Die Telecomfirma Salt zeigte sich Mitte April in einer Mitteilung erfreut über die Auszeichnung «Testsieger» im Bereich «Mobilfunkanbieter». Dazu bildete Salt ein Siegel mit einem grossen «Q» und einem Schweizerkreuz ab. Laut Salt vergab die «Unabhängige Schweizer Institut für Qualitätstests GmbH» das Siegel.
Auch der Discounter Lidl schmückt Prospekte oft mit Siegeln dieses Instituts. Die Auszeichnungen heissen etwa «1. Platz Brot & Backwaren» und «1. Platz Obst & Gemüse». Im Internet führt Lidl total sieben «Q»-Siegel auf, eines davon für den «besten Discounter».
Viele weitere Schweizer Unternehmen verwenden das Siegel für ihre Werbung, zum Beispiel die Krankenkasse Atupri, das Internetunternehmen iWay, die Neuroth-Hörcenter, die Versicherung Smile und der Zürcher Weinhändler Bindella.
Das «Q»-Siegel und der Name des angegebenen Instituts erwecken den Anschein, dass Produkte und Dienstleistungen getestet wurden. Fakt ist: Von Qualitätstests kann nicht die Rede sein. Im Fall von Salt handelt es sich laut Angaben auf der Internetseite des Instituts um einen Vergleich von «Angebotsspektrum, Transparenz und Tarifen». Der Kundendienst sei mit fünf Telefonaten «verdeckt getestet» worden. Über die Qualität des Salt-Netzes – etwa Datenübertragung und Zuverlässigkeit – sagt das Siegel nichts aus.
Für die «Q»-Siegel bei Lidl wurden laut dem Institut «rund tausend» Kunden befragt – wozu, bleibt unklar. Das Siegel enthält keine Aussagen beispielsweise über die Qualität der Waren.
Bis 4490 Franken für ein gekauftes Siegel
Andere Siegel des «Schweizer Instituts» stützen sich auf Selbstdeklarationen der Unternehmen. Das gilt zum Beispiel für das Siegel «Top Arbeitgeber IT-Branche». Ein Schreiben des Instituts an Informatikfirmen verdeutlicht das Vorgehen: Diese sollen auf einem Fragebogen Antworten ankreuzen. Das Institut werte diese dann aus und nehme «eine Analyse von Transparenz und Aussagekraft des Webauftritts» sowie eine «Prüfung des Bewerbungs-Handlings» vor.
Im Schreiben nennt das Institut die Preise für ein Siegel. Je nach Grösse des Unternehmens werden pro Jahr zwischen 1490 und 4490 Franken fällig. Firmen, die den Fragebogen ausfüllen, verpflichten sich damit, das Siegel zu kaufen.
Firmensitz des «Schweizer Instituts für Qualitätstests» ist eine Briefkastenadresse in Zürich, an der über 40 weitere Unternehmen gemeldet sind. Sie haben als Ansprechpartnerin eine Rechtsanwältin, die ihr Büro an dieser Adresse hat.
Bundesstelle prüft rechtliche Schritte
Vorsitzender des Instituts ist der Deutsche Felix Küsell. Er führt von Deutschland aus eine ganze Firmengruppe, zu der auch das «Schweizer Institut» zählt. Küsell schreibt dem K-Tipp, zu jedem Siegel sei im Internet erkennbar, «was geprüft wurde und mit welcher Methodik». Die Angaben der Firmen würden «soweit möglich nachgeprüft». Er verwende das Schweizerkreuz, weil sich seine Firma «mit Verbraucherstudien zur Schweiz beschäftigt und Rankings zu Schweizer Unternehmen erstellt». Die Firma sei «virtuell organisiert» und benötige kein Büro.
Das Eidgenössische Institut für geistiges Eigentum sagt auf Anfrage, Firmen dürften ihre Dienste nur als schweizerisch bewerben, wenn sie hier ihre Verwaltung haben und hier ihre massgeblichen Tätigkeiten ausüben. Ein Briefkasten allein genüge nicht. Man prüfe daher rechtliche Schritte. Lidl und Salt sagen, sie würden am «Q»-Siegel festhalten.
Der K-Tipp testet Produkte unabhängig von Herstellern
Der K-Tipp führt zusammen mit seinen Partnermagazinen «Saldo» und «Gesundheitstipp» jährlich rund hundert Produktetests durch.
Mit der Umsetzung beauftragt die K-Tipp-Testredaktion unabhängige, spezialisierte Labors im In- und im Ausland. Alle getesteten Produkte werden anonym und ohne Wissen der Hersteller und Händler eingekauft. So ist sichergestellt, dass die Produkte vor dem Test im Labor nicht manipuliert werden können.
Die Testredaktion legt vor der Publikation die Laborergebnisse den Herstellern, Händlern oder Importeuren zur Stellungnahme vor. Die einzelnen Prüfpunkte und die Gesamtbeurteilung der Produkte werden in den Zeitschriften transparent begründet und dargelegt. Firmen, die mit guten Testresultaten werben wollen, können dies auf Anfrage tun. Der Verlag verkauft Testlabels aber nicht aktiv. Sämtliche Erlöse aus dem Labelverkauf fliessen in neue Labortests.