt so teuer.
Weiterleitungsdienst kann sich lohnen
Schweizer Konsumenten können die Liefersperre mit einem Weiterleitungsdienst umgehen. Dabei gibt man im Shop als Lieferadresse die Adresse des Dienstes an. Dieser leitet dann die Pakete aus dem Ausland in die Schweiz weiter.
Beispiel: Der K-Tipp bestellte die erwähnte Funktionsjacke von Bonprix via Meineinkauf.ch. Nach vier Arbeitstagen traf die Lieferung ein. Kosten inklusive Umweg: 106 Franken. Die Ersparnis zum Preis im Schweizer Bonprix-Shop betrug damit 50 Franken.
Weiterleitungen lohnen sich bei kleinen Einkaufssummen allerdings nicht. Und: Bei solchen Diensten wird ein Umtausch aufwendig und teuer.
«Die Mehrausgaben für Schweizer Kunden sind hoch»
Preisüberwacher Stefan Meierhans kritisiert die Internetschikanen für Schweizer Kon-sumenten. Doch ihm sind die Hände gebunden.
Internationale Händler verhindern, dass Schweizer Konsumenten im Internet güns-tiger einkaufen können. Ein Fall für den Preisüberwacher?
Stefan Meierhans:Das sogenannte Geoblocking ist sehr ärgerlich. Die Mehrausgaben, die uns Schweizern und Schweizerinnen dadurch entstehen, sind hoch. Ohne dieses Handelshemmnis hätten wir mehr Geld in unseren Portemonnaies.
Die EU plant, dieses Geoblocking zu ver-bieten, der Bundesrat bleibt untätig.
Diese Untätigkeit korrespondiert leider mit der in der Verwaltung weit verbreiteten Haltung, wonach Preisdiskriminierung nicht grundsätzlich etwas Schlechtes sei. Da bin ich natürlich dezidiert anderer Meinung.
Was können Sie als Preisüberwacher bewirken?
Ich kann auf das Problem aufmerksam machen und allenfalls versuchen, bei geplanten Gesetzen in Vernehmlassungsverfahren Einfluss zu nehmen. Sonst sind mir die Hände leider gebunden: Ein Gesetz, das die Diskriminierung der Schweizer verbietet, kann ich nicht selber erlassen.
Können Sie die Preise beeinflussen?
Direkt auf den Preis Einfluss nehmen kann ich nur, wenn es bei einem bestimmten Produkt oder einer bestimmten Dienstleistung keine valable Alternative gibt. Deshalb darf ich in den von Geoblocking betroffenen Märkten in der Regel nicht direkt intervenieren. Es bleibt mir deshalb nichts anderes übrig, als diese ärgerliche Praxis der Preisdiskriminierung immer wieder öffentlich an den Pranger zu stellen.