Einseitig verteiltes Risiko
Inhalt
K-Tipp 12/2002
12.06.2002
Kontokarten-Diebstahl: Hoffen auf grosszügige Bank
Ein Trickdieb hob mit der Kontokarte einer Pensionärin Geld ab. Obwohl die Frau ihre Karte sofort sperren liess, muss ihr die Bank den Betrag nicht ersetzen.
Rolf Muntwyler rom@ktipp.ch
Am Bankautomaten in der UBS-Filiale in Lyss BE hatte Elsa Freiburghaus (Name geändert) eben den Code und den Betrag von 380 Franken eingetippt. In diesem Moment drängelte sich ein französisch sprechender Mann zwis...
Kontokarten-Diebstahl: Hoffen auf grosszügige Bank
Ein Trickdieb hob mit der Kontokarte einer Pensionärin Geld ab. Obwohl die Frau ihre Karte sofort sperren liess, muss ihr die Bank den Betrag nicht ersetzen.
Rolf Muntwyler rom@ktipp.ch
Am Bankautomaten in der UBS-Filiale in Lyss BE hatte Elsa Freiburghaus (Name geändert) eben den Code und den Betrag von 380 Franken eingetippt. In diesem Moment drängelte sich ein französisch sprechender Mann zwischen sie und den Bancomaten, zeigte ihr eine Visa-Karte und fragte, ob er damit Geld beziehen könne.
«Das hat mich total verärgert», erinnert sich die 67-Jährige. Sie verwies ihn mit harschen Worten auf das Visa-Kartenlogo, das auf dem Bancomaten aufgeklebt ist. Der Mann sagte ihr daraufhin, der Automat hätte soeben ihre Karte eingezogen.
Kein Problem, dachte Elsa Freiburghaus im ersten Moment. Die Karte würde sie per Post zugeschickt bekommen, wie es in solchen Fällen üblich ist. Sie entnahm Quittung und Geld, das der Automat dennoch herausgegeben hatte. Weil ihr «die Geschichte trotzdem spanisch vorkam», griff sie zum Handy, liess ihre Karte sperren und meldete den Vorfall der Polizei. Damit schien ihr alles in Ordnung zu sein.
Umso überraschter war sie, als sich herausstellte, dass 4620 Franken auf ihrem Konto fehlten. Der Mann mit der Visa-Karte hatte in der kurzen Zeit zwischen Diebstahl und Sperrung der Karte das Geld abgehoben.
Bank haftet nicht für das gestohlene Geld
Erst jetzt ging Freiburghaus ein Licht auf: «Während mir der Dieb die Sicht verdeckte, hat er meine Kontokarte aus dem Kartenschlitz gezogen.» Den Code muss er der Bankkundin beim Eintippen abgeschaut haben. Von einem Polizeibeamten erhielt sie später die Auskunft, dass sie das «Opfer einer Franzosenbande» geworden sei, die an diesem Tag in der Schweiz auf Diebestour gewesen war.
Von der UBS forderte Freiburghaus Ersatz für den gestohlenen Betrag. Schliesslich habe sie richtig reagiert. «Dies haben mir UBS und Polizei bestätigt.»
Trotzdem hat die Pensionärin gemäss UBS-«Rahmenbedingungen beim Einsatz elektronischer Hilfsmittel» keine Entschädigung zugut: «Das Risiko für Einsätze der elektronischen Hilfsmittel vor Wirksamwerden der Sperre innert geschäftsüblicher Frist trägt der Kunde.»
Ist es fair, dass die UBS das ganze Risiko auf die Kunden abschiebt? Die Frage könne er so nicht beantworten, sagt UBS-Pressesprecher Serge Steiner. Mit diesen Vertragsbestimmungen sichere sich die Bank ab. «Wir gehen aber normalerweise kulant vor, wenn die Kunden ihre Sorgfaltspflicht erfüllen», fügt er hinzu. Deswegen könne Freiburghaus damit rechnen, dass die UBS «für einen grossen Teil des Schadens» aufkomme.