Fluglinien stornierten diesen Sommer laut dem deutschen Fluginkassobüro Flightright 1227 von total 49'004 Flügen aus der Schweiz. Das sind prozentual gesehen die meisten Annullierungen in Europa. Am meisten Flüge stornierten vom 20. Juni bis 4. September die Fluglinien Eurowings, Lufthansa und Swiss.
In solchen Fällen richten sich die Ansprüche der Passagiere nach der Europäischen Verordnung über die Fluggastrechte. Storniert die Airline einen Flug, dürfen Passagiere wählen, ob sie das Geld erstattet oder die schnellstmögliche vergleichbare Ersatzreise haben wollen.
Zugfahrt oder Mietauto als Ersatz möglich
Als Ersatzreise gilt ein Flug in derselben Buchungskategorie, selbst wenn etwa ein neuer Umsteigeort hinzukommt. Auch eine Zugfahrt oder ein Mietwagen kommen infrage, wenn es sich dabei um die schnellste vergleichbare Reiseoption handelt.
Entsprechend versprach die Swiss, die Passagiere bei stornierten Flügen auf den nächsten möglichen Flug umzubuchen. Das könne auch ein Flug einer Gesellschaft sein, die nicht zur Lufthansa gehöre, falls ein Passagier seine Enddestination am schnellsten mit einer anderen Airline erreiche («Saldo» 12/2024).
In Wirklichkeit ist es für Passagiere nicht einfach, bei der Swiss eine kostenlose Umbuchung zu erhalten. Das mussten mehrere K-Tipp-Leser erfahren.
Dominik Uehlinger aus Wetzikon ZH hatte bei der Swiss einen Flug für vier Personen von Zürich nach Athen und retour gebucht. Kosten: 2655 Franken. Die Kosten für das Gepäck und die Sitzplatzreservierung für den Hinflug betrugen 184 Franken. Die Swiss stornierte den Hinflug.
Uehlinger konnte auf der Internetseite der Swiss auf einen Flug der griechischen Aegean Airlines umbuchen. Doch die Sitzplatzreservierung und das Gepäck musste er erneut bezahlen. Das kostete 183 Franken. Uehlinger forderte den Aufschlag von der Swiss mehrmals zurück – ohne Erfolg.
Erst nachdem sich der K-Tipp eingeschaltet hatte, schrieb ein Sprecher der Swiss: «Wir hätten die Kosten für die Zusatzleistungen übernehmen sollen.» Buche ein Kunde einen Flug selbständig auf eine andere Gesellschaft um, müsse er die Zusatzleistungen wegen des Buchungssystems bei der neuen Fluglinie buchen. Für die Erstattung könne man sich dann an den Swiss-Kundendienst wenden.
Auch Sorin Costea aus Stäfa ZH hatte Ärger nach einer Flugstornierung. Er wollte mit seiner Frau von Cluj in Rumänien nach Zürich fliegen. Der Swiss-Flug wurde abgesagt.
Ein Angestellter am Schalter fand für das Paar nur noch einen Flug für den nächsten Tag von Bukarest nach Zürich. Er sagte, die Teilstrecke von Cluj nach Bukarest müsse Costea bei einer anderen Gesellschaft selber buchen und das Geld von der Swiss zurückfordern.
Swiss weigerte sich, Zusatzflug zu zahlen
Die Costeas wurden fündig bei der moldauischen Airline Hisky und kauften einen Zubringerflug nach Bukarest für 302 Franken. Die Swiss bezahlte dem Ehepaar Costea eine Übernachtung in einem Hotel in Bukarest und 113 Franken für die Verpflegung. Doch sie weigerte sich, die Kosten für den Zusatzflug und eine Pauschalentschädigung für die Verspätung gemäss Fluggastrechteverordnung von 500 Franken zu übernehmen.
Die Swiss räumte erst auf Anfrage des K-Tipp einen Fehler ein. Sie werde die Flugkosten übernehmen – nicht aber die Entschädigung für die Verspätung, die wegen eines Problems mit den Bremsen entstanden sei. Laut Swiss-Sprecher Michael Pelzer ist das technische Problem nicht auf eine unzureichende Wartung zurückzuführen. Deshalb müsse die Swiss für die Verspätung ausnahmsweise keine Entschädigung bezahlen.
Der Europäische Gerichtshof verpflichtete Fluglinien aber ausdrücklich, bei technischen Defekten eine Entschädigung zu bezahlen. Pelzer dazu: «Die Rechtsprechung des Gerichtshofs ist für die Schweiz nicht verbindlich.» Tatsächlich gibt es in der Schweiz noch kein Urteil des Bundesgerichts zu dieser Frage. Doch die EU-Verordnung über die Fluggastrechte gilt für die Swiss ebenfalls – gerade auch bei einem Flug aus der EU nach Zürich. Und damit gilt auch die Rechtsprechung des EU-Gerichtshofes zur Fluggastrechteverordnung.
Flug storniert: So gehen Sie vor
- Buchen Sie nicht sofort selbst eine Ersatzreise. Die Fluglinie ist verpflichtet, die Weiterreise für Sie zu organisieren.
- Teilen Sie der Fluggesellschaft mit, dass Sie an der Reise festhalten. Verweigert die Airline eine Umbuchung oder bleibt sie untätig, können Sie schriftlich androhen, die Ersatzreise selber zu buchen und die Kosten dafür von der Airline zurückzuverlangen. Bewahren Sie dann alle Belege für die Mehrkosten auf, und verlangen Sie die Rückerstattung.
- Alternativ haben Sie das Recht, die Kosten für das Ticket des ausgefallenen Flugs zurückzuverlangen – und zwar vollständig, inklusive aller Zusatzleistungen.
- Weitere Informationen bietet das K-Tipp-Merkblatt Das Wichtigste zum Reiserecht.