Die meisten Elektrovelo-Hersteller machen ein Geheimnis aus der Reichweite ihrer Produkte. In den Datenblättern, in denen alle technischen Details aufgeführt sind, fehlen meistens Angaben zur Reichweite.
Dabei ist die Reichweite für die Käufer eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Und die Unterschiede zwischen den Elektrovelos sind gross. So mass etwa der Touring Club Schweiz (TCS) im vergangenen Jahr bei zehn vergleichbaren Trekkingvelos mit Elektroantrieb Reichweiten zwischen 47 Kilometern (Modell Wheeler i-Finity hybrid 28) und 77 Kilometern (Modelle Cresta eGiro Neo+ und Scott Sub Sport eRide 20). Es handelt sich um Durchschnittswerte.
Viele Velohersteller versprechen zu viel
Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) testete letztes Jahr ebenfalls neun Elektrovelos mit elektrischem Antrieb, und zwar jeweils bei mittlerer und bei maximaler Tretunterstützung: Der Testsieger Cowboy 2 kam auf Reichweiten von 70 bis 101 Kilometern. Hersteller Cowboy hatte angegeben, die Reichweite betrage 70 Kilometer. Er hatte also nicht hochgestapelt, sondern fairerweise das Minimum angegeben. Die anderen Hersteller – ausser Ampler – versprachen alle Reichweiten, die sie nicht einhalten konnten.
Die Reichweite hängt von vielen Variablen ab. Einen Einfluss haben nicht nur die Stärke des Motors, die Akkugrösse, der Velotyp und das Pneuprofil. Auch das Gelände, der Belag, der Wind, die Temperatur, das Gewicht des Fahrers, das Tempo und die gewählte Unterstützung spielen eine Rolle. Und vor allem, wie stark der Fahrer mitpedalt.
Die Distanz zu ermitteln, ist eine komplexe Rechnung. Hilfreich beim Ermitteln realistischer Werte sind deshalb Reichweitenrechner, wie sie etwa der Motoren- und Akku-Hersteller Bosch anbietet. Sie sind im Internet zu finden mit den Suchbegriffen «Bosch», «Reichweiten» und «Assistent».
Grundsätzlich gilt: Die Reichweite von Elektrovelos mit einer Maximalgeschwindigkeit von 45 Kilometern pro Stunde ist kleiner als diejenige von Elektrovelos, die maximal 25 Kilometer pro Stunde fahren. Deshalb sollte ein «schnelleres» Elektrovelo über einen grösseren Akku verfügen.
Fahrer können nicht nur Strom sparen, indem sie kräftig mitpedalen. Wichtig sind unter anderem auch folgende Punkte:
- Hohe Trittfrequenz: 70 bis 80 Umdrehungen pro Minute sind gut, 90 noch besser.
- Niedrige Unterstützung: Nach Steigungen sofort eine niedrigere Unterstützungsstufe wählen.
- Hoher Luftdruck: Auf den Pneus steht, wie stark sie höchstens aufgepumpt werden dürfen.
- Wenige Stopps: Vorausschauend fahren, möglichst nicht anhalten.
- Wenige Steigungen: Ruppige Steigungen umfahren, wenn der Umweg nicht sehr lang ist.
- Gut lagern: Den Akku nicht der Sonne aussetzen. Am besten bei Zimmertemperatur lagern.
- Übrigens: Ein Akku altert auch, wenn man ihn nicht benutzt. Er verliert pro Jahr etwa 10 Prozent seiner Kapazität.
Auch das ständige Laden und Entladen setzt ihm mit der Zeit zu. Deshalb kann es sein, dass schon nach fünf Jahren ein Ersatz nötig wird. Kostenpunkt: rund 500 Franken.
Elektroroller: Reichweiten kaum grösser als bei E-Velos
- E-Roller bis 20 km/h Geschwindigkeit: Seit einiger Zeit sind vermehrt Roller ohne Nummernschilder auf der Strasse zu sehen. Sie zählen zur Kategorie der langsamen E-Bikes. Ein Helm ist nicht vorgeschrieben. Im Sommer 2021 testete der TCS sieben Modelle. Die Reichweiten variierten zwischen 58 und 115 Kilometern.
- E-Roller bis 45 km/h Geschwindigkeit: Sie zählen zu den Kleinmotorrädern und erfordern den Führerausweis der Kategorie A1. Darunter ist etwa die «Vespa Elettrica 45». In einem ADAC-Test erzielte sie eine Reichweite von 46 bis 91 Kilometern. Fürs Pendeln reicht das. Manche Roller lassen sich mit einem zweiten Akku aufrüsten. Das verdoppelt die Reichweite.
- E-Motorräder: Elektromotorräder haben zwar eine grössere Reichweite als Elektroroller. Mit den Benzinern können sie aber bei weitem nicht mithalten – was sie für viele Motorradfahrer unattraktiv macht. Grund: E-Motorräder haben zu wenig Platz für Batterien, die eine Reichweite von 250 Kilometern und mehr ermöglichen. Und auf längeren Touren ist stundenlanges Nachladen mühsam. Beispiel: Das elektrische Harley-Davidson-Modell «LiveWire» (Preis: 36 500 Franken) hat bei aufgeladener Batterie eine Reichweite von rund 200 Kilometern. Das Schnellladen der Batterie (von 0 auf 100 Prozent) dauert in der Regel rund eine Stunde. Zum Vergleich: Das benzinbetriebene Harley-Modell «Sportster S» hat dieselbe Reichweite. Der Töff ist aber in wenigen Minuten getankt – und er kostet nur halb so viel wie das Elektromodell «LiveWire».