Einstecken und schweigen
Was tun Firmen und Behörden, wenn Kundinnen und Kunden zu viel Geld überweisen? Der K-Tipp hat es ausprobiert.
Inhalt
K-Tipp 15/2004
22.09.2004
Ernst Meierhofer - emeierhofer@ktipp.ch
Für Sie und Basel» lautet das Motto der Kantonspolizei Basel-Stadt. Passiert ein Unfall, agieren die Beamten vor Ort «mit kühlem Kopf, Autorität und Durchsetzungsvermögen». So steht es im Internet auf der Homepage der Kapo.
Die Buchhaltung der Polizei ist weit weniger auf Trab. Das zeigte sich, als eine Redaktorin des K-Tipp einen Velounfall baute und dann für die «Aufnahme eines Verkehrsunfalls» 316 Franken zahlen musste. Sie überwies 336 Franken - die Basler Kapo kass...
Für Sie und Basel» lautet das Motto der Kantonspolizei Basel-Stadt. Passiert ein Unfall, agieren die Beamten vor Ort «mit kühlem Kopf, Autorität und Durchsetzungsvermögen». So steht es im Internet auf der Homepage der Kapo.
Die Buchhaltung der Polizei ist weit weniger auf Trab. Das zeigte sich, als eine Redaktorin des K-Tipp einen Velounfall baute und dann für die «Aufnahme eines Verkehrsunfalls» 316 Franken zahlen musste. Sie überwies 336 Franken - die Basler Kapo kassierte das kommentarlos ein.
«Es ist uns entgangen», heisst es im Entschuldigungsbrief, als sich der K-Tipp nach dem Verbleib der 20 Franken erkundigte.
Da können sich die Basler Ordnungshüter an den Zürchern ein Beispiel nehmen. Für eine Parkbusse erhielt das Stadtrichteramt Zürich 60 Franken zu viel. Postwendend kam ein Brief mit der Bitte, ein Konto für die Rückerstattung anzugeben. «Selbstverständlich können Sie das Geld auch persönlich an unserer Kasse abholen», hiess es im Schreiben.
In einem ähnlichen Fall schickte die Stadtpolizei die zu viel bezahlten 10 Franken prompt per Check zurück.
Das sind drei Fälle, die sich aus einer Stichprobe von K-Tipp-Mitarbeitern und
-Mitarbeiterinnen ergeben haben. Gesamthaft haben 40 Firmen zu viel Geld im Betrag zwischen 10 und 100 Franken erhalten - alle via ein elektronisches Yellownet-Postkonto.
25 Firmen und Behörden haben sofort reagiert und das Geld zurückgeschickt, 15 haben sich nicht gemeldet.
Top: Krankenkassen, Telefongesellschaften
Am leichtesten hatten es natürlich Firmen, die regelmässig (teils monatlich) eine Rechnung schicken. Wie zum Beispiel die Telefongesellschaften Globalzone, Orange, Sunrise und Swisscom: Sie haben eine Rechnungsperiode später den zu viel verbuchten Betrag des Vormonats gutgeschrieben. Ohne Kommentar. Das geschah auch bei der Gebühreneintreiberin Billag (Radio und TV) sowie bei den Kundenkarten von Jelmoli und Möbel Pfister.
Die Krankenkassen blieben ebenfalls nichts schuldig. Concordia und Luzerner Hinterland wählten den einfachsten Weg: Der Betrag wurde von der nächsten Rechnung abgezogen (mit entsprechendem Vermerk).
Aufwändiger machten es Helsana und ihre Tochtergesellschaft Sansan: Sie schickten eine separate Abrechnung («Manuell veranlasste Auszahlung») und schrieben anschliessend den Überbetrag dem Postkonto in einem Extra-Arbeitsgang gut.
Mehr Mühe hatten Firmen, von denen Konsumentinnen und Konsumenten nur in Einzelfällen oder einmal pro Jahr eine Rechnung erhalten.
Wie zum Beispiel der Verleiher DVD-Club. Die zu viel bezahlten 20 Franken seien der Mitarbeiterin in der Buchhaltung «nicht aufgefallen», man bedaure das Missgeschick.
Oder die Zahnpflegeprodukte-Firma Medirel SA in Agno TI. Das «System» habe den Mehrbetrag «nicht automatisch ausgewiesen». Das werde aber nach einer EDV-Umstellung geändert. Der Ackermann-Versand macht ebenfalls technische Gründe geltend. In der Regel betonen die Firmen, das zu viel bezahlte Geld sei sicher nicht verloren gewesen, sondern irgendwo in der Buchhaltung parkiert.
Bei der Gewerkschaft Comedia heisst es, die einbezahlten Mitgliederbeiträge würden automatisch verbucht und nicht bzw. erst Ende Jahr kontrolliert. Dazu schreibt die Comedia: «Aufgrund der Tatsache, dass heute vermehrt Zahlungen über Internet getätigt werden, wo Fehleingaben beim Zahlungsbetrag möglich sind, werden wir unsere internen Abläufe anpassen.»
Opernhaus: Korrekt, aber kompliziert
Auch die SBB reagieren. Die zu viel bezahlten 90 Franken für ein GA wären zwar im nächsten Jahr berücksichtigt worden. Künftig würden aber zu viel bezahlte Beträge sofort zurückerstattet.
Zu diesem Schritt ist die Kabel-TV-Firma GGA Maur nicht bereit. Sie schreibt, die zu viel einbezahlten 20 Franken seien in einem Übergangskonto «sauber aufgeführt». Sofortige Rückerstattungen gebe es erst ab 50 Franken.
Dass es auch anders geht, beweisen unter anderen die Firmen BSH Hausgeräte und V-Zug. Beide haben das Geld sofort zurückbezahlt.
Das tat auch das Opernhaus Zürich. Der Kulturtempel beschritt aber einen unnötigen bürokratischen Umweg: Der K-Tipp-Tester, der auch hier via Postkonto eingezahlt hatte, musste für die Rückerstattung eine Kreditkartennummer angeben.