Erziehung zu Fertigprodukten
Milupa, Nestlé und Adapta verkaufen Babynahrung mit vielen Vitamin- und Mineralstoffzusätzen. Doch die brauchen die Kleinen bei guter Ernährung gar nicht.
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Gesundheitstipp 10/2011
07.10.2011
Letzte Aktualisierung:
11.10.2011
Ines Vogel
Mit leuchtenden Augen schluckt das auf der Verpackung abgebildete Baby die süsse Creme. Le Petit Dessert von Milupa soll ideal sein für Halbjährige: Es entspreche «in der Zusammensetzung genau den Ernährungsbedürfnissen Ihres Kindes», heisst es dort weiter.
Doch ein Blick auf die Zutaten zeigt: Der Gehalt an Früchten beträgt gerade 5 Prozent. Aromen sorgen für den Geschmack von «roten Beeren, Erdbeere, Himbeere und Frischk&...
Mit leuchtenden Augen schluckt das auf der Verpackung abgebildete Baby die süsse Creme. Le Petit Dessert von Milupa soll ideal sein für Halbjährige: Es entspreche «in der Zusammensetzung genau den Ernährungsbedürfnissen Ihres Kindes», heisst es dort weiter.
Doch ein Blick auf die Zutaten zeigt: Der Gehalt an Früchten beträgt gerade 5 Prozent. Aromen sorgen für den Geschmack von «roten Beeren, Erdbeere, Himbeere und Frischkäse». Zudem ist die Creme mit künstlichen Vitaminen und Mineralstoffen angereichert. Ein ähnliches Bild bietet das Baby-Dessert von Nestlé: Die zweitwichtigste Zutat ist Zucker. Zugesetzt sind Aromen, Verdickungsmittel und ein Mineralstoff-Mix.
Grossverteiler und Drogerien verkaufen viele weitere solche süsse Produkte als gesunde Babykost: zum Beispiel Milupa-Guetsli für Säuglinge oder Honig- und Ovo-Trinkbreie von Nestlé und Adapta – auch sie alle sind angereichert mit Vitaminen und Mineralstoffen.
Für Fachleute ist klar: Solche Produkte dienen einer ausgewogenen Baby-Ernährung nicht. «Die Vitamin- und Mineralstoffzusätze machen sie nicht unbedingt gesünder», sagt David Fäh, Arzt für Präventivmedizin in Zürich.
Zwar schreibt ein Gesetz vor, wie viel zugesetzte Vitamine und Mineralstoffe Babyprodukte höchstens enthalten dürfen. Doch Annett Hilbig vom Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund (D) findet die zugesetzten Mengen bei gewissen Vitaminen und Mineralstoffen trotzdem problematisch: «Zusammen mit der normalen Säuglingsnahrung übersteigen sie den Bedarf zum Teil deutlich.»
Beispiel Eisen: Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für Babys ab sechs Monaten 8 Milligramm Eisen pro Tag. Laut Annett Hilbig deckt eine ausgewogene Ernährung den Bedarf. Zusätzliches Eisen bringe nichts, so die Forscherin, im Gegenteil: «Tierversuche deuten darauf hin, dass auf Dauer zu viel Eisen Krebs und Herzinfarkte im Alter fördert.»
Täglicher Eisenbedarf schnell überschritten
Eisen ist fast allen Fertigprodukten zugesetzt. Trinkt das Baby morgens einen Schoppen mit Adapta Ceralino, isst zum Zvieri 20 Gramm Milupa-Biscotti und nimmt abends noch einen Lactoplus-Honig-Trinkbrei von Nestlé zu sich, hat es mehr als 10 Milligramm Eisen gegessen. Hinzu kommt dann vielleicht noch ein Petit Dessert, auch mit Eisen angereichert. Doch wie viel in einer Portion steckt, gibt Milupa nicht an.
Kommt hinzu: Babys gewöhnen sich an Zucker und zugesetzte Aromen. Steffi Schlüchter von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung sagt: «Die Kinder kennen dann den Geschmack von natürlichen Lebensmitteln nicht und lehnen ihn womöglich ab.» Auch als Erwachsene bevorzugen sie dann häufig industrielle Fertigprodukte. Schlüchter: «Dies führt zu einem höheren Risiko für Übergewicht.» Viel besser sei es, wenn ein Baby vor allem natürliche Lebensmittel kennen lernt.
«Hoher Nährstoffbedarf» und «moderate Mengen»
Die Hersteller bekräftigen, ihre Produkte seien auf die Bedürfnisse von Babys abgestimmt. Sie betonen, bei den Vitaminen und Mineralstoffen hielten sie sich an die gesetzlichen Höchstmengen. Milupa behauptet, die Zusätze seien nötig, da die «Ernährungsrealität» häufig nicht dem hohen Nährstoffbedarf eines Babys entspreche. Die zugesetzten Mengen seien aber «sehr moderat». Das betont auch Adapta.
Was Süsse und Geschmack betrifft, schreiben Milupa und Adapta, die Zuckerzusätze lägen unter den erlaubten Höchstmengen. Milupa gibt an, ihr Petit Dessert enthalte nur «natürliche Aromen». Adapata schreibt, dem Ovo-Trinkbrei sei als künstliches Aroma nur Vanillin zugesetzt. Somit könne «von einer Prägung auf einen industriellen Geschmack nicht gesprochen werden». Nestlé beruft sich darauf, dass die Inhaltsstoffe von Trinkbrei und Dessert in «allen natürlichen Zutaten hausgemachter Babynahrung» vorkämen.
TIPPS: So ernähren Sie Ihr Baby gesund
- Geben Sie dem Baby natürliche, unvermischte Lebensmittel (zum Beispiel pürierten Apfel).
- Bieten Sie Ihrem Baby keinen Zucker und kein zugefügtes Salz an.
- Geben Sie Ihrem Kind erst kleine Mengen Süsses, wenn es ein Jahr alt ist.
- Stellen Sie für Ihr Kind im ersten Lebensjahr einen Ernährungsplan auf. Tipps dazu findet man auf www.fke-do.de
- Geben Sie nur die im Plan vorgesehenen Milch- und Breimahlzeiten.