Am 5. Mai zeigte sich in Moskau, wie wichtig eine schnelle Evakuierung aus einem Flugzeug ist: Eine Maschine fing nach einer Bruchlandung auf dem Flughafen Scheremetjewo Feuer. Der hintere Teil brannte lichterloh, als das Flugzeug zum Stoppen kam. 33 Passagiere und 4 Besatzungsmitglieder konnten sich über die Notrutsche am vorderen Eingang retten. 41 Insassen starben im Feuer.
Wenige Überlebende bei den Dreiersitzen
Über Leben und Tod entschied der Sitzplatz: Auf der linken Seite war das Flugzeug mit Zweierreihen bestuhlt, auf der rechten Seite hatte es jeweils drei Sitze. Von den Passagieren auf den Zweiersitzen konnten sich alle bis auf 13 retten. Sogar in Reihe 18 gab es einen Überlebenden.
Ganz anders auf der Seite mit je drei Sitzen pro Reihe: Schon in Reihe 9 überlebte der Passagier am Fensterplatz nicht mehr. Und ab Reihe 11 konnte sich nur noch ein Passagier eines Gangplatzes retten. Das geht aus der von den Behörden veröffentlichten Sitzordnung der Unglücksmaschine hervor.
Je nach Bestuhlung der Flugzeuge ist ein schnelles Verlassen im Notfall schwierig. Trotzdem verkleinern die Airlines laufend die Abstände zwischen den Sitzen, um noch mehr Passagiere in die Flieger laden zu können. In den 1980er-Jahren betrug der Sitzabstand in der Economy-Klasse noch durchschnittlich knapp 84 Zentimeter. Heute sind es bei den Airlines Easyjet und Swiss gemäss eigenen Angaben gerade noch gut 73 Zentimeter, bei Edelweiss und TAP Portugal sogar nur noch 71 Zentimeter.
Die Swiss rüstete ab dem Jahr 2014 ihre Flugzeuge des Typs A320 und A321 um. Die Sitzplatzzahl stieg dabei im A320 um 12 auf 180 Sitze – das sind zwei Reihen mehr. Im A321 haben neu sogar 219 statt 200 Personen Platz – fast zehn Prozent mehr. Auch die Swiss-Tochter Edelweiss erhöhte in den letzten Jahren die Platzzahl in ihren Maschinen deutlich. Der Abstand beim Notausgang ist kaum grösser als früher in einer normalen Economy-Reihe – laut Edelweiss 84 bis 86 Zentimeter.
Evakuierungstests in den USA
Auch das Verkehrsministerium der USA vermutet, dass engere Sitzreihen eine Evakuierung behindern. Im vergangenen Sommer begann die Behörde deshalb, die Standards für Evakuierungstests zu überprüfen. Flugzeughersteller müssen bei solchen Tests nachweisen, dass ein voll besetztes Flugzeug innert 90 Sekunden vollständig evakuiert werden kann. Das verlangen internationale Vorschriften. Sonst erhält der Flieger keine Zulassung.
Die Tests müssen unter anderem im Dunkeln stattfinden, die Zusammensetzung der Passagiere ist nach Alter sowie Geschlecht definiert, und in den Gängen muss Handgepäck liegen. Zudem darf nur die Hälfte der Türen und Notausstiege in Betrieb sein.
Laut dem US-Verkehrsministerium stammen die Anforderungen aus dem Jahr 1990 – und seien seither nicht wesentlich angepasst worden. Es schreibt: «Im Gegensatz dazu haben sich das Passagierverhalten und die Kabinenausstattung geändert.» Nebst engeren Sitzreihen und mehr Passagieren habe es auch mehr Handgepäck an Bord.
Die Airlines sagen auf Anfrage, sie würden sich an die geltenden Sicherheitsbestimmungen halten. Die Behörden hätten die Kabinenkonfigurationen genehmigt. Edelweiss schreibt dem K-Tipp, der Abstand der Sitze spiele für die Evakuierung «eine untergeordnete Rolle», da die Engpässe im Gang des Flugzeugs seien.
Das Bundesamt für Zivilluftfahrt sagt, die Aufsicht über die Kabinenkonfiguration habe die Europäische Agentur für Flugsicherheit, die auch für die Zertifizierung der Flieger zuständig sei. Auch nach einer Änderung der Bestuhlung müsse aber sichergestellt sein, dass das Flugzeug innert 90 Sekunden vollständig evakuiert werden könne.
Evakuationstests seien allerdings «relativ aufwendig und kostspielig». Deshalb dürfe «das für die Änderung beauftragte Unternehmen Tests und Analysen mit vergleichbaren Kabinenkonfigurationen aus der Vergangenheit beiziehen und damit gegenüber der Aufsichtsbehörde die Einhaltung der Evakuationsvorgaben belegen».
So erhöhen Sie Ihre Sicherheit an Bord
Sich informieren: Die Sicherheitsinstruktionen der Crew verfolgen, Security-Card in der Sitztasche lesen.
Abzählen: Sitzreihen bis zum Notausgang zählen, damit man auch im Dunkeln und bei Rauch den Weg nach draussen findet.
Ziehen statt drücken: Das Öffnen des Sitzgurts üben, damit man im Notfall nicht – wie bei Autogurten – auf die Schnalle drückt, sondern daran zieht.
Sich absprechen: Als Familie beieinandersitzen und absprechen, wer sich im Evakuierungsfall um welches Kind kümmert. Vereinbaren, dass man auch getrennt aussteigt.
Schuhe und Gepäck: Tragen Sie keine hochhackigen Schuhe. Im Notfall das Handgepäck zurücklassen und das Flugzeug so schnell wie möglich verlassen.
Leselicht: Nachts bei Start und Landung das Leselicht löschen, damit sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnen können.